Nahansicht des Krokodilkopfs

Ein 48 Millionen Jahre altes Krokodil aus der Grube Messel ist in Zürich versteigert worden. Umgerechnet 164.000 Euro brachte das Sammlerstück ein. Privatleute hatten es vor Jahrzehnten freigelegt und mitgenommen.

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Für 164.000 Euro – Fossil aus der Grube Messel versteigert

hs 04.12.2023
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In Zürich ist am Montag bei einer Auktion ein 48 Millionen Jahre altes Krokodil unter den Hammer gekommen. Ein anonymer Bieter zahlte dafür umgerechnet 164.00 Euro. Sammler hatten das Fossil vor Jahrzehnten aus der Grube Messel (Darmstadt-Dieburg) geholt, die mittlerweile wegen der naturkundlichen Schätze, die sie birgt, Weltnaturerbe der UNESCO ist.

Feinste Details vom Knochenbau

Das Auktionshaus Koller hatte das Stück vorab als ungewöhnlich angepriesen. Das 1,35 mal 0,55 Meter große Fossil sei erstaunlich gut erhalten. Der Sammlungsleiter des Zoologischen Museums Zürich, Dennis Hansen, lobte es in einem Promo-Video in den höchsten Tönen: "Es ist so ausgeprägt, von der Schwanzspitze bis zur Schnauze."

Tatsächlich zeigen Nahaufnahmen feinste Details vom Knochenbau des Reptils, das in seiner versteinerten Form viele Millionen Jahre lang im Boden der Grube Messel lag. Es war im Auktionskatalog mit einem Anfangswert von rund 160.000 Schweizer Franken geführt.

"Eines von Dutzenden"

Ein Preis, den Philippe Havlik, Geschäftsführer der Grube Messel, nicht bezahlen würde. Er versteht den Hype um die Versteigerung nicht. "Das Krokodil ist schön, aber es ist eines von Dutzenden", sagt er.

Es sei auch nicht das erste Mal, dass Fundstücke aus der Grube Messel in Auktionen landeten. "Der Handel mit Fossilien per se ist ja nicht verboten", erklärt Havlik. "Er ist genauso legal wie der legale Kunsthandel."

Heute dürfen nur noch Forscher rein

Die Frage sei, wo die Stücke herstammen und wann sie gefunden wurden. Bis Mitte der 1980er Jahre konnte noch jeder in der Grube Messel nach Fossilien graben und sie mitnehmen, wie Havlik erläutert. 1987 wurde das Landesdenkmalschutzgesetz verabschiedet. 1991 erwarb das Land Hessen die Grube.

Seit 1995 ist die Grube Messel Weltnaturerbe der UNESCO. Grabungen sind dort heute nur wenigen wissenschaftlichen Instituten vorbehalten, unter anderem dem Landesmusuem Darmstadt und der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft.

Urpferdchen für Wissenschaft interessanter

Dass das Krokodil in privaten Händen ist und nun unter den Hammer kommt, hält Havlik aus wissenschaftlicher Sicht für verschmerzbar. "Wir haben viele von diesen Krokodilen, die Art ist inzwischen gut dokumentiert."

Interessanter sei da schon der Fund des 1983 in Messel gefundenen Primatenmädchens Ida, einer vermutlich entfernten Vorfahrin der Menschen, die heute im Nationalmuseum Oslo zu finden ist. Oder das erst im Sommer entdeckte Exemplar eines Urpferdchens, bei dem man einen überraschenden Mageninhalt fand.

Insektenfossilien interessant für Klimaforschung

Havlik selbst kann sich für Insekten, Gliedertiere oder Pflanzenreste begeistern. Anhand ihrer lasse sich das Ökosystem vergangener Epochen untersuchen. "Ich schaue mir an, wie das Klima in der Vergangenheit war und kann daraus Rückschlüsse auf die Zukunft ziehen."

Jene Scharen, die in den 1970er und 1980er Jahren mit ihren Hämmerchen und Hacken in die Grube Messel strömten, hatten es dagegen auf größere Objekte abgesehen. Fische etwa seien sehr beliebt gewesen unter Sammlern. Auch größere Säugetiere oder Reptilien wurden damals häufig gefunden "Das ist heute eher die Ausnahme", sagt Havlik.

Wachsendes Interesse bei Sammlern

Doch wer kauft so etwas und warum? "Es ist ein noch junges Sammelgebiet, das sich eines wachsendes Interesses erfreut", sagt der Organisator der Züricher Auktion "Out of this world", Christian Link. Das Sammler-Interesse verlagere sich mehr und mehr weg von der Kunst hin zu wissenschaftlichen Objekten wie beispielsweise Meteoriten oder eben Fossilien.

Dass sie das Potenzial großer Wertsteigerungen haben und daher auch als Investitionsobjekte interessant sein könnten, räumt Link ein. Die Hauptmotivation der Sammler sieht er aber darin nicht. "Am Ende ist es vielleicht einer von 20, die aus diesem Grund etwas ersteigern."

Vielmehr sei es die Faszination für das jeweilige Sujet, die die Sammler antreibt. "Da ist mancher wie ein Kind, das nie aufgehört hat, sich zum Beispiel für Dinosaurier zu interessieren."

Austausch zwischen Privatsammlern und Forschern

Auch Paläontologe Havlik sieht diese Menschen nicht als Problem für die Wissenschaft an. Da finde im Gegenteil ein reger Austausch statt. "Es ist heute ein gutes Miteinander zwischen Privatsammlern und Forschungsinstituten."

Auf lange Sicht landeten die meisten Stücke sowieso wieder in öffentlichen Sammlungen, ist Havlik überzeugt, etwa wenn Erben damit nichts anfangen können. "Egal, wer das Ding ersteigert, wir werden es wiedersehen."

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