Reinhold Merten mit Musikern im Großen Senderaum von Radio Frankfurt, ca. 1926.

Klassische Musik, ein Märchenonkel für die Kinder und "Drei Minuten für die Hausfrau": Vor 100 Jahren wurde die erste tägliche Radiosendung in Frankfurt ausgestrahlt. Zaungäste gab es auch, sie waren aber nicht gern gesehen.

Videobeitrag

Video

40 Jahre Rundfunk in Hessen - so berichtete die hessenschau 1964

Radiodetektor
Ende des Videobeitrags

"Frankfurt am Main auf Welle 400 und 60" - das waren die ersten Worte, mit denen am 1. April 1924 die täglichen Rundfunksendungen aus einem Studio im Postscheckamt in der Frankfurter Innenstadt begannen - die Vorläufer des Hessischen Rundfunks.

Mit einem Stammkapital von 100 Billionen Mark hatten fünf private Gesellschafter am 7. Dezember 1923 Südwestdeutsche Rundfunkdienst AG (SÜWRAG) in Frankfurt gegründet.

Industrielle Schleussner und Opel investierten

Zu den Gründungsvätern gehörten der Frankfurter Industrielle Carl Adolf Schleussner und Fritz von Opel. Nach Berlin, Leipzig und München begann die SÜWRAG als vierte regionale Funkgesellschaft mit dem Sendebetrieb.

Die künstlerische Leitung übernahm der erst 27 Jahre alte Mediziner Hans Flesch, die kaufmännische Leitung der ebenfalls 27-jährige Rechtsanwalt und Notar Wilhelm Schüller. 

Rückmeldungen aus ganz Europa

Die Studioräume des Senders befanden sich im fünften Stock des damaligen Postscheckamts in der Stephanstraße. Die Antennenanlage war auf dem Dach des 30 Meter hohen Gebäudes errichtet worden.

schwarz-weiss Foto mit Antennen auf einem Dach

Die ersten Sendeversuche begannen am 12. März 1924, offenbar mit sehr guten Ergebnissen: Aus ganz Europa gingen Zuschriften über den klaren und deutlichen Empfang des Frankfurter Senders ein. Statt der vorgeschrieben 150 Kilometer wurde eine Reichweite von über 1.500 Kilometern erzielt.

Klassische Musik zum Auftakt

Die offizielle Eröffnung des Senders erfolgte dann am 1. April 1924 um 20.30 Uhr. Nach Hans Fleschs Stationsansage übertrug man die Egmont-Ouvertüre von Beethoven. Es folgten Werke von Weber, Mozart, Schubert und Mendelssohn, Solistin war die Frankfurter Opernsängerin Magda Spiegel. 

In der ersten Sendewoche sah die Allgemeine Tageseinteilung von 11.55 Uhr bis 12.10 Uhr einen Nachrichtendienst vor, von 16.30 Uhr bis 18 Uhr Unterhaltungsmusik und ab 20.30 Uhr ein Konzert, anschließend letzte Nachrichten.

Tanzmusik nur nach Rundspruch

Vorgesehen waren auch Vorträge und Tanzmusik, allerdings nicht täglich; die entsprechenden Sendezeiten wurden vorher durch Rundspruch bekanntgegeben. 

Ein Raum mit Klavier und abgehängten Decken

Das Programm war also noch nicht sehr umfangreich, aber ambitioniert. So sendete Frankfurt am 7. April die erste Uraufführung einer Komposition im deutschen Rundfunk, Paul Hindemiths "Minimax für Streichorchester". 

Drei Minuten für die Hausfrau

In den folgenden Monaten wurde das Programmangebot nach und nach erweitert mit literarischen Lesungen, religiösen Morgenfeiern, Opernübertragungen, einer musikalischen Quizsendung und einem Esperanto-Sprachkurs.

Es gab Sendungen speziell für Frauen ("Drei Minuten der Hausfrau") und für Kinder ("Der gute Märchenonkel erzählt den Kindern was").

Darüber hinaus gab es eine Reihe erfolgreicher Programm-Kooperationen mit externen Einrichtungen, darunter der Frankfurter Universität, der Volkshochschule und der Frankfurter Zeitung. 

Problem "Schwarzhörer"

Zum Sendebeginn am 1. April gab es 546 angemeldete Rundfunkteilnehmer und eine unbekannte Zahl an Schwarzhörern, so genannte Zaungäste, die mittels einfacher, selbst zusammengebauter Empfangsgeräte die Rundfunkgebühr von zwei Mark umgingen und unentgeltlich Radio hörten.

Das Schwarzhören war sehr häufig Thema in den Fachzeitungen; um die Zaungäste zu bekehren, gingen moralische Appelle über den Äther und es wurden Geldbußen sowie Gefängnisstrafen angedroht.

Beschwerden der zahlenden Teilnehmer

Aufgrund der anhaltenden Beschwerden zahlender Rundfunkteilnehmer, gegen die Schwarzhörer werde nicht tatkräftig genug eingeschritten, entschloss sich die SÜWRAG im September 1924, eine Belohnung für Anzeigen auszusetzen.

Der Frankfurter "Großsender" am Heiligenstock

Die ersten fünf Anzeigen, auf die eine Bestrafung der Schwarzhörer erfolgte, wurden mit einem Röhrenempfänger belohnt, alle weiteren mit je einem Detektorgerät.

Darüber, wie es letztlich gelang, den einen oder anderen Schwarzhörer zu bekehren, kann nur spekuliert werden. Tatsache ist, dass im Sendegebiet Frankfurt/Kassel aus den anfänglichen 546 innerhalb eines Jahres 64.188 reguläre Rundfunkteilnehmer wurden. 

Weitere Informationen

Wie es weiterging

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde der Sender verstaatlicht, 1934 wurde die SÜWRAG in "Reichssender Frankfurt" umbenannt.
1945 gründete die amerikanische Besatzungsmacht den Sender Radio Frankfurt, den Vorläufer des heutigen Hessischen Rundfunks.

Ende der weiteren Informationen
Weitere Informationen Ende der weiteren Informationen
Formular

hessenschau update - Der Newsletter für Hessen

Hier können Sie sich für das hessenschau update anmelden. Der Newsletter erscheint von Montag bis Freitag und hält Sie über alles Wichtige, was in Hessen passiert, auf dem Laufenden. Sie können den Newsletter jederzeit wieder abbstellen. Hier erfahren Sie mehr.

* Pflichtfeld

Ende des Formulars