Matthias Nölke im Fokus, davor unscharf Christian Lindner

Wenn es nach dem Kasseler FDP-Vorsitzenden Matthias Nölke geht, sollte seine Partei die Ampelkoalition in Berlin lieber heute als morgen verlassen. Dafür will Nölke den Bundesvorstand zu einer Mitgliederbefragung bringen.

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Kasseler FDP-Chef fordert Austritt aus Ampel

hessenschau vom 24.10.2023
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Es läuft nicht gut für die FDP im Moment. In Hessen ist sie mit 5,0 Prozent so gerade wieder in den Landtag eingezogen, spielt aber bei den Sondierungsgesprächen keine Rolle. In vielen anderen Bundesländern ist sie nicht mehr in den Parlamenten vertreten, und auf Bundesebene würde die Partei aktuellen Umfragen zufolge nicht sicher über die Fünf-Prozent-Hürde kommen. 

Deutlich schlechtere Werte als noch bei der Bundestagswahl 2021: Das ist ein Schicksal, das die FDP sich mit den anderen beiden Parteien in der Berliner Ampel-Koalition teilt, auch Grüne und SPD haben zuletzt deutlich an Stimmen verloren. Damit ist aus Sicht von Matthias Nölke aus Kassel auch beschrieben, welches Problem die FDP derzeit hat – und wie sie es lösen kann.

 

500 Unterschriften für eine Mitgliederbefragung 

Nölke ist Kreisvorsitzender der FDP in Kassel und seit Oktober Kämmerer der Stadt. Er findet: Die Ampel ist ein Fehler, weil sie – wie er sagt – an den Menschen vorbei regiere und die FDP für die Inhalte der Koalitionspartner mitverantwortlich gemacht werde.

"Der Unmut über die Ampel ist groß, das haben wir auch im Wahlkampf gemerkt. Die Motivation der Mitglieder, auf die Straße zu gehen und Wahlkampf zu machen, war sehr überschaubar", sagt er dem hr. 

Nölke will deshalb demnächst 500 Unterschriften bei Parteimitgliedern sammeln und damit den Bundesvorstand seiner Partei dazu bringen, eine Mitgliederbefragung durchzuführen. Mit der Frage: Sollte die FDP die Ampelkoalition in Berlin verlassen? Über sein Vorhaben hatte zunächst die Bild berichtet. 

FDP-Landesverband will sich nicht äußern 

Der Landesverband der FDP möchte sich zu Nölkes Vorhaben nicht öffentlich äußern. Ob man es dort aber für eine gute Idee hält, bei schlechten Umfragewerten in der laufenden Legislaturperiode eine Koalition zu verlassen, so dass womöglich neu gewählt werden müsste, darf zumindest bezweifelt werden. 

Nölke allerdings glaubt nicht, dass die FDP bei einer möglichen Neuwahl für ihr Verlassen der Koalition abgestraft würde – er vermutet im Gegenteil, dass die Wähler die Partei für ihre klare Kante belohnen würden. 

Juli-Vorsitzender: Das letzte, was die FDP gerade braucht 

Zweifel an Nölkes Plänen äußert Jorias Bach von den Jungen Liberalen (Julis) dafür umso deutlicher. Bach ist der Vorsitzende der JuLis in Hessen, er kommt wie Nölke aus Nordhessen. Da enden die Gemeinsamkeiten aber, Bach bezeichnet sich selbst als "Ampel-Fan" und zählt auf, was die FDP in der Koalition im Bund schon alles geschafft habe: zum Beispiel das Startchancen-Programm oder die Bafög-Reform. 

"Ich kann jeden verstehen der nach solchen Wahlergebnissen frustriert ist. Es ist auch nicht abwegig, da den Grund in Berlin zu sehen", sagt er dem hr. "Aber wer in der FDP ist, will auch gestalten, und wir haben eine staatstragende Verantwortung." 

Darüber hinaus brauche Deutschland angesichts der vielen Krisen in der Welt gerade eine stabile Regierung und nicht noch mehr ampelinternen Aufruhr.  

Nölke sieht "Denkfehler" bei Ampel-Treuen 

Dieser Aspekt kommt in der Argumentation von Matthias Nölke nicht vor. Aus seiner Sicht muss die FDP die Ampel verlassen, um nicht völlig unglaubwürdig zu werden: "Die FDP sagt ja immer 'Wir verhindern Schlimmeres', aber das ist meiner Meinung nach ein Denkfehler, weil die FDP erst rot-grüner Politik zur Mehrheit verhilft." 

Nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers Wolfgang Schroeder von der Universität Kassel rumort es gerade stark bei den Liberalen, die deutschlandweit rund 77.000 Mitglieder zählen. Er bezweifelt nicht, dass sich 500 Unterzeichner für die Aufforderung zu einer Mitgliederbefragung finden würden: "Die Unzufriedenheit ist in manchen Regionen sehr stark, gerade bei denen, die in den letzten Jahren Landtagswahlen verloren haben und das darauf zurückführen, dass die FDP in der Ampel ist."  

Was die Partei macht, steht auf einem ganzen anderen Papier 

Die Satzung der FDP sieht vor, dass jedes Mitglied das Recht hat, 500 Unterschriften zu sammeln, um eine Mitgliederbefragung durchzusetzen. Ein solcher Antrag muss schriftlich bei der Bundesgeschäftsstelle der Partei eingehen und, so die Satzung, von allen Antragstellern eigenhändig unterschrieben sein. 

In der Regelung steht aber auch: "Die Organe der Partei sind (…) nicht an das Ergebnis der Mitgliederbefragung gebunden." Heißt im Klartext: Wie die Partei mit dem, was ihre Mitglieder antworten, umgeht, bleibt ihr überlassen. Es ist also ein steiniger Weg, will Nölke sein Vorhaben umsetzen und die Partei zum Ampel-Ausstieg bewegen. Und das scheint noch optimistisch ausgedrückt. 

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