Blick von oben auf das Frankfurter Stadion und die Skyline

Erst der Fußball, dann der Wald - das scheint das Motto der Stadt Frankfurt zu sein. Eine für den Bau des WM-Stadions gerodete Fläche lässt sie einfach nicht aufforsten. Sie argumentiert mit nötigen Parkplätzen für Fußballfans. Jetzt schaltet sich das Umweltministerium ein.

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Zankapfel Stadionwald: Land prüft Sanktionen gegen Stadt Frankfurt

Das Stadion von Eintracht Frankfurt in der Außenansicht gegen das Licht fotografiert, so dass es unter funkelnder Sonne fast wie ein Scherenschnitt erscheint.
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Jeder Häuslebauer in Frankfurt kennt das: Wer einen Baum auf seinem Grundstück fällt, muss entweder als Ersatz einen neuen Baum pflanzen oder eine Abgabe zahlen. Wer das nicht tut, bekommt Ärger mit der Verwaltung. Die Stadt selbst dagegen nimmt es mit ihren eigenen Auflagen dagegen nicht so genau, wie die Geschichte vom Wald am Waldstadion zeigt.

Die Stadt ließ vor fast 20 Jahren rund zwei Hektar Wald roden, eine Fläche von drei Fußballfeldern, um für die Fußball-WM 2006 ein neues Stadion zu bauen, das inzwischen offiziell Deutsche Bank Park heißt. 2002 bekam die Stadt die Genehmigung dafür - verbunden mit der Auflage, die gleiche Fläche Wald wieder aufzuforsten. Doch das hat die Stadt bis heute nicht getan.

Stadt: Ersatzfläche wird für EM 2024 gebraucht

Dabei ist die Fläche zur Aufforstung längst festgelegt: Es handelt sich um eine Lichtung an der Isenburger Schneise im Stadtwald, die derzeit bei Spielen oder Konzerten im WM-Stadion als Parkplatz genutzt wird. Rund 1.500 Autos finden dort Platz.

Diese Fläche wird jedoch, wie das städtische Umweltdezernat auf hr-Anfrage mitteilt, noch bis zur Fußball-Europameisterschaft 2024 als Parkplatz gebraucht. Im Frankfurter Stadion sollen fünf EM-Spiele ausgetragen werden. Erst danach könne man sich um die Aufforstung kümmern, heißt es vom Umweltdezernat.

Verantwortlich sind drei Grünen-Politikerinnen

Rund 20 Jahre nach der Rodung würde Frankfurt dann anfangen, Ersatz zu schaffen - eventuell. Konkret beschlossen sei noch nichts, räumt das städtische Umweltdezernat ein, das die Grünen-Politikerin Rosemarie Heilig führt. Der hessischen Umweltministerin Priska Hinz, ebenfalls Grüne, ist das offenbar zu gemächlich. Auf hr-Anfrage kritisiert ihre Sprecherin ein "Vollzugsdefizit" bei der vereinbarten Aufforstung.

Laut Aufforstungsbescheid des Regierungspräsidiums von 2002 sollte die Stadt nach dem Stadionbau den gerodeten Wald "zeit- und ortsnah" wieder aufforsten. Eine konkrete Frist wurde nicht gesetzt, aber rund 20 Jahre später können wohl kaum als zeitnah gelten.

Das Umweltministerium verlangt, das Defizit müsse "so zügig wie möglich" behoben werden. Von der Fußball-EM als Grund für einen Aufschub ist nicht die Rede. Außerdem will das Ministerium Sanktionen gegen die Stadt Frankfurt prüfen. Das Umweltministerium ist die oberste Forstbehörde in Hessen.

Es ist das erste Mal, dass die Stadtverwaltung - zumindest verbal - wegen des gerodeten und nicht wieder aufgeforsteten Waldes öffentlich Druck von oben bekommt. Die eigentlich zuständige Behörde, das Regierungspräsidium Darmstadt, gab zuvor auf hr-Anfrage das Argument der Stadt wieder, die Ersatzfläche werde eben noch als Parkplatz gebraucht. Außerdem sehe das Waldgesetz gar keine Sanktionsmöglichkeiten vor, meldete die Behörde, die mit Brigitte Lindscheid von einer weiteren Grünen-Politikerin geführt wird.

Frankfurter Lokalpolitiker kämpft für Aufforstung

Erst der Fußball, dann der Wald - das war offenbar bis hin zu den Grünen jahrelang Konsens in Frankfurt. Nur ein Politiker hat sich dem in den vergangenen Jahren öffentlich widersetzt: Reinhard Klapproth. Auch er ist ein Grüner, aber nur ein einfaches Mitglied des zuständigen Ortsbeirats, also des Stadtteilparlaments. Immer wieder hat er dort die Aufforstung verlangt, bisher ohne Erfolg.

"Gegen den Fußball hat man es eben schwer", sagt Klapproth. Aber er findet: 20 Jahre lang hätten die autofahrenden Fußballfans Vorfahrt gehabt. Jetzt sei endlich der Wald an der Reihe. Vielleicht findet er jetzt in Ministerin Hinz eine Parteikollegin, die ihn unterstützt.

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