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Weitere Kündigungen im MMK

Das Museum für Moderne Kunst in Frankfurt

Mitarbeitende werfen MMK-Direktorin Susanne Pfeffer fehlende Teamfähigkeit, respektloses Verhalten und Übergriffigkeit vor. Stellen bleiben unbesetzt. Lösungsversuche der Kulturdezernentin schlugen bisher fehl.

Susanne Pfeffer gilt als herausragende Kuratorin ihrer Generation. Die 49-Jährige hat sich international einen hervorragenden Ruf erarbeitet. 2017 wurde der von ihr kuratierte Deutsche Pavillon auf der Biennale in Venedig mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet.

In ihren Ausstellungen beweist Susanne Pfeffer immer wieder, dass sie einen wachen Blick für aktuelle Themen hat und sie publikumswirksam umzusetzen weiß. Kurz: Ihre fachliche Kompetenz steht nicht in Frage. An ihrer Eignung als Chefin des Museums für Moderne Kunst (MMK) in Frankfurt gibt es allerdings Zweifel - die immer lauter geäußert werden.

"Respektloser und verletzender Umgang"

Mitarbeitende des Museums klagen über den Führungsstil von Susanne Pfeffer, die das MMK seit 2018 leitet. Schon im Frühjahr 2019 erhielt sie aus der Belegschaft ein "Punktepapier", in dem ihr "ein respektloser und verletzender Umgang" vorgeworfen wurde. Die Rede war von persönlichen Übergriffen, Abwertungen und unangemessen harschen Reaktionen. Und von Verschwendung von Ressourcen und Kompetenzen durch mangelnde Einbindung des Teams.

Weil sich nichts geändert habe, folgte im April 2022 ein "Positionspapier", das auch an Kulturdezernentin Ina Hartwig (SPD) ging. Aber auch ein Mediationsprozess brachte aus Sicht der Mitarbeitenden keine Verbesserungen.

Susanne Pfeffer

Was sagt Susanne Pfeffer zu den Vorwürfen?

Für Gespräche mit dem hr standen sowohl Museumsdirektorin Susanne Pfeffer als auch Kulturdezernentin Ina Hartwig nicht zur Verfügung. Beide haben allerdings schriftlich Stellung genommen. In einer Stellungnahme schreibt Susanne Pfeffer, dass ihr die Anliegen des Teams wichtig seien.

Sie selbst habe die Mediation als konstruktiv wahrgenommen, "aber Veränderung braucht Zeit und auch den Willen aller Beteiligten, zu einer gemeinsamen Lösung und einem gemeinsamen Verständnis zu kommen." Weiter schreibt sie: "Dass Teile der Mitarbeiterschaft die Mediation nach so vielen guten Gesprächen einfach für gescheitert erklärt haben und Informationen hierzu nach außen gegeben haben, kann ich nicht nachvollziehen."

Das Kulturdezernat will Miteinander verbessern

Kulturdezernentin Ina Hartwig schreibt in ihrer Stellungnahme: "Ich finde richtig, dass wir es versucht haben. In der Mediation waren durchaus Verbesserungsansätze erkennbar." Man gehe jetzt andere Wege, "um gemeinsam an der Verbesserung der Strukturen zu arbeiten und um konkrete Probleme zu lösen, um damit das Miteinander im Haus zu verbessern".

Weiter heißt es in einem Schreiben der Kulturdezernentin: "Die Fürsorgepflicht der Kulturdezernentin gilt allen Beteiligten, sowohl den Mitarbeitenden als auch der Leitung."

Aber gerade, was die Fürsorge angeht, ist das Vertrauen der Mitarbeitenden offenkundig gestört. Inzwischen haben viele derjenigen, die die Schreiben an Susanne Pfeffer mit verfasst hatten, das MMK verlassen. Sie sehen dort keine Perspektive mehr für sich.

Offen will darüber kaum jemand sprechen, die Angst vor Konsequenzen ist groß. Schon einmal hatte das Kulturdezernat Mitarbeitende vorgeladen, nachdem Informationen über die Zustände im MMK an die Presse gelangt waren. Selbst diejenigen, die schon gekündigt haben, wollen auf hr-Anfrage anonym bleiben.

Fehlende Kommunikation

Einer der Vorwürfe: Susanne Pfeffer binde ihr Team nicht ein. Mitarbeitende seien erst vor wenigen Tagen informiert worden, welche Ausstellung als nächstes kommen wird. Dabei läuft die derzeitige Schau über die Künstlerin Rosemarie Trockel offiziell Mitte Juni aus.

Auf Nachfrage heißt es aus der Pressestelle des Museums, dass die Ausstellung "wegen der großen Resonanz" in die Verlängerung geht. Die nächste solle im September folgen. Mitarbeitende sagen, dass sie darüber noch nicht informiert sind. Auch nicht Führungskräfte, die ja eigentlich besser eingebunden werden sollten.

Dabei brauche eine Ausstellung viel Vorlauf: Es müssten Verträge abgeschlossen, Transporte organisiert, Räume und Technik vorbereitet und Material bestellt werden. Das alles passiere am MMK äußerst kurzfristig. Und unter kompletter Kontrolle der Chefin, heißt es aus dem Team.

