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Rahraw Omarzad will afghanischen Kunststudierenden helfen

Das Bild zeigt eine Frau mit Kopftuch, die von einem erhöhten Standpunkt aus ein in Ruinen gelegtes Tal fotografiert.

Vor zwei Jahren haben die Taliban die Macht in Afghanistan übernommen. Seitdem sind besonders Frauen und Künstler bedroht. Der Kunstdozent Rahraw Omarzad hat es ins Exil nach Frankfurt geschafft und will nun seinen früheren Studenten und Kollegen helfen.

Sie glaubten nicht an die Kunst, nicht an die Gesellschaft, nicht an Gleichheit, nicht an Freiheit. Sie verstünden den Islam, in dessen Namen sie alles zerstörten, falsch. Das sagt der afghanische Künstler und Kurator Rahraw Omarzad über die verschiedenen Gruppen der Taliban in Afghanistan.

Als die vor zwei Jahren die Macht in seiner Heimat übernahmen, musste Omarzad mit seiner Familie überstürzt flüchten. Als Mitgründer und Lehrender der renommierten Kunstschule Center for Contemporary Art (CCAA) in der Hauptstadt Kabul war er in den Fokus der Taliban geraten.

documenta-Kuratorin hilft bei der Flucht

Die Kunstexpertin Carolyn Christov-Bakargiev arrangierte im Oktober 2021 Omarzads Flucht. Als Kuratorin der documenta 13 hatte sie ihn und weitere Künstlerinnen und Künstler des CCAA 2012 nach Kassel geholt, sogar einen Außenposten der Weltkunstschau in Kabul platziert.

Nach der Machtübernahme verhalf sie dem Videokünstler zunächst ins italienische Turin. Inzwischen lebt und arbeitet Omarzad in Frankfurt, wo er im vergangenen Jahr Gastprofessor an der Frankfurter Städelschule war.

Das Bild zeigt drei Frauen mit Kopftuch und einen Mann, die miteinander lachen. Hinter ihnen hängen Kunstwerke an der Wand.

Wie seine wochenlange Flucht genau ablief, sei nicht wichtig zu wissen, sagt er. Weil sein Risiko selbst im deutschen Exil immer noch zu groß ist, darf er über die schlimmste Zeit seines Lebens nicht sprechen: nicht darüber, wie er sein altes Leben aufgeben musste oder über die Grausamkeiten, die er erlebt hat.

Taliban sehen Künstler als Feinde

Als Künstler ist Omarzad trotz seiner Flucht einer der Hauptfeinde der Islamisten. "Alle kreativen Künstler werden von den Taliban bedroht. Sie sind nicht frei, sich mit ihrer Kunst auszudrücken."

Insbesondere die visuellen Künste, Kino, Film, Theater, aber auch Musik, würden durch die Taliban in Afghanistan verboten - weil diese Künste vor allem das Menschsein und Fragen der Identität reflektierten, vermutet der 59-Jährige.

Kunstakademie soll NGO werden

Von Deutschland aus kämpft Rahraw Omarzad um das Leben der 1.250 Schülerinnen und Schüler und die 80 Lehrkräfte der ehemaligen Kabuler Kunstschule. Omarzad steht nach eigener Aussage derzeit mit 200 Künstlerinnen und Künstlern in Kontakt. Sie seien in einer sehr schlechten und bedrohlichen Situation - ohne Arbeit, ohne Geld, ohne Zukunft.

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Afghanen in Hessen: Zwei Jahre nach Machtübernahme der Taliban

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Das CCAA...

...richtete seinen Fokus zunächst auf Kunst von Frauen - über 500 Künstlerinnen sind hier in den vergangenen Jahren ausgebildet worden - und war später das einzige Zentrum für Gegenwartskunst in Afghanistan. Die Studierenden der renommierten Akademie stellten auf der ganzen Welt aus und waren beispielsweise auf der documenta 13 zu Gast.

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Im Moment arbeite er daran, seine ehemalige Kunstakademie als eine NGO registrieren zu lassen. Mit dem "CCAA in Exile" will er in Frankfurt ein Netzwerk zur Unterstützung von afghanischen Künstlern und Künstlerinnen weltweit schaffen. 20 seiner ehemaligen Schülerinnen und Schüler lebten bereits in Deutschland im Exil.

Das Bild zeigt vier Frauen mit Kopftuch, die gestikulieren und mit Spiegelreflexkameras fotografieren.

Sicher, aber nicht frei

"Es ist sehr wichtig, dass es eine Widerstandsbewegung gegen das gibt, was in Afghanistan gegen Kunst und Kultur vor sich geht", sagt Rahraw Omarzad. "Das afghanische Volk wird sich nicht aufhalten lassen, es kämpft weiter für die Entwicklung der Kunst."

Er selbst fühle sich in Deutschland mittlerweile sicher, aber längst nicht frei, erklärt der 59-Jährige. "Ich bin nicht wirklich frei zu tun, was ich möchte."

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