Anklage wegen Körperverletzung und Falschaussage Beamte nach Biss von Polizeihund in Kassel vor Gericht
Vor dem Amtsgericht Kassel müssen sich zwei Polizeibeamte verantworten. Ihr Hund hatte bei einem Einsatz einen Mann gebissen. Die Staatsanwaltschaft glaubt: ohne jegliche Not.
Der Biss eines Polizeihunds beschäftigt drei Jahre später noch immer die Justiz. Das Kasseler Amtsgericht muss seit Montag klären, ob zwei Polizeibeamte bei einem Einsatz im Dezember 2021 ihren Hund unrechtmäßig auf einen heute 46-jährigen Mann losgelassen haben - und ob sie im Nachgang dazu bewusst gelogen und den Geschädigten zu Unrecht beschuldigt haben.
Die Staatsanwaltschaft wirft den 33 und 34 Jahre alten Polizisten gemeinschaftliche Verfolgung Unschuldiger und uneidliche Falschaussage vor. Der ältere Angeklagte muss sich außerdem wegen Körperverletzung im Amt verantworten. Demnach soll er seinen Diensthund ohne ausreichenden Anlass eingesetzt haben.
Staatsanwaltschaft: Von nacktem Mann ging keine Gefahr aus
Der Anklage zufolge wurde die Polizei alarmiert, weil eine aggressive Person eine weitere Person verfolge. Die beiden Angeklagten hätten die Wohnung des Mannes aufgesucht, der in Verdacht stand, den Einsatz ausgelöst zu haben. Dieser leide bekanntermaßen an einer psychischen Erkrankung, so die Staatsanwaltschaft.
Der 46-Jährige soll laut Staatsanwaltschaft gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin auf dem Boden seines Wohnzimmers gelegen haben, als die Polizisten die Wohnung betraten. Er sei dabei unbekleidet und offensichtlich unbewaffnet gewesen. Der Aufforderung der Beamten, sich auf den Bauch zu legen und die Hände auf dem Rücken zu verschränken, sei er nicht nachgekommen.
Allerdings sei von dem Geschädigten keine Gefahr ausgegangen. Dennoch, so der Vorwurf, soll der 34 Jahre alte Beamte seinen Diensthund gegen ihn eingesetzt und eine erhebliche Verletzung des 46-Jährigen billigend in Kauf genommen haben. Das Tier biss dem Mann demnach in den Unterschenkel.
Beamte strengten Verfahren gegen Geschädigten an
Um ihr Fehlverhalten zu verdecken, sollen beide Angeklagte ein Ermittlungsverfahren gegen den Geschädigten wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte eingeleitet haben. Solche Widerstandshandlungen habe es aber nicht gegeben, vielmehr hätten die Beamten dies nur behauptet.
Überdies wird den Polizisten vorgeworfen, in einem Sicherungsverfahren gegen den Mann vor dem Landgericht Kassel die Unwahrheit gesagt und Widerstandshandlungen bekundet zu haben, die so nicht stattgefunden haben sollen. Auch soll in dem Verfahren ein Messer zur Sprache gekommen sein, das nach Angaben der Beamten zum Zeitpunkt des Vorfalls im Nahbereich des Geschädigten auf dem Boden gelegen habe.
Urteil Anfang Dezember erwartet
Beim Prozessauftakt schilderten die Beteiligten noch einmal ihre unterschiedlichen Auffassungen darüber, wie der Einsatz aus ihrer Sicht abgelaufen war. Die Beamten berichteten, der Geschädigte habe auf dem Rücken liegend nach ihnen und ihrem Hund getreten. Er habe sich auch nach mehrfacher Aufforderung nicht festnehmen lassen. Daher sei der Hund zum Einsatz gekommen.
Der Geschädigte selbst sagte, er sei zu Unrecht angegriffen worden. Der Polizeihund befindet sich mittlerweile in Rente.
Das Amtsgericht hat zwei Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil soll am 4. Dezember fallen.
Anmerkung: In einer ersten Version war von einem Biss in den Oberschenkel des Geschädigten die Rede. Das stimmte nicht, der Hund biss dem Mann in den Unterschenkel. Wir haben die entsprechende Stelle korrigiert.