"Kontrolle bis zum Letzten"

Übereinstimmend berichten Mitarbeitende in Gesprächen mit dem hr, dass die Direktorin die Kompetenzen ihres Teams nicht nutze und Aufgaben oft spontan und teils fachfremd übertrage. Susanne Pfeffer sei immer da und kontrolliere alles: "Wir dürfen uns auch mit keinen Künstlern oder externen Personen abstimmen oder absprechen, ohne dass das mit ihr abgeklärt ist. Das gab es vorher nie."

Eine andere Person, die das Museum bereits verlassen hat, sagt: "Es gibt niemanden, der in ihren Augen ihren Ansprüchen genügt. Sie muss von A bis Z das Zepter in der Hand halten und kann überhaupt nichts ans Team aus der Hand geben." Das führe zu extremen Verzögerungen in den Abläufen und dazu, dass das Haus nicht effizient arbeiten könne. Und das führe zu Frust.

Immer mehr Kündigungen

Allein im Mai und Juni würden vier Personen das Haus verlassen, eine weitere soll für Juli gekündigt haben. Andere seien dauerhaft krankgeschrieben. Ein früherer Mitarbeiter sagt: "Ich weiß von Kollegen, die in stationärer psychiatrischer Behandlung waren. Ich selbst hatte Panikattacken, wenn ich gesehen habe, dass das Telefon abends um elf klingelt und ich Angst hatte, dass Susanne mich anruft."

Das Kulturdezernat stellt die personelle Situation anders dar: Von 27 Vollzeitstellen ist die Rede, fünf Stellen seien unbesetzt, aber drei davon würden durch externe Dienstleister wahrgenommen. Bei den beiden offenen Stellen handele es sich um die stellvertretende Museumsleitung und die Nachfolge der Sammlungsleitung.

Mitarbeitende im Museum dagegen erleben, dass überall Leute fehlten: Unter anderem in der Verwaltung, im Leihverkehr, bei der Assistenz der Direktorin und in der Gebäudetechnik. Die Pressestelle, die früher mit drei Leuten besetzt war, werde von zwei Personen in Teilzeit am Laufen gehalten, die außerdem nur Werksverträge hätten.

Offenbar sieht doch auch das Kulturdezernat Handlungsbedarf. In der Stellungnahme heißt es, man arbeite an einer zügigen Neubesetzung offener Stellen.

Das Museum für Moderne Kunst in Frankfurt

Höhere Kosten durch zu viele Leihgaben

Laut Mitarbeitenden würden viele Leihgaben ins Haus geholt - und zwar deutlich mehr, als tatsächlich verwendet würden. Bei der aktuellen Ausstellung über Rosemarie Trockel seien 40 Prozent der Leihgaben gar nicht zu sehen. Und das erzeuge Aufwand und Kosten, beispielsweise für Verträge, Transport, Verpackung und Lagerung.

Direktorin Susanne Pfeffer schreibt dazu, es sei "nicht unüblich", mehr Werke auszuleihen, als gezeigt würden. "Zu einer bestmöglichen Ausstellung gehören lange Reflexion und Abstimmung auch in den Räumen selbst." Außerdem seien alle Leihgeber persönlich informiert worden. "Bis auf einen Leihgeber einer Arbeit haben alle für dieses Vorgehen Verständnis gezeigt. Im Übrigen stammt ein Großteil der nicht gezeigten Arbeiten von der Künstlerin selbst."

Mitarbeitende berichten von anderen Erfahrungen: Manche Leihgeber, ob privat oder institutionell, reagierten sehr ungehalten, wenn sie mitbekämen, dass ihre vom MMK angeforderten Stücke nicht ausgestellt, sondern zwischengelagert werden. Werke seien zurückverlangt worden.

"Ich weiß von vielen Leihgebern, auch institutionellen, die sagen: Mit dem MMK können wir unter diesen Umständen auf gar keinen Fall zusammenarbeiten." Damit werde das Renommee des Hauses beschädigt, das man sich über die Jahrzehnte erarbeitet habe, so ein Gesprächspartner aus dem Team des MMK.

Wege aus der Krise

Förderer und Sponsoren des MMK halten sich nach außen hin bedeckt, dürften die Situation aber genau beobachten. Der Verein Freunde des Museums für Moderne Kunst, der Projekte und Ankäufe finanziell unterstützt, hat das Thema auf die Tagesordnung der Mitgliederversammlung am 22. Mai gesetzt. Man sei "sehr bemüht, dazu beizutragen, die Krise am MMK schnellstmöglich zu beheben".

Ein Ende des Vertrages mit Direktorin Susanne Pfeffer ist nicht in Sicht, ihre Stelle wurde vom Kulturdezernat entfristet. Wenn es nach den Mitarbeitenden geht, könnte eine Lösung sein, Susanne Pfeffer eine Person an die Seite zu stellen, die ihr alle administrativen Aufgaben abnimmt und die Prozesse im Haus begleitet.

Auch Kulturdezernentin Ina Hartwig scheint in diese Richtung zu denken. In einer Stellungnahme schreibt sie: "Ich nehme die Situation am Haus sehr ernst und weiß, dass es für alle eine belastende Situation ist. Wir kümmern uns derzeit intensiv darum, die Stellvertretung der Direktorin durch eine erfahrene Verwaltungskraft zu besetzen."

So könnte sich die Direktorin auf die kuratorische Arbeit konzentrieren, für die sie geschätzt wird. Allerdings gibt ein früherer Mitarbeiter von Susanne Pfeffer zu bedenken: "Ich kann mir nicht vorstellen, welche Person dieser Aufgabe gewachsen sein könnte."

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