Außenansicht eines Gebäudes mit leer stehenden Geschäftsräumen im Erdgeschoss

Schlampige oder gar nicht durchgeführte Corona-Tests, die trotzdem bei der Krankenkasse abgerechnet wurden. Mit dieser Masche soll ein 28-Jähriger 1,8 Millionen Euro kassiert haben. Dafür muss er sich jetzt vor dem Landgericht Kassel verantworten.

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Mutmaßlicher Betrug in Corona-Testzentren

Eine Hand träufelt Flüssigkeit auf einen Corona-Test. (dpa)
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Davon habe er nichts gewusst. Diese Äußerung von dem 28 Jahre alten Angeklagten war zum Prozessauftakt am Mittwoch vor dem Landgericht Kassel häufiger zu hören. Dem Mann werden unter anderem Gründungsschwindel und gewerbsmäßiger Betrug vorgeworfen. Als Geschäftsführer von Corona-Testzentren in Kassel, Leipzig, Hannover und Braunschweig soll er insgesamt 1,8 Millionen Euro bei Krankenkassen erschlichen haben. Seit seiner Festnahme befindet sich der Angeklagte in Untersuchungshaft.

Abgerechnete Tests, die es nie gab

Die Anklage, die die Staatsanwaltschaft vorliest, ist umfangreich. Vor allem der Millionenbetrug durch die Testzentren wird thematisiert. Von Anfang April bis Anfang Mai 2021 sollen im Testzentrum in Kassel über 83.000 Menschen auf Corona getestet worden sein. Das hat jedenfalls die GmbH, die für die Abrechnung der Teststelle zuständig war, angegeben. Realistisch hätten es maximal 18.800 sein können.

Der Geschäftsführer dieser GmbH ist der Angeklagte. Angeblich habe er von diesen Zahlen nichts gewusst, weil er in Leipzig bei einer anderen Teststelle gearbeitet habe. In Kassel sei er nur einmal gewesen, um dort ins Testen eingewiesen zu werden. Obwohl er als Verantwortlicher genannt wird, seien andere für das Testzentrum zuständig gewesen. Bei "den anderen" handelt es sich um drei (ehemalige) Freunde des Angeklagten. Sie hätten die Idee für das Testzentrum gehabt und ihn überredet, als Geschäftsführer der GmbH eingetragen zu werden, die die Tests abrechnet.

Anfang Mai 2021 wurde das Testzentrum vom Regierungspräsidium Kassel und dem Gesundheitsamt der Stadt geschlossen, weil gravierende Mängel festgestellt wurden. Beispielsweise sei der Nasenabstrich nicht wie vorgeschrieben tief durchgeführt worden, sondern lediglich im vorderen Bereich der Nase. Hinzu kommt laut Staatsanwaltschaft, dass die Tests nicht nach Laborvorschrift behandelt und transportiert wurden. Zudem sei der Infektionsschutz der Mitarbeiter nicht beachtet worden.

Erste Zeugen beim Prozessauftakt

Auch an dieser Stelle behauptet der Angeklagte, nicht gewusst zu haben, dass es überhaupt Richtlinien gibt, an die man sich zu halten habe. Er stellt sich als jemanden dar, der von anderen hintergangen wurde. Es stehen noch sieben Verhandlungstage an, insgesamt werden 15 Zeugen angehört.

Beim Prozessauftakt waren drei Zeugen anwesend, darunter die Polizeibeamtin, die im vergangenen Jahr das Ermittlungsverfahren geleitet hatte. Sie war bei der Festnahme des Angeklagten dabei und hatte unter anderem die abgerechneten Tests geprüft. Mit voller Auslastung seien im Kasseler Testzentrum maximal 50 Tests pro Stunde möglich gewesen, abgerechnet wurden im April 116 pro Stunde.

Immer wieder Bargeld-Abhebungen

Doch nicht die falsch übermittelten Zahlen waren es, die den Angeklagten und seine Freunde auffliegen ließen. Die Banken wurden stutzig, weil immer wieder hohe Beträge Bargeld abgehoben wurden. Es handelt sich um Beträge zwischen 20.000 und 90.000 Euro. Wegen des Verdachts auf Geldwäsche nahm die Polizei Ermittlungen auf und nahm den Angeklagten schließlich in einer Bankfiliale fest.

Die Ermittlungen ergaben, dass durch die Teststellen in Kassel, Leipzig, Braunschweig und Hannover große Summen Geld erschlichen wurden.

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