Drucken wie zu Gutenbergs Zeiten mit Letterpress Wie in Offenbach das alte Druck-Handwerk am Leben gehalten wird
Bleilettern, manuelle Pressen und besonderes Papier - immer mehr Menschen begeistern sich wieder für den traditionellen Buchdruck, dem sogenannten Letterpress. Gerade in Offenbach wird einiges dafür getan, die vor dem Aussterben bedrohte Handwerkskunst zu bewahren.
Offenbach scheint besonders viel Wert zu legen auf alles, was mit Druckkunst zu tun hat. So zum Beispiel das Klingspor Museum, in dem sich alles um Buch- und Schriftkunst dreht. Und auch Letterpress, also die Kunst des Druckens, ist dort ein Thema, betont die Leiterin Dorothee Ader.
"Was wir seit 2020 haben, ist eine Druckwerkstatt, in der man das ausprobieren kann." Schulgruppen nutzten die Druckwerkstatt im Bernardbau genauso aus wie Künstlerinnen und Künstler, so Ader.
Aber es gehe ihrem Museum nicht nur darum, dass man sich dabei kreativ austoben kann. Letterpress sei eine aussterbende Kunst. Es gäbe weltweit zum Beispiel nur noch eine Handvoll Schriftgießereien - eine davon übrigens in Darmstadt. Bleilettern werden also bald nicht mehr neu hergestellt und sind jetzt schon ein rares Gut geworden.
Ein vom Aussterben bedrohtes Handwerk
Etwa seit den 1960er-Jahren haben Druckereien umgestellt, weg vom Bleisatz, hin zu moderneren Drucktechniken, die ganz ohne die kleinen beweglichen Lettern auskommen. Bücher werden heute zum Beispiel überwiegend im Offset-Druck oder Digitaldruck hergestellt. "Das heißt: Alles, was entsorgt wird, ist weg. Das gilt sowohl für die Maschinen als auch für die Bleilettern," warnt Dorothee Ader.
Noch viel wesentlicher sei aber das über Jahre aufgebaute Wissen über die Handwerkskunst, das damit verschwinde. "Es geht ein Kulturgut verloren", so die Museumsleiterin. Und genau deshalb setze sich das Klingspor Museum, genau wie das Haus der Stadtgeschichte, für die Druckkunst ein.
Einmal im Jahr organisiert das Museum außerdem das Hot Printing Festival und zeigt dort, wie interessant, kreativ und auch entspannend das Hantieren mit kleinen beweglichen Buchstaben, dem speziellen Handwerkszeug und den altmodischen Maschinen ist.
Drucken wie zu Gutenbergs Zeiten
Neben dem Klingspor Museum gibt es noch mehr Orte in Offenbach, an denen Letterpress unter anderem durch Workshops am Leben erhalten wird. Kürzlich erst hat mitten in Offenbach eine ganz besondere Werkstatt eröffnet: die Druckwerkstatt Hochdruckzone. Schon auf den ersten Blick fällt auf: Hier geht es retro zu.
Stabile Schubladenkästen aus Holz an der Wand, gefüllt mit Bleilettern in allen Größen und Schriftarten aus verschiedensten Epochen. Sogar Holzlettern sind darunter. Daneben stehen verschiedene sichtbar alte Maschinen, von denen zwei besonders ins Auge springen: Beide haben einen langen Hebel an der Seite, eine waagrechte runde Scheibe obenauf und großen Walzen an der Front. Das sind die manuellen Druckpressen.
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Wie die funktionieren? Die Schriftsetzerin und Mitinhaberin Tanja Huckenbeck legt sofort los: In der linken Hand hält sie den Winkelhaken, mit der rechten setzt sie Worte aus winzig kleinen Bleilettern zusammen - spiegelverkehrt, versteht sich. Wichtig sind auch die Abstandhalter, die nachher zwar keine Druckfarbe abkriegen, aber benötigt werden, um eine Druckseite zu bauen.
Beides zusammen wird dann fest in Schließrahmen eingespannt und der wird senkrecht in die manuelle Presse gesteckt. Ab da geht es schnell: Der Hebel links wird nach unten gedrückt und aktiviert die Walzen, die erst oben über den Farbteller fahren, damit dann die Lettern bestreichen und das Papier dagegen pressen. Hebel runter, Walze hoch, Papier ran. Und schon hält man den fertigen Druck in Händen.
Letterpress als entschleunigendes Hobby
"Es ist toll zu sehen, dass man eine Community hat", sagt Tanja Huckenbeck. Manche sehen Letterpress als Do-it-Yourself-Trend, andere lieben den Vintage-Look der Drucke und das historische Flair der Herstellung. Und wieder andere schätzen das Individuelle am Letterpress - weil jeder Druck anders aussieht und gerade das eine ganz besondere Schönheit hat.
Tanja Huckenbeck und Marcus Bonszkowski sind sichtbar stolz auf ihre kleine Werkstatt, die mit den großen Bogenfenstern und der freigelegten Steinmauer einen schönen Rahmen für ihr Traditions-Handwerk bietet.
Die Wirtschaftsförderung Offenbach habe ihnen geholfen, passende Räume für die Druckerei zu finden. Jetzt können sie hier nicht nur Auftragsarbeiten wie Flyer, Geburtstags-, Visiten- oder Hochzeitskarten und Plakate drucken, sondern auch Workshops anbieten.
Warum ist Buch- und Kunstdruck für Offenbach so wichtig?
Es fällt auf, dass sich gerade in Offenbach sehr viele Menschen für Letterpress, der Druckkunst in der Tradition von Johannes Gutenberg, begeistern. Das könnte daran liegen, dass hier früher die weltberühmte Schriftgießerei der Gebrüder Klingspor und renommierte Lithographie-Werkstätten angesiedelt waren. Und auch das Klingspor Museum, das Haus der Stadtgeschichte und die HFG, die Hochschule für Gestaltung - die alle mit Letterpress arbeiten - tragen maßgeblich dazu bei, das Traditionshandwerk am Leben zu erhalten.
Sendung: hr2, 05.09.2023, 7.52 Uhr
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