Prozess Landgericht Fulda gegen Raser wegen getöteter Rentnerin

Zu schnell, ohne Führerschein und berauscht: Auf der Flucht vor der Polizei hat ein Autofahrer im vergangenen Sommer eine Rentnerin in Fulda angefahren und getötet. Dafür muss der 22-Jährige ins Gefängnis, entschied nun das Landgericht.

Audiobeitrag

Audio

Urteil im Fuldaer Raser-Prozess gesprochen

Ein schwarzer BMW steht mit geöffneter Fahrertür teilweise auf einem Bürgersteig und der Straße. Polizisten gehen daran vorbei.
Ende des Audiobeitrags

Nachdem er bei der Flucht vor der Polizei eine Seniorin tödlich verletzte, muss ein 22-Jähriger ins Gefängnis. Das Landgericht Fulda verurteilte ihn am Freitag zu dreieinhalb Jahren Haft. Verhängt wurde das Urteil unter anderem wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs.

Dass der Angeklagte mit Tötungsvorsatz gehandelt habe, sei nicht zu erkennen gewesen, befand das Gericht. Das Geschehen mit Flucht und Unfall habe sich in nur acht Sekunden abgespielt - zu kurz, um den Plan zu fassen, eine fremde Frau überfahren zu wollen.

Man könne auch nicht von vollendetem oder versuchtem Totschlag sprechen, befand der Vorsitzender Richter Josef Richter. Die Staatsanwaltschaft hatte dem Angeklagten zu Prozessbeginn noch Totschlag vorgeworfen.

Frühes Geständnis

Der 22-Jährige hatte bereits beim Prozess-Auftakt im Januar gestanden, die 71-jährige Frau unter Drogeneinfluss auf dem Bürgersteig am Fuldaer Gallasiniring mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit angefahren zu haben. Er betonte aber, dass er den Tod der Frau bei dem Unfall im August 2022 nicht billigend in Kauf genommen habe, wie es ihm die Staatsanwaltschaft vorgeworfen hatte.

In den Plädoyers hatte die Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe von vier Jahren und neun Monaten gefordert. Die Verteidigung ging hingegen von fahrlässiger Tötung aus und hielt ein Strafmaß von zwei Jahren und neun Monaten für angemessen.

Fast doppelt so schnell durch 30er-Zone

Der Angeklagte war in seinem Auto vor dem Streifenwagen geflohen, weil er Angst hatte, in eine Verkehrskontrolle zu geraten. Er besaß keinen Führerschein mehr und stand unter dem Einfluss von Cannabis.

Bei der Flucht raste er in seinem 170-PS-starken Wagen davon. In dem Wohngebiet mit 30er-Zone sei er fast doppelt so schnell unterwegs gewesen wie erlaubt, wie vor Gericht geschildert wurde. Bei der kurvenreichen Fahrt verlor der junge Mann, der erst wenige Monate zuvor den Führerschein gemacht hatte, die Kontrolle über seinen Wagen. Ein Vorderreifen platzte, das Auto driftete über die Fahrbahn und den Bürgersteig und erfasste die Rentnerin mit ihrem Rollator.

Bei dem Zusammenprall erlitt das Unfallopfer multiple Verletzungen, unter anderem ein Schädel-Hirn-Trauma. Eine Not-OP konnte ihr nicht mehr helfen, nach Tagen im künstlichen Koma erlag sie ihren Verletzungen.

Fahrer trotz Drogen voll schuldfähig

Trotz seines Drogenkonsums sei der Angeklagte bei der Tat in vollem Umfang schuldfähig gewesen. Er habe sich in keinem Rauschzustand befunden. Seine Steuerungsfähigkeit sei nicht eingeschränkt gewesen, befand der Richter.

Bei der Flucht hätte der Raser wenige Meter zuvor beinahe eine Mutter mit ihrer einjährigen Tochter erfasst. Als der Wagen mit quietschenden Reifen auf sie zuschoss, habe sie ihr Kind gerade noch am Arm wegziehen und sie beide durch schnelle Schritte aus der Gefahrenzone bringen können, wie sie als Zeugin vor Gericht geschildert hatte.

Fahrlässige Flucht mit Renn-Charakter

Der Richter richtete deutliche Worte an den Angeklagten: Er sei rücksichtslos, überheblich und selbstsüchtig unterwegs gewesen. Er habe sich an keinerlei Verkehrsregeln gehalten und sich maßlos selbst überschätzt. Er habe um jeden Preis die Polizei abhängen wollen.

Dabei habe er die Situation völlig falsch eingeschätzt, so der Richter. Wenn er von der Polizei erwischt worden wäre, hätte ihm gerade einmal eine Geldstrafe gedroht. So sei durch seine halsbrecherische Flucht mit Renn-Charakter ein Mensch ums Leben gekommen. Den Tod habe er auf fahrlässige Weise verursacht.

Verminderte geistige Reife

Ein Gutachter hatte eine verminderte geistige Reife bei dem nicht einschlägig vorbestraften Angeklagten festgestellt. Dazu passe sein jugendliches Verhalten ohne Verantwortungsbewusstsein, in dem er bekifft, unangeschnallt und leichtsinnig mit Badeschlappen Auto gefahren sei, so der Richter. Zugute hielt er ihm, dass er sich vor Gericht reumütig gezeigt und das Geschehene aufrichtig bedauert habe.

Die Verteidigung zeigte sich zufrieden mit dem Urteil. Wichtig sei gewesen, dass kein Tötungsvorsatz gesehen wurde. Er habe keinen Anlass, Revision einzulegen, sagte der Verteidiger nach dem Schuldspruch auf Anfrage.

Weitere Informationen Ende der weiteren Informationen