"Dummgeschwätz nicht strafbar" Berufung im Prozess gegen Pfungstadts Bürgermeister Koch zurückgezogen

Der Bürgermeister von Pfungstadt, Patrick Koch, wird nicht wegen Geheimnisverrats verurteilt. In der Verhandlung vor dem Landgericht Darmstadt hat die Staatsanwaltschaft ihre Berufung zurückgezogen.

Bürgermeister Koch und sein Anwalt stehen in einem Verhandlungsraum mit im Viereck angeordneten Tischen und Stühlen.
Bürgermeister Koch (links) mit seinem Verteidiger beim Prozessauftakt. Bild © Petra Demant (hr)
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In dem Verfahren am Dienstag ging es nicht um Dienstgeheimnisse aus Kochs Tätigkeit als Bürgermeister, sondern aus seinem früheren Beruf als Polizist. Nach einem Doppelmord in Babenhausen (Darmstadt-Dieburg) im April 2009 war Kriminaloberkommissar Patrick Koch Mitglied der Sonderkommission.

Ein Nachbar der Opfer war 2011 wegen Doppelmordes zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt worden - beteuert jedoch seine Unschuld. Der Versuch eines Wiederaufnahmeverfahrens scheiterte.

Bedenken: Täter in Mordfall voreilig bestimmt

Koch war vorgeworfen worden, in einer im Jahr 2020 verfassten Mail Interna aus dem Mord-Ermittlungsverfahren an den Anwalt des Verurteilten weitergegeben zu haben. Zu diesem Zeitpunkt war der SPD-Politiker bereits seit sechs Jahren Bürgermeister.

In der Mail schilderte Koch seine Bedenken, dass sich die Ermittler viel zu schnell auf den später verurteilten Nachbarn als Täter festgelegt hätten. Koch schrieb darin, der ehemalige südhessische Polizeipräsident Gosbert Dölger habe ihm gesagt, dass für ihn völlig klar sei, dass der Nachbar der Täter sei.

In seiner Zeugenaussage bestritt Dölger allerdings am Dienstag, eine solche Äußerung gemacht zu haben. "An die genaue Gesprächsführung kann ich mich nicht mehr erinnern", sagte der frühere Polizeipräsident. Eine frühe Festlegung auf einen Tatverdächtigen gab es seiner Auffassung nach nicht. "Es waren laufende Ermittlungen, das wäre ja Unsinn gewesen."

Ohne Geheimnis kein Verrat

Die Staatsanwaltschaft schloss daraus: Eine Aussage, die nie getätigt wurde, könne kein Geheimnis sein. Also könne es auch keinen Geheimnisverrat gegeben haben. Die Berufung wurde zurückgezogen.

Der Vorsitzende Richter Lothar Happel beschrieb es so: "Geheimnisverrat ist strafbar, Dummgeschwätz nicht."

Damit ist der Freispruch des Amtsgerichts Dieburg aus dem November 2021 rechtskräftig. Das Gericht hatte die Äußerungen Kochs ebenfalls nicht als Dienstgeheimnis gewertet.

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Sendung: hr4, 05.03.2024, 14.30 Uhr

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Quelle: mit Informationen von Petra Demant, hessenschau.de, dpa/lhe