Collage: Portrait Walter Lübcke; Schild Bundesgerichtshof

Anfang 2021 wurde Stephan Ernst wegen des Mordes an Walter Lübcke zu lebenslanger Haft verurteilt, Markus H. vom Vorwurf der Beihilfe freigesprochen. Zufrieden zeigte sich keiner der Prozess-Beteiligten. Nun geht der Fall in die Revision.

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Revision im Lübcke-Prozess

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Anderthalb Jahre nach dem Prozess um den Mord am ehemaligen Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke steht das Urteil auf dem Prüfstand. Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte den Rechtsextremen Stephan Ernst wegen des Mordes, der im Juni 2019 geschah, nach einem Geständnis zu lebenslanger Haft verurteilt. Der wegen Beihilfe angeklagte Markus H. hingegen wurde von diesem Vorwurf freigesprochen und erhielt lediglich eine Bewährungsstrafe wegen unerlaubten Waffenbesitzes.

Sowohl die Verteidigung, als auch der Generalbundesanwalt und die als Nebenkläger auftretende Familie Lübcke legten Revision gegen das Urteil ein. Diese wird ab Donnerstag vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe verhandelt.

Schon in der mündlichen Urteilsbegründung war deutlich geworden: Auch die Richter hatten um die Entscheidung gerungen. Am Ende ging es dann wohl darum, was stärker wog - die vorgelegten Beweise oder die Zweifel.

Familie will neuen Prozess gegen Markus H.

Die Bundesanwaltschaft legte Revision wegen des Urteils gegen Stephan Ernst ein, ebenso wie der zweite Nebenkläger Ahmed I. Der Geflüchtete aus dem Irak war 2016 bei einem Messerangriff schwer verletzt worden. Ernst wurde auch diese Tat als versuchter Mord zur Last gelegt. Er wurde jedoch von diesem Vorwurf mangels ausreichender Beweise freigesprochen - nach dem Grundsatz "im Zweifel für den Angeklagten."

Die Familie Lübcke hingegen verfolge mit der Revision das Ziel, dass der Freispruch von Markus H. vom Vorwurf der Beihilfe zum Mord aufgehoben wird und es einen neuen Strafprozess gegen ihn gibt, sagte der Sprecher der Familie, Dirk Metz, vor der Verhandlung in Karlsruhe.

Wegen "einer Vielzahl an Indizien" sei die Familie überzeugt, dass Markus H. die Tat zusammen mit Stephan Ernst geplant, vorbereitet - und in der Nacht vom 1. auf den 2. Juni 2019 auch gemeinsam mit ihm ausgeführt habe. In Karlsruhe dürften auch Vertreter der Familie die Verhandlung verfolgen.

Verteidiger will Sicherungsverwahrung kippen

Der Verteidiger von Stephan Ernst wiederum hatte in seinem Plädoyer auf eine Verurteilung wegen Totschlags hingewirkt. In seinem Plädoyer hatte der Rechtsanwalt Mustafa Kaplan auch immer wieder Markus H., den früheren Arbeitskollegen und Freund von Ernst, in den Mittelpunkt gerückt.

Er glaube seinem Mandanten, dass dieser zusammen mit H. die Tat geplant und ausgeführt habe. H. ist ebenfalls als Rechtsextremist bekannt. Ernst bezeichnete ihn in seiner Einlassung als seinen "Anker", eine Zeugin beschrieb das Verhältnis der beiden Männer als "Denker" H. und "Macher" Ernst.

Kaplan will auch erreichen, dass die bislang unter Vorbehalt stehende Sicherungsverwahrung für Ernst vom Tisch kommt, wie er dem Nachrichtenmagazin Spiegel sagte. "Es fehlt aus meiner Sicht an Argumenten, die Stephan Ernst als besonders gefährlich erscheinen lassen."

Der Verteidiger betonte, dass sein Mandant von dem Anklagevorwurf des versuchten Mordes 2016 freigesprochen worden sei. "Das Urteil hätte sich bei dem Vorbehalt der Sicherungsverwahrung zwingend mit dem Freispruch auseinandersetzen müssen", sagte er dem Magazin. Das sei nicht geschehen.

Entscheidung Ende August erwartet

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BGH befasst sich mit Revision im Mordfall Lübcke

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Im Revisionsprozess werden keine Zeugen vernommen oder Beweise gesichtet, sondern das Urteil wird auf juristische Fehler geprüft. Sollte der Bundesgerichtshof solche feststellen, könnte das Urteil gegebenenfalls geändert werden oder der Fall zurück zur Verhandlung an das Oberlandesgericht Frankfurt gehen. Die Entscheidung darüber will der dritte Strafsenat voraussichtlich am 25. August verkünden.

Mit Walter Lübcke wurde erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik ein aktiver Politiker von einem rechtsextremen Täter ermordet. Der Fall gilt deshalb als Zäsur. Er schärfte auch den Blick auf Hass im Netz, denn Lübcke war zuvor in sozialen Medien bedroht worden.

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