Chef des Frankfurter Revisionsamts macht Schluss "Die 'Spaßbremse' müssen jetzt andere geben"
Hans-Dieter Wieden war jahrelang der wichtigste Kontrolleur öffentlicher Ausgaben in Frankfurt: Als Chef des Revisionsamtes ermahnte er Entscheider, verantwortlich mit Steuergeld umzugehen. Kritik äußerte er auch öffentlich. Ein Interview zum Abschluss seiner Amtszeit.
Mehr als fünf Milliarden Euro an Einnahmen und Ausgaben hat die Stadt Frankfurt jedes Jahr - das ist mit Abstand der größte Haushalt aller hessischen Städte. Damit das Geld sparsam und wirtschaftlich ausgegeben wird, braucht es Menschen wie Hans-Dieter Wieden. Der 64-Jährige leitet seit 2011 das Revisionsamt der Stadt. Nach fast 15 Jahren im Amt wird er an diesem Donnerstag in den Ruhestand verabschiedet.
Im Interview zieht Wieden Bilanz: Was läuft aus seiner Sicht in Frankfurt gut - und wo gibt es bei der Kontrolle öffentlicher Ausgaben Handlungsbedarf?
Das Gespräch führte Volker Siefert für hessenschau.de.
Ende der weiteren Informationenhessenschau.de: Herr Wieden, was macht ein Revisionsamt?
Hans-Dieter Wieden: Wir bezeichnen uns gerne scherzhaft als Spaßbremsen, weil wir die Aufgabe haben, auf einen wirtschaftlichen Umgang mit den Steuermitteln zu achten.
hessenschau.de: Was wünschen Sie sich dabei von Kommunalpolitikern?
Wieden: Dass sie sich stets bewusst sind, dass es sich bei dem Geld, das sie ausgeben, um Steuermittel handelt - also um das Geld der Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen. Sie sollten mindestens die gleichen Grundsätze anwenden, wie wenn sie mit ihrem eigenen Vermögen umgehen würden.
hessenschau.de: Ihr Wort hatte in der Frankfurter Stadtpolitik Gewicht – auch, weil Sie sich öffentlich in Debatten eingemischt haben. Was zählen Sie zu Ihren Erfolgen?
Wieden: Als die Diskussion um die Städtischen Bühnen losging, wurde in der Politik mehrheitlich eine Sanierungsmaßnahme bevorzugt.
Durch unsere kritische Begleitung der Debatte hat sich der Magistrat dann von der Sanierung des Schauspielhauses verabschiedet, da damit noch größere Kostenrisiken verbunden gewesen wären.
hessenschau.de: Planbarkeit bedeutet nun eine Größenordnung von 1,2 bis 1,5 Milliarden Euro für den Neubau von Schauspiel und Oper. Wie haben Sie dafür gesorgt, dass es am Ende keine bösen Überraschungen gibt?
Wieden: Früher herrschte in Frankfurt, wie andernorts auch, der "Fluch der ersten Zahl". Diese wurde von den Kommunalpolitikern meist zu niedrig angesetzt, um genügend Zustimmung zu erhalten.
Wir haben gemeinsam mit der Kämmerei (Haushaltsbehörde, Anm. d. Red.) dafür gesorgt, dass die Zahlen Jahr für Jahr an die Teuerungsrate angepasst im Haushalt hinterlegt werden müssen. Heftige Kostenexplosionen von der Projektplanung bis zur Einweihung sind damit nicht mehr möglich.
hessenschau.de: Die Beschaffung von Schulraum ist eine der größten Herausforderungen für die Stadt. Der Magistrat hat sich für die Anmietung ehemaliger Verwaltungsgebäude entschieden. Was halten Sie von dieser Idee?
Wieden: Ich halte sie nicht für gut, was ich den Verantwortlichen auch mitgeteilt habe. Ehemalige Verwaltungsgebäude sind mit sehr hohen Umbaukosten verbunden.
Das führt letztlich dazu, dass die Miete, die wir als Stadt für diese umgebauten Gebäude entrichten müssen, deutlich höher ist als bei einer Umsetzung von Neubauvarianten in Eigenregie.
hessenschau.de: Die AWO-Affäre hat die Gemüter erhitzt, weil in dem überwiegend von öffentlichen Geldern finanzierten Frankfurter Sozialverband luxuriöse Gehälter und Dienstwagen üblich waren. Welche Lehren haben Sie daraus gezogen?
Wieden: Die eigentliche Lehre aus der AWO-Affäre wäre, dass solche Vereine eine bessere interne Kontrolle benötigen. Schließlich sind das letztendlich Großunternehmen, die nach dem Vereinsrecht geführt werden. Eine wirksame interne Kontrolle können ehrenamtliche Kassenprüfer und Aufsichtsgremien da nicht ausüben.
Die Stadt Frankfurt kann das nicht allein beeinflussen. Es müsste jetzt tatsächlich eine Initiative auf Bundesebene geben, die sich damit auseinandersetzt und neue rechtliche Lösungen findet, wie solche konzernähnlichen Verbände angemessen kontrolliert werden können.
hessenschau.de: Frankfurt hält je nach Zählweise Beteiligungen an bis zu 680 Unternehmen. Einige, wie die Wohnungsbaugesellschaft ABG, gehören der Stadt ganz. Wünschen Sie sich dort mehr Transparenz?
Wieden: Ja, die Beteiligungsgesellschaft ist die Tochter, die Konzernmutter ist die Stadt. Das scheint bei dem einen oder anderen Geschäftsführer nicht so in den Mittelpunkt gerückt zu sein. Die Geschäftsführer-Gehälter sind teilweise deutlich höher als die Bezüge des Oberbürgermeisters oder auch des Stadtkämmerers, der ja formell für die Beteiligungssteuerung zuständig ist.
Die Pflicht, die Geschäftsführergehälter zu veröffentlichen, ist eine der Vorschriften, die am meisten missachtet wird. Wenn überhaupt, lassen sich die Gehälter nur in der Summe feststellen. Hier würde ich mir mehr Transparenz wünschen.
hessenschau.de: Nach fast 15 Jahren als Frankfurts oberster "Kassenprüfer" gehen Sie nun in den Ruhestand. Was werden Sie dann tun?
Wieden: Ich habe eine Ausbildung zum Stadtführer gemacht und werde in meiner Heimatstadt Herborn Führungen durch die historische Altstadt anbieten. Die Frankfurter Stadtpolitik werde ich sicher aus der Ferne weiterverfolgen, die "Spaßbremse" müssen dann andere geben.