Eine Person tippt auf einem Laptop in das Programm ChatGPT.

Wie sollen Schulen mit Künstlicher Intelligenz wie ChatGPT umgehen? In einem Leitfaden für Lehrkräfte setzt Hessens Kultusminister Alexander Lorz jetzt die Weichen für einen verstärkten, aber wachsamen Einsatz im Unterricht.

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Umgang mit Künstlicher Intelligenz an Schulen

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Wikipedia kopieren war vorgestern, für schriftliche Hausaufgaben oder Referate verwenden viele Schülerinnen und Schüler übers Internet längst Tools wie ChatGPT. Und das sogar bei der schriftlichen Abi-Prüfung, wie Fälle aus Hamburg zeigen

Hessen Kultusminister Alexander Lorz (CDU) will in Künstlicher Intelligenz (KI) aber mehr sehen, als nur eine Hilfe für Schummler: Zum Wochenbeginn hat er per Mail an die Lehrerschaft erstmals einen Ratgeber mit dem Titel "Künstliche Intelligenz (KI) in Schule und Unterricht" versandt.

"Wir möchten Lehrkräfte in Hessen ermutigen, die Möglichkeiten der KI zu erkunden und sie sinnvoll in den Unterricht einzubauen", lautet seine Botschaft. "Außerdem werden wir sie sowieso nicht mehr los", sagt Lorz.

Eine Mischung aus Pragmatismus und Wachsamkeit

Inzwischen setzen Lehrerinnen und Lehrer an Hessens Schulen KI-Programme auch schon ein - je nach Kenntnis und Haltung zu der Technologie.

Programme wie der Chatbot ChatGPT oder der Bildgenerator Midjourney durchforsten lernend das Netz, verarbeiten Unmengen von Daten. So können sie Aufgaben lösen: Komplexe Texte schreiben, übersetzen oder sprechen und Bilder und Musikstücke komponieren. Die Inhalte sind von menschlichen Produkten inzwischen oft nicht mehr zu unterscheiden.

In seinem 32 Seiten langen, "Handreichung" genannten KI-Leitfaden versucht es das Kultusministerium nun mit einer Mischung aus aufgeschlossenem Pragmatismus und kritischer Wachsamkeit.

Das sind wesentliche Punkte des KI-Papiers für Hessens Schulen: 

  • Kann, muss aber nicht: Der Einsatz von KI ist Schülern und Lehrern freigestellt. Denn datenschutzrechtlich geprüfte und freigegebene KI-Anwendung gebe es nicht. Lehrer können den Dienst-Account nutzen, volljährige Schüler einen bestehenden Privataccount. Wer nicht mitmachen will, soll keine Nachteile haben.
  • Wo was geht: Ein Gedicht zum Nachrichtentext formen, ein van-Gogh-Gemälde verfremden: Als "Impuls zur Texgestaltung", als "Werkzeug für kreatives Arbeiten", zum Prüfen, Übersetzen, Umwandeln und als Anregungsgeberin ist KI beispielsweise willkommen. Lehrer sollen sie auch zur Gestaltung von Arbeitsblättern, Aufgaben oder fürs Feedback nutzen - nicht zuletzt, damit mehr Zeit für anderes bleibt.
  • Herr der Maschine bleiben: Den Umgang mit der KI zu erlernen, wird als Förderung der Medienkompetenz begriffen. Dazu gehört auch, Grenzen und Fallstricke zu erkennen: fehlerhafte oder einseitige Quellen, Framing und Fake News, Urheberrechte und Datenschutz.
  • Nicht zu persönlich werden: Auf den Datenschutz sollen Lehrer achten. Persönliche Angaben von Schülern dürfen den Tools nicht geliefert werden.
  • Auch Schummeln 4.0 ist verboten: Schüler sollen lernen, sauber mit den Programmen zu arbeiten. Wer sie nutzt, soll es kenntlich machen, damit Leistung individuell zugeordnet werden kann.
  • Mehr Fortbildung wagen: Hilfen für Lehrer gibt es bereits, etwa auf dem Bildungsserver des Landes. Die Medienzentren und die Lehrkräfteakademie sind laut Ministerium dabei, ihre Angebote auszubauen.
  • Die Hausaufgabe ist tot: Aber bloß die klassische, weil es die KI gewesen sein könnte. Der gekonnte Umgang mit der KI selbst wird nun öfter selbst die Aufgabe sein. Das Papier gibt Ratschläge, wie Schüler den Einsatz von ChatGPT dokumentieren sollen.

Lob der Experten

 "Die Hausaufgaben-Regelung ist der schwammigste Teil in der Handreichung ", sagt Jan Eggers, Redakteur und KI-Experte des hr. Trotzdem hält er den Ratgeber für sehr gelungen. 

Und das nicht nur, weil die Informationen zum aktuellen Stand der KI mit der Darstellung von Chancen und Risiken solide seien. "Es spricht für das Papier, dass es deutlich mehr erklärend als reglementierend verfasst ist", sagt Eggers. 

Auch Doris Weßels, Wirtschaftsinformatikerin und KI-Expertin der FH Kiel, begrüßt die Initiative in Hessen. Gleichzeitig hat sie bundesweit großen Nachholbedarf ausgemacht: "Wir müssen bei diesem Thema mehr Tempo machen." Schließlich könne man auf die Technologie seit November des vergangenen Jahres zurückgreifen. 

Oder kommt jetzt der digitale Super-GAU?

Aber es gibt auch kritische Stimmen zum KI-Gebrauch in der Schule. Gerade sprach der Bildungswissenschafter Gottfried Böhme in der FAZ sogar von "digitaler Verseuchung" im Klassenzimmer und warnte: "GPT bricht der Schule das Rückgrat." Abgesehen von wenigen besonders motivierten Schülern seien die meisten bald wohl nicht mehr dazu zu bewegen, die Mühen des Selber-Lernens auf sich zu nehmen. 

KI-Expertin Weßels sieht ein andere Schere zu weit offen: Noch seien Schüler und Studenten die "Power-User" von KI, nicht Lehrer und Dozenten. Die seien in Zukunft auch noch laufend gefordert, immer wieder neue KI-Produkte "kreativ in die Arbeit einzubinden". 

Das gilt nach Überzeugung des Kultusministeriums in Wiesbaden auch für seine gerade erst verschickte Handreichung. Aufgrund der "dynamischen Entwicklung" auf dem Gebiet soll das Papier immer wieder erneuert werden.

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Interview: Expertin fordert mehr Tempo beim Umgang mit KI

Schülerinnen und Schüler an ihren Laptops
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