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Kritik an FDP-Führung aus Kassel

Matthias Nölke im Fokus, davor unscharf Christian Lindner

Lieber nicht regieren als falsch regieren - das möchte unter anderem der Kasseler FDP-Vorsitzende. Er stieß daher in seiner Partei eine Mitgliederbefragung zum Austritt aus der Ampel-Koalition an. Die Zentrale in Berlin gehe damit aber schlecht um, findet er.

Wenige Tage vor dem Ende der FDP-Mitgliederbefragung zum Verbleib in der Ampel-Koalition wirft einer der Initiatoren, Matthias Nölke, der Parteiführung mangelnde Transparenz vor. "Uns Initiatoren gegenüber schweigt die FDP-Spitze weitgehend", sagte der Kasseler FDP-Vorsitzende Nölke der Zeitung Tagesspiegel (Freitagausgabe). Bundesgeschäftsführer Michael Zimmermann habe seine schriftlich gestellten Fragen zur Mitgliederbefragung weitgehend unbeantwortet gelassen.

Man wisse zum Beispiel nicht, wann und wie die Auszählung erfolge und wie die Ergebnisse bekannt gegeben werden sollten. Die Parteizentrale agiere "wenig transparent und wenig souverän", sagte der Kasseler FDP-Kreisvorsitzende.

Die Mitgliederbefragung begann Mitte des Monats und läuft nach FDP-Angaben noch bis 1. Januar. Nach dem Abschluss der Befragung will die Geschäftsstelle der Partei Gremien und Mitglieder über das Ergebnis informieren.

Das Ergebnis ist - und das ist entscheidend - jedoch nicht bindend für etwaige Schritte der Bundespartei.

"Kompromiss zur Haushaltskrise grüne Politik pur"

Die Initiative folgte auf einen offenen Brief von 26 Landes- und Kommunalpolitikern der FDP. Sie forderten nach den schlechten Wahlergebnissen in Hessen und Bayern, dass die FDP die Wahl ihrer Koalitionspartner überdenken müsse.

Nölke, der bis 2021 Bundestagsabgeordneter war, kritisiert, dass die FDP sich in der Koalition mit SPD und Grünen zu wenig durchsetze: "Der Koalitionskompromiss zur Haushaltskrise ist ein Schlag ins Gesicht der FDP-Wähler. Wir erhöhen die CO2- und die Verpackungssteuer, wir streichen die Agrardiesel-Beihilfen, heizen die Inflation weiter an." Das sei grüne Politik pur.

Der Kasseler Kreisvorsitzende äußerte die Befürchtung, dass die FDP auch das Aussetzen der Schuldenbremse 2024 mittragen werde. "Weitere Wahlniederlagen werden die Quittung sein", prognostiziert Nölke. Ob es infolge des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts gegen die Ampel auch im kommenden Jahr eine Ausnahme von der im Grundgesetz festgeschriebenen Kappung der Schuldenneuaufnahme des Bundes geben soll, ist nicht entschieden.

Kubicki: FDP hat viel erreicht

Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki rief die Parteimitglieder zur Teilnahme an der Befragung zum Verbleib der Liberalen in der Ampel-Koalition auf. "Wir verstehen uns als Mitmachpartei, deshalb ist das Quorum so niedrig. Dann sollten nun auch möglichst alle Mitglieder mitmachen, an der Abstimmung teilnehmen - und mit Nein stimmen", sagte Kubicki der Tageszeitung Welt am Donnerstag.

Die These, dass das Profil der FDP verwässert sei, sei "nämlich schlicht falsch", findet Kubicki. Die Initiatoren hätten fünf Wochen gebraucht, um gut 500 Unterschriften zu sammeln. "Das ist also keine Massenbewegung", sagte der FDP-Vize.

Die FDP habe vieles erreicht in der Ampel, betonte er: "Wir sind die Einzigen, die noch für eine solide Haushalts- und Finanzpolitik einstehen." Kubicki räumte aber ein: "Ja, wir mussten Abstriche machen. Aber wir sorgen dafür, dass es keinen neuen Notlagenbeschluss für 2024 geben wird, die Schuldenbremse eingehalten und die Schuldenquote gesenkt wird. Diese Erfolge lassen wir uns nicht kaputtreden."

Stark-Watzinger: Wir sind richtig in der Regierung

Die Initiatoren der Mitgliederbefragung seien naiv, wenn sie glaubten, durch ein Ende der Ampel-Koalition der FDP zu helfen. Man könne kaum mit dem Slogan in den Wahlkampf ziehen: "Wir haben zwar versagt, aber wählt uns doch bitte trotzdem! So naiv kann man nicht sein", sagte Kubicki.

Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger, zugleich die hessische FDP-Landesvorsitzende, sagte der Zeitung Augsburger Allgemeine am Donnerstag, es sei "das gute Recht der Mitglieder, sich zur Koalition zu äußern". Auch sie sprach sich für ein Nein in der Befragung aus. Kompromisse schließen zu müssen, sei normal, und die FDP habe viel bewegt. "Ich bin deshalb überzeugt, dass es richtig ist, dass wir Teil dieser Regierung sind und bleiben", sagte Stark-Watzinger.