Das originale "Titanic"-Cover im Oktober 2022 befasste sich mit Prince Charles, nicht mit dem Krieg in der Ukraine.

In Russland werden manipulierte Titelblätter von europäischen Satire-Magazinen verbreitet, das zeigt ein gerade veröffentlichter EU-Bericht. Darunter ist auch ein gefälschtes Cover des Frankfurter Satire-Magazins Titanic. Chefredakteurin Julia Mateus bezeichnet die Fälschung als "trojanische Satire".

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Fake-Titanic-Cover als russische Kriegspropaganda verbreitet

Julia Mateus
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Ein gefälschtes Titelbild des Frankfurter Satire-Magazins Titanic ist mit dem Ziel russischer Kriegspropaganda im Internet verbreitet worden. Das geht aus einer Untersuchung der Europäischen Union hervor, die am Dienstag in Brüssel vorgestellt wurde. In dem EU-Bericht geht es um falsche und manipulierte Informationen im Internet. Denn der Ukraine-Krieg, so der Bericht, werde nicht nur im Kampfgebiet geführt, sondern auch im Internet, um Menschen zu manipulieren.

Russland schrecke auch nicht davor zurück, falsche Websites zu erstellen, um sich als vertrauenswürdige Medien auszugeben, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell: "Die Inhalte werden in Lichtgeschwindigkeit verbreitet und in sozialen Netzwerken und Propagandakanälen gepostet." Ziel der Desinformationen sei es, Zweifel daran zu säen, wer der Aggressor im Ukraine-Krieg ist.

Selenskyj-Karikatur auf angeblichem Titanic-Cover

Der EU-Untersuchung zufolge war im vergangenen Jahr unter anderem auch die deutsche Satire-Zeitschrift Titanic von einer solchen Manipulation betroffen. Demnach wurde ein gefälschtes Titanic-Cover verbreitet, auf dem ein Gesicht zu sehen war, in dessen Mund verschiedene Kriegsgeräte und Geld fliegen. In ukrainischen Landesfarben gab es dazu die Schlagzeile "Ewiger Appetit". Den Angaben zufolge sollte mit dem gefälschten Cover der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verunglimpft werden. Das originale Titanic-Cover im Oktober 2022 befasste sich jedoch mit Prince Charles, nicht mit dem Krieg in der Ukraine.

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Auf das im Netz kursierende gefälschte Titelbild sei die Titanic-Redaktion erstmals auf Twitter aufmerksam geworden, sagt Julia Mateus, Chefredakteurin von Titanic im Gespräch mit dem hr. Die Redaktion habe die Verbreitung online mit Interesse verfolgt. Man habe offenbar in Russland erkannt, dass Titanic in Deutschland ein sehr einflussreiches Medium ist. Auch Medien aus dem Ausland seien auf das Titelbild mit der Selenskyj-Karikatur aufmerksam geworden und hätten nach dessen Wahrheitsgehalt gefragt.

Die Anfragen habe die Redaktion direkt beantwortet und richtiggestellt, dass es sich nicht um die echte Oktober-Ausgabe des Titanic-Magazins handele. "Natürlich wollen wir weiterhin, dass sich die Leute an die Original-Titanic-Satire halten", sagt Julia Mateus.

Dass ausgerechnet ein Titelbild der Titanic manipuliert worden ist, wertet die Chefredakteurin als positives Zeichen: "Es zeigt, dass man Titanic-Satire in Russland, also in Kreml-Kreisen eine sehr hohe Glaubwürdigkeit attestiert. Man hätte ja auch einen Stern oder einen Spiegel-Titel nachahmen können." Das sei sogar weniger aufwendig, meint Mateus. "Aber man hat sich offensichtlich für Titanic entschieden, weil man gedacht hat, das ist besonders meinungsbildend in Deutschland."

Neben der Titanic sind auch andere europäische Satire-Zeitschriften, beziehungsweise deren Titelbilder gefälscht und im Netz verbreitet worden. Unter den Stichproben wurden laut EU-Bericht auch manipulierte Cover des französischen Satire-Magazins "Charlie Hebdo" und des spanischen "El Jueves" gefunden.

Titelbild-Fälschung ist "trojanische Satire"

Dass gerade Satire-Magazine den Manipulationen zum Opfer fallen, wundert die Titanic-Chefredakteurin Mateus nicht: "Ich glaube tatsächlich, dass man denkt, Satire erreicht die Rezipientinnen und Rezipienten und dass ein Satire-Medium als besonders glaubwürdig wahrgenommen wird."

Die gefälschte Titanic-Ausgabe bezeichnet Mateus als "trojanische Satire". Zwar sehe es von außen nach Satire aus, "aber letztendlich ist es so, dass dadurch eine gezielte Botschaft transportiert werden soll, die schon vorher feststeht. Also steckt letztendlich doch Propaganda drin."

EU baut Zentrum zur Bekämpfung von Desinformationen auf

Im Internet kursierende Manipulationen wie diese möchte die Europäische Union künftig stärker bekämpfen. "Die Informations- und Propagandakanäle sind heute eine Waffe des Kremls", sagte EU-Beauftragter Borrell. Das sei eine große Bedrohung für die liberalen Demokratien. Um gegenzusteuern, wolle die EU ein Zentrum zur Analyse und zum Informationsaustausch über Desinformation aufbauen. Das kündigte Borell am Dienstag in Brüssel an.

Damit wolle die EU besser verstehen, wie Desinformationen und Kriegspropaganda aus Staaten wie Russland oder China in der EU verbreitet und organisiert würden. Das neue Zentrum werde laut Borell die Demokratien besser schützen, nicht nur auf EU-Ebene, sondern weltweit.

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