Reichsbürger-Prozess in Frankfurt Prinz Reuß wollte "Botschafter des Deutschen Reiches" werden
Nach drei Wochen ist der Prozess gegen die Gruppe um Prinz Reuß fortgesetzt worden. Die Bundesanwaltschaft legte dar, warum der Hauptangeklagte als rechtsradikaler Reichsbürger zu sehen sei. Seiner Ex-Frau wurde es irgendwann zu viel.
Zu den am Dienstag verlesenen Schriftstücken gehörten Dokumente und Briefe, die auf verschiedenen Datenträgern bei Durchsuchungen der Wohn- und Geschäftsräume von Heinrich XIII. Prinz Reuß Ende 2022 gefunden wurden.
Dazu zählten ein in Frakturschrift verfasster "vorläufiger Staatsangehörigkeitsausweis" des Fürstentums Reuß und ein Schreiben an den russischen Außenminister Sergei Lawrow. In diesem bittet Prinz Reuß darum, als "Botschafter des Deutschen Reiches" akkreditiert zu werden.
Bitte um Anerkennung als Botschafter
Wie schon andere Dokumente legen die am Dienstag vorgelegten Schriftstücke nahe, dass Prinz Reuß in den Jahren vor seiner Festnahme Ideen aus dem Spektrum der Reichsbürgerideologie anhing.
Mehrfach ist in den Schriftstücken, die bis in das Jahr 2010 zurückreichen, davon die Rede, dass es sich bei der Bundesrepublik Deutschland weder juristisch noch faktisch um einen Staat handele, sondern um ein nach "Handelsrecht" agierendes Verwaltungskonstrukt.
Dem gegenüber stehe das nach wie vor existierende Deutsche Reich, das derzeit allerdings über keine Verwaltungsstrukturen verfüge. Um diesen Mangel zu "heilen", hatte Reuß im September 2020 eine Proklamation über die Wiedereinrichtung der Fürstentümer Reuß als Teilstaaten des Deutschen Reiches verkündet und auf Video aufgezeichnet.
In seiner eigenen Logik war Reuß damit berechtigt, als Vertreter des Deutschen Reiches aufzutreten und mit den Alliierten über einen Friedensvertrag zu verhandeln, um den nach seinem Dafürhalten seit 1914 anhaltenden Kriegszustande zu beenden.
Angeklagte sollen Umsturz geplant haben
Reuß wird von der Anklage vorgeworfen, zusammen mit einer ganzen Reihe von Mitverschwörerinnen und -verschwörern einen gewaltsamen Umsturz geplant zu haben. Unter anderem sei eine bewaffnete Erstürmung des Bundestags in Berlin vorgesehen gewesen. Nach dem Umsturz hätte demnach Prinz Reuß als provisorisches Staatsoberhaupt fungieren sollen.
Insgesamt sind 26 Personen angeklagt, an der Verschwörung beteiligt gewesen zu sein oder diese unterstützt zu haben. In Frankfurt wird gegen neun Angeklagte verhandelt. Weitere Prozesse finden parallel in München und Stuttgart statt. In Frankfurt wird seit Ende Mai vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts verhandelt.
Verteidiger sehen keinen Zusammenhang zu Tatvorwürfen
Die Verteidiger von Prinz Reuß beklagten am Dienstag, dass die vorgelegten Dokumente aus ihrer Sicht nichts mit den eigentlichen Tatvorwürfen zu tun haben. Zudem zeigten die Schriftstücke, dass sich ihr Mandant - unabhängig davon, was man von seinen Ideen halte - um einen friedlichen Weg zur Anerkennung der von ihm proklamierten Fürstentümer bemüht habe.
"An keiner Stelle ist die Rede von Gewalt, Umsturz oder sonstigen gewalttätigen Aktionen", betonte Rechtsanwalt Roman von Alvensleben. Weitere Verteidiger beklagten zudem, dass durch die ausführliche Inaugenscheinnahme der Dokumente der Prozess in die Länge gezogen werde - was gegen den Beschleunigungsgrundsatz im Strafprozessrecht verstoße.
Emotionaler Ausbruch von Ex-Ehefrau
Abseits der eigentlichen Hauptverhandlung sorgte die Ex-Ehefrau von Prinz Reuß mit einem emotionalen Ausbruch für Aufsehen. In einer Verhandlungspause ließ sie sich lautstark und erkennbar aufgewühlt darüber aus, dass ihr Ex-Mann zu Unrecht angeklagt sei und unter martialischen Sicherheitsvorkehrungen festgehalten und vorgeführt werde. Ihre ganze Familie müsse darunter leiden.
"Mein Ex-Mann ist der friedlichste Mensch der Welt", beklagte sie, ehe sie von anderen Zuhörern beruhigt wurde. Der Prozess wird am Donnerstag, 10. Oktober, fortgesetzt.