Kombination von zwei Fotos: links ein Gebäude in der Außenansicht; rechts Regal mit vielen Büchern

Die Phantastische Bibliothek in Wetzlar bietet nicht nur alles an Fantasy-Literatur, was das Leserherz begehrt, sondern beteiligt sich auch am politischen Diskurs. Denn: Science-Fiction hat schon so manche Idee für die Zukunft geliefert.

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Wie die Phantastische Bibliothek Ideen aus Science-Fiction ins Jetzt holt

Phantastische Bibliothek Wetzlar
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Schon die Drachenfigur, die auf dem Balkon über der Eingangstür wacht, zeigt, dass es sich hier um eine ganz besondere Bibliothek handelt: Die Phantastische Bibliothek in Wetzlar ist mit ihrem Bestand von 300.000 Medien nach eigenen Angaben europaweit die größte ihrer Art.

Ihr Angebot umfasst alle Genres der Phantastik: Science-Fiction, Fantasy, Utopien, Märchen, Horror sowie Reise- und Abenteuerliteratur. Ursprünglich vor 30 Jahren aus den "Wetzlarer Tagen der Phantastik" hervorgegangen, hat sich die Bibliothek samt ihrer verschiedenen Themenräume, wie Märchen- oder Horrorraum, zu einem richtigen Paradies für Phantastik-Begeisterte entwickelt.

Phantastische Literatur - längst keine Nische mehr

"Phantastische Ideen in die Welt tragen", das sei von Beginn an das Ziel der Bibliothek gewesen, sagt Klaudia Seibel vom Leitungsteam der Bibliothek. "Damals war die phantastische Literatur noch viel mehr in der Schmuddelecke, als sie es heute ist." Sie sei gar nicht als richtige Literatur verstanden, sondern eher als Spinnerei abgetan worden.

Die meisten Bücher des Bibliotheksbestandes kommen laut Klaudia Seibel aus Privat- und Verlagsspenden. Auch für wissenschaftliche Zwecke bemühe sich die Phantastische Bibliothek darum, jede existierende Ausgabe eines Buches im Bestand zu haben.

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Ideen aus der Vergangenheit als Inspiration für die Zukunft

Klaudia Seibel ist insbesondere für die Sektion "Future Life" der Bibliothek zuständig. Der Gedanke hinter "Future Life" sei es, Unternehmen und Forschungsinstitutionen mit Ideen aus der Science-Fiction-Literatur Impulse für die reale Zukunft zu liefern. Es komme immer wieder vor, dass die Bibliotheksabteilung "Future Life" um ihre Expertise in Sachen Science-Fiction gebeten wird.

Es gibt nämlich viele Beispiele dafür, dass Technologien, die heutzutage selbstverständlich sind, bereits viel früher in der Science-Fiction thematisiert worden sind. So komme in Erich Kästners "Der 35. Mai" von 1931 bereits ein Mobiltelefon vor. Und in Frederik Pohls "Die Zeit der Katzenpfoten" von 1965 seien die Menschen sogar genervt von dem dauernd verwendeten Kommunikationsgerät, erzählt Klaudia Seibel.

Schönheitsideale und Science-Fiction

Vor ein paar Jahren habe sich die Abteilung von Klaudia Seibel zum Beispiel mit einer Studie zum Thema Kosmetik beschäftigt. "Es war klar, dass wir nicht die Zusammensetzung des Lippenstiftes der Zukunft finden können", so Seibel. Aber es sei auch um Schönheitsideale und um die Frage gegangen, was es mit uns macht, wenn wir virtuell sind oder wenn wir Bildschirmfilter benutzen. Die Studie habe auch untersucht, inwiefern ein digitaler Filter das Bedürfnis nach Kosmetik weckt, mit der wir in der Realität dieses Filter-Aussehen nachahmen können.

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Laut Seibel gehe es bei solchen Projekten nicht darum, konkrete Erfindungen vorzuschlagen, die sofort zu einer Lösung führen - schließlich könnten viele der Ideen in der Realität auch heute noch nicht umgesetzt werden. Vielmehr könne so der Denkprozess von Unternehmen angeregt werden. "Wir sind davon überzeugt, dass gerade die Phantastik ganz viel zu sagen hat, weil sie einen Blickwinkel erlaubt, der von außen auf die Dinge guckt."

Literatur, Veranstaltungen, Diskurse

Mit einer Bibliothek nicht nur die Herzen lesefreudiger Menschen höherschlagen zu lassen, sondern sich auch in politische Diskurse einzubringen, sei laut Seibel in einer Demokratie selbstverständlich. Und das macht die Bibliothek beispielsweise in Form von Tagungen. So auch am 16. März: Am "Future-Life-Tag" wird sich alles um das Thema Energie sowie insbesondere um deren Erzeugung und Einsparung drehen.

Hierfür sammle die Abteilung nicht nur verrückte Science-Fiction-Ideen, sondern versuche sie auch immer auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen, so Seibel. "Wir werden auch über ganz reale Konzepte zum Thema Energie sprechen." Die Tagung solle vor allem Unternehmen und Stadtwerken Ansätze für zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen, könne jedoch auch für Privathaushalte interessant sein.

Zum Thema Energiegewinnung habe es in der Sci-Fi-Literatur nämlich schon früh Ideen gegeben, sagt Klaudia Seibel. Die Idee, mit einer Offshore-Windkraftanlage ein ganzes Land mit Energie zu versorgen, habe bereits Werner Masovius 1943 in seinem Roman "Gefesselte Stürme" beschrieben. In der Realität habe es eine Offshore-Anlage jedoch erst 1991 gegeben.

Weitere Informationen

"Future-Life-Tag: Energie! Mit Science-Fiction zu neuen Ideen"

Der "Future-Life-Tag" findet am 16. März zwischen 10 und 16.30 Uhr in der Phantastischen Bibliothek Wetzlar statt. Die Teilnahme ist kostenlos. Um eine verbindliche Online-Anmeldung wird gebeten.

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