Darmstadt beschließt Verkehrskonzept Superblock wird endgültig zum Superflop
Darmstadts Magistrat hat für ein ausgewähltes Wohnquartier verkehrsberuhigende Maßnahmen beschlossen. Ursprünglich sollte dort Hessens erster Superblock entstehen, in dem der Autoverkehr auf ein Minimum reduziert wird. Von dieser Vision ist fast nichts mehr geblieben.
Es sollte Hessens erster Superblock werden, ein autoarmes Wohnquartier mit mehr Flächengerechtigkeit und Lebensqualität. Darmstadt wollte im Lichtenbergquartier ein Vorzeigeprojekt mit überregionaler Strahlkraft ins Leben rufen, an dem sich im besten Fall andere Städte ein Beispiel nehmen können.
Der Magistratsbeschluss vom Mittwoch aber zeigt: Von dieser Vision ist kaum etwas übrig geblieben.
"Das Verkehrskonzept wird nur teilweise umgesetzt", heißt es in der Mitteilung der Stadt zum Magistratsbeschluss. Das Gremium habe die Umsetzung "kostengünstiger" Maßnahmen aus Stufe eins beschlossen. Grund für die stark abgespeckte Version sei vor allem die angespannte Haushaltslage.
Erste Maßnahmen noch 2025
Demnach sollen noch in diesem Jahr Markierungs- und Beschilderungsmaßnahmen erfolgen, um vor allem Schulwege sicherer zu machen. In weiteren Schritten soll das Parken neu geordnet und einige Einbahnstraßen eingeführt werden. Auch Carsharing-Angebote und Fahrradabstellplätze sollen ausgebaut werden, an mehreren Stellen werden zudem Sensoren zur Messung von Lärm, Feinstaub und Klima installiert.
Mobilitätsdezernent Paul Wandrey (CDU) spricht selbst von "Kleinstmaßnahmen". Aus dem einstigen Verkehrsversuch, der wissenschaftlich begleitet werden sollte, ist offiziell ein "Verkehrskonzept" geworden. "Ziel der ersten Maßnahmen im Sinne des Mobilitätsfriedens ist es, den Verkehr zu beruhigen sowie die Verkehrssicherheit und die Aufenthaltsqualität im Quartier zu erhöhen", sagte Wandrey.
Der Magistratsbeschluss kommt allerdings nicht überraschend, schon Ende 2023 hatte Wandrey praktisch das Aus des Superblock-Projekts verkündet. "Das Projekt wurde gestoppt", sagte er damals.
Tatsächlich ist von der einstigen Vision nur noch wenig geblieben. Geboren wurde die Idee vom Superblock nach dem Vorbild der spanischen Stadt Barcelona noch unter Wandreys Vorgänger Michael Kolmer (Grüne) im Sommer 2022. Kolmer nannte es "autoarmes Bestandsquartier".
Sein formuliertes Ziel: "In dem Quartier soll nur noch der absolut notwendige Autoverkehr stattfinden." Der Verkehrsversuch sollte nach seinen Vorstellungen möglichst ein Vorbild für andere Städte sein und zur Nachahmung animieren.
Ursprünglich waren drei Stufen geplant
In seiner ursprünglichen Form sollte der Versuch in drei aufeinanderfolgenden Stufen erfolgen. Stufe eins beinhaltete demnach in einigen Straßen eine neue Verkehrsführung, das Verbot von Gehwegparken und die Umwandlung in Spielstraßen. In den Stufen zwei und drei sollte das Konzept ausgeweitet und auf weitere Straßen angewendet werden.
Im Herbst 2023 – Kolmer hatte im Frühjahr die OB-Wahl verloren – stellte der neue Mobilitätsdezernent Wandrey dann der Öffentlichkeit nach ausführlicher Bürgerbefragung das vermeintlich finale Superblock-Konzept vor.
Schon diese Version war gegenüber Kolmers Vision deutlich abgespeckt, bildete aber einen breiten Konsens ab und fand Zustimmung in der Bevölkerung. Nur wenige Wochen später verkündete Wandrey dann das endgültige Aus, das nun durch den Magistrat offiziell beschlossen wurde.