Partei wehrt sich gegen Beobachtung  AfD und Landesregierung warten auf Urteil zum Verfassungsschutz 

Vor knapp einem Jahr hat der hessische Verfassungsschutz angekündigt, den Landesverband der AfD mit V-Leuten und Abhörmaßnahmen zu untersuchen. Seit einer Gerichtsentscheidung liegt die Beobachtung aber auf Eis - zumindest vorerst.

Das Amt für Verfassungsschutz des Landes Hessen in Wiesbaden
Das Amt für Verfassungsschutz des Landes Hessen in Wiesbaden Bild © picture-alliance/dpa
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Wenn am Donnerstag Innenminister Peter Beuth (CDU) und der neue Verfassungsschutz-Präsident Bernd Neumann in Wiesbaden ihren Jahresbericht vorlegen, wird es darin kein Kapitel zur hessischen AfD geben.  

Noch vor einem Jahr kündigte der damalige Präsident Roland Schäfer an, die Partei mit "nachrichtendienstlichen Mitteln innerhalb des gesetzlich festgelegten Rahmens" beobachten zu wollen. Vor allem von rechts sah der hessische Verfassungsschutz die Demokratie bedroht.  

Man habe sich die Beobachtung genau überlegt und geprüft, sagte damals ein Sprecher des Landesamtes. Rückenwind dafür spürte man auch durch ein Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts, das zuvor die Beobachtung der Bundes-AfD durch den Bundesverfassungsschutz bestätigte. 

Gericht stoppt Beobachtung 

Doch bevor bei der Hessen-AfD Telefonate abgehört und V-Leute eingesetzt werden konnten, stoppte das Wiesbadener Verwaltungsgericht die Maßnahme. Die Entscheidung gebe aber laut Beschluss "keinerlei Aussage darüber, ob die Maßnahmen des Antragsgegners rechtmäßig oder rechtswidrig sind". Das Gericht hatte in seinem Eilverfahren lediglich abgewogen, was eine AfD-Beobachtung für Folgen hätte, sollte sie sich später als rechtswidrig herausstellen. 

Mit drei weiteren Klagen wehrt sich die AfD gegen die Beobachtung und gegen Äußerungen aus der Landesregierung. Die Verfahren gegen die Staatskanzlei und Ministerpräsident Boris Rhein (CDU), das Innenministerium mit seinem Minister Peter Beuth sowie dem Landesamt für Verfassungsschutz laufen derzeit noch.  

Minister müssen schweigen 

Ministerpräsident Rhein habe demnach eine Stillhaltezusage gegeben. Bis zu einer Entscheidung des Wiesbadener Verwaltungsgerichts darf der CDU-Politiker demnach nicht sagen, dass der Verfassungsschutz den AfD-Landesverband als Beobachtungsobjekt behandelt oder prüft. 

Die AfD geht davon aus, dass eine Entscheidung nicht vor der Landtagswahl am 8. Oktober fällt. Das wird der Partei wohl recht sein. Schließlich könnte ein gerichtliches Okay für eine Beobachtung Wähler abschrecken. Andererseits könnte ein Urteil gegen eine Beobachtung eine Klatsche für CDU-Minister Beuth und die Landesregierung bedeuten. 

Die Juristen wechseln derzeit noch ihre Stellungnahmen aus. Das Verwaltungsgericht sagt auf hr-Anfrage, der Zeitpunkt der Entscheidung lasse sich derzeit noch nicht absehen. 

Bundespartei unter der Lupe 

Im Juni präsentierte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erstmals einen Verfassungsschutzbericht, in dem der Bundes-AfD ein eigenes Kapitel gewidmet ist. Darin werden Verbindungen der Partei zur Neuen Rechten beschrieben: "Dabei handelt es sich nicht um zufällige, sondern um strukturelle Verbindungen innerhalb eines strategisch agierenden Netzwerks." Sie seien "in wesentlichen Teilen von gemeinsamen politischen Überzeugungen getragen". 

Dem Erfolg der AfD schadet die Beobachtung offensichtlich nicht: Sie erlebt in Umfragen einen Höhenflug. Selbstsicher überzieht sie den Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes Thomas Haldenwang mit Klagen. Der hingegen scheut keine Auseinandersetzung mit der AfD, warnt öffentlich vor ihr, sie gefährde die Demokratie. 

AfD-Landeschef sympathisiert mit rechtsextremer Identitärer Bewegung 

AfD-Co-Landeschef Andreas Lichert nannte die Beobachtungs-Absicht der Verfassungsschützer vor einem Jahr "mehr als dreist". Die Motive seien politisch, das Landesamt habe sich instrumentalisieren lassen, um "den Druck auf die Mitglieder zu erhöhen".

Lichert macht allerdings keinen Hehl daraus, mit der völkisch orientierten Identitären Bewegung zu sympathisieren. Der Verfassungsschutz beobachtet diese Gruppierung und bewertet sie als rechtsextrem. 

Sein Co-Landesvorsitzender Robert Lambrou betont immer wieder, seine Partei sei bürgerlich-konservativ. Mit Blick auf die juristische Auseinandersetzung sei ihm wichtig, "dass eine Beobachtung aus unserer Sicht einer sachlichen Überprüfung der Begründung nicht standhält." 

AfD-Nachwuchs in Hessen unter Beobachtung 

Anders als den AfD-Landesverband beobachten die Verfassungsschützer den hessischen Jugendverband, die Junge Alternative. Auf Parteitagen ist sie mit Werbemittel-Ständen präsent.

Im vergangenen Verfassungsschutzbericht heißt es, die JA Hessen sei "sichtlich darum bemüht, sich als 'bürgerliche' Parteijugend zu inszenieren". Es handele sich aus Sicht des Landesamtes aber um eine rechtsextremistische Gruppierung, die bestimmten Bevölkerungsgruppen eine "um sich greifende Eroberer-Mentalität" anlaste.  

Weitere Informationen

Sendung: hr-iNFO, 23.08.2023, 6 Uhr

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Quelle: hessenschau.de