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SPD macht Timon Gremmels zum Wissenschafts- und Kulturminister

Timon Gremmels, SPD-Bundestagsabgeordneter

Am Donnerstag soll in Wiesbaden die neue Landesregierung aus CDU und SPD vom Landtag bestätigt werden. Die Kulturpolitik scheint dabei nicht gerade im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Darauf deuten zumindest der Koalitionsvertrag und die Besetzung des Ministeriums hin.

Keine Frage: Timon Gremmels ist ein verdienter Politiker – mit Stationen in der Kommunalpolitik, im Landtag und seit 2017 im Bundestag. Seit fünf Jahren ist er Vorsitzender des SPD-Bezirks Hessen-Nord. Inhaltlich kümmert sich Gremmels mit Engagement und Sachkenntnis um Energie- und Wirtschaftspolitik, um Klima und Umwelt.

Kunst-Ministerium als Restposten?

Mit Positionen zur Kultur- und Wissenschaftspolitik ist er bisher aber nicht in Erscheinung getreten. Immerhin nennt er selbst die Förderung der Kultur- und Kreativwirtschaft nach der Corona-Krise als eines seiner wichtigsten Ziele.

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Portrait von Christoph Scheffer in einem kreisförmigen Rahmen. Daneben steht "Meinung".

Christoph Scheffer
hr-Kulturredakteur

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Dennoch: Eine Figur mit Strahlkraft in der Kulturszene ist Timon Gremmels sicher nicht. Es entsteht eher der Eindruck, dass die SPD das ihr jetzt zufallende Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst ganz einfach mit einem verdienten Parteifreund besetzt und dabei vor allem den in der SPD so wichtigen Regionalproporz im Blick hat.

Das Kunst-Ministerium als Restposten? Auf weitreichende Ambitionen der SPD im Bereich Kunst und Wissenschaft lässt die Personalie jedenfalls nicht schließen – sie wirkt eher lieblos.

Weitreichende Kulturziele (noch) nicht erkennbar

Damit setzt sich der Eindruck aus dem Koalitionsvertrag fort, den CDU und SPD für ihre kommende Regierung ausgehandelt haben: Wenn es um die Bedeutung der Kultur geht, ist da viel von Tradition und Heimat die Rede, von Brauchtum, Trachtenvereinen und Ehrenamt. Und davon, dass sich Investitionen in die Kultur selbstverständlich auch wirtschaftlich auszahlen.

Relativ willkürlich werden einzelne Kulturinstitutionen wie das Städel oder das Offenbacher Ledermuseum genannt, die die neue Landesregierung weiter fördern will. Innovative Ideen oder weitreichende Ziele für die Kultur in Hessen sind nicht erkennbar. Immerhin wird der Stadt Frankfurt eine Unterstützung des Landes für den Neubau der Städtischen Bühnen in Aussicht gestellt – eines der größten Kulturbau-Projekte der Republik.

Es gibt viel zu tun!

Dabei übernimmt der Sozialdemokrat Gremmels im Ressort Wissenschaft und Kunst eine lange Liste von Aufgaben, die ihm seine grüne Vorgängerin Angela Dorn hinterlässt:

  • Die Welt-Kunstausstellung documenta in Kassel ist nach dem Antisemitismus-Skandal und dem Rücktritt der gesamten Findungskommission für die neue künstlerische Leitung in einer existenzbedrohenden Krise.
  • Das Staatstheater Wiesbaden befindet sich mit seinem streitbaren Intendanten – auch kurz vor dessen Ausscheiden – weiter im Dauerclinch mit der Politik und macht vor allem mit Querelen hinter den Kulissen Schlagzeilen.
  • In Frankfurt sind die Planungen für einen Kulturcampus auf dem früheren Uni-Gelände in Bockenheim seit Jahren festgefahren, was unter anderem die Hochschule für Musik und darstellende Kunst zur Verzweiflung treibt.
  • Die ebenfalls zu Gremmels‘ Ressort gehörenden Hochschulen und die Uni-Klinika sind dabei noch gar nicht erwähnt – sie bieten für den früheren Marburger Politikstudenten Timon Gremmels ganz eigene Herausforderungen.

Schnelle Kontaktaufnahme mit Kultur und Wissenschaft

Dem künftigen Minister ist daher zu wünschen, dass er schnell Kontakt findet zu den kreativen Kultur- und Wissenschaftsköpfen in Hessen und darüber hinaus. Vielleicht überrascht uns der erfahrene Energiepolitiker Timon Gremmels ja doch, wenn es ihm gelingt, auch der Kulturpolitik in Hessen neuen Schwung zu geben.

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