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Psychologe sagt zu Alexander B. aus

Ein Mann, der gepixelt ist, steht zwischen zwei Männern, seinen Verteidigern, vor Gericht

Der wegen Korruption angeklagte frühere Oberstaatsanwalt hat nach Darstellung eines Psychologen ein Selbstwertproblem. Um ein Leben im Luxus sei es ihm bei den kassierten Schmiergeldern nicht gegangen. Dass er aufgeflogen ist, habe B. als Erleichterung empfunden, so der Experte.

Im Korruptionsprozess um den ehemaligen Oberstaatsanwalt Alexander B. hat am Freitag ein Anstaltspsychologe ausgesagt. Der Mann, der seit 2020 mehr als 30 Gespräche mit dem Angeklagten in der Untersuchungshaft geführt hat, war von dessen Verteidigern als Zeuge geladen worden.

Vor dem Landgericht Frankfurt bescheinigte er B. ein negatives Selbstbild, als Folge seiner schwierigen Kindheit. Diese hatte der Angeklagte selbst zu Beginn des Prozesses geschildert: ein alkoholkranker Vater und eine hilflose Mutter, die zusah, wie ihr Mann sich an dem gemeinsamen Sohn sexuell verging. Dies soll, so der Psychologe, zu dem Gefühl der Machtlosigkeit geführt haben.

Verhaftung als "Erleichterung" empfunden

B. habe aus diesem Defizit heraus auch an "ungesunden Beziehungen" festgehalten. Gemeint war damit die Beziehung zu Elke W. Die langjährige Lebensgefährtin brachte mit ihrer Anzeige 2019 das Korruptionssystem von Alexander B. zum Einsturz. Die freiberufliche Sachverständige starb im März 2022, ohne von der Staatsanwaltschaft vernommen worden zu sein.

Aus der Sicht des Psychologen habe B. seine Verhaftung als "Erleichterung" empfunden. "Das Kartenhaus ist zusammengefallen." Für suizidgefährdet hält er ihn "trotz der hohen Fallhöhe" nicht.

Motiv: Luxus oder Gefühl von Sicherheit?

Einer der Staatsanwälte wollte von dem Psychologen wissen, inwiefern er ausschließen könne, auf die Fassade des Angeklagten hereingefallen zu sein. Schließlich habe er jahrelang seine Umgebung mit dem Bild des aufrechten Kämpfers gegen Kriminelle getäuscht.

Das könne man zwar nie ganz ausschließen, so der Psychologe, aber B. habe auf ihn "authentisch und glaubwürdig" gewirkt. Er habe nicht den Eindruck, dass er Schuld von sich abwälzen wolle. Jedoch sei es bei den Gesprächen mit B. nicht mehr dazu gekommen, ausführlich über dessen Motivlage zu sprechen.

Dennoch habe er den Eindruck gewonnen, dass es ihm bei den Bestechungsgeldern nicht um sich, sondern "um ein Gefühl von Sicherheit" gegangen sei. Sein "Verantwortungsgefühl", für andere da sein zu wollen, habe dazu geführt, dass er sich für seine ehemalige Lebensgefährtin und deren Kinder finanziell zuständig fühlte. Es sei ihm nicht um ein Leben im Luxus gegangen.

Teure Kleidung, Uhren, Schmuck

Dass es B. sehr wohl auch um Luxus gegangen sein könnte, legt die Aussage eines zweiten Zeugen nahe. Ein Steuerfahnder schilderte die Sicherstellung von Unterlagen in einer der Wohnungen, die der Angeklagte damals besaß. Sie sei sehr hochwertig eingerichtet gewesen, die Schränke voll teurer Kleidung, Schuhe, Uhren. B. habe insgesamt knapp 500.000 Euro Schmiergeld angenommen. Nach eigenen Angaben will er für Elke W. und deren beide Kinder rund 100.000 Euro ausgegeben haben.

Die Ermittlungen hätten ergeben, so der Zeuge, dass der Angeklagte nicht nur die Bestechungsgelder nicht versteuert habe, sondern auch Mieteinnahmen aus einer Wohnung, in der seine Mutter lebte. Insgesamt habe sich die Steuerschuld auf rund 360.000 Euro summiert. Der Angeklagte habe die Summe nach dem Verkauf einer seiner Wohnungen vollständig bezahlt.

Dem ehemaligen Pressesprecher der Generalstaatsanwaltschaft scheint daran gelegen zu sein, die Berichterstattung über sich kontrollieren zu können. In der Verhandlungspause sprach B. auf dem Weg in die Gerichtszelle einen Reporter an. Er möge in seiner Berichterstattung "nicht so draufschlagen". Seine Mutter habe gerade einen Herzinfarkt erlitten und nehme sich die Berichte sehr zu Herzen.

Aus Schutz außerhalb Hessens in U-Haft

Der ehemalige Leiter einer Ermittlungsstelle gegen Korruption im Gesundheitswesen und Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft muss sich seit Anfang des Jahres selbst wegen Korruptionsvorwürfen verantworten. Der 55-Jährige soll sich laut Staatsanwaltschaft bei der Vergabe von Gutachten bereichert und Schmiergelder kassiert haben. Er ist wegen Bestechlichkeit, Untreue und Steuerhinterziehung angeklagt.

B. sitzt nicht, wie eigentlich zu erwarten wäre, in Hessen in Untersuchungshaft, sondern in der JVA im rheinhessischen Rohrbach. Dadurch soll er vor Begegnungen mit Häftlingen geschützt werden, die ihn in seiner Rolle als Strafermittler erlebt haben.