Janine Wissler (dpa)

Scharfe Worte haben die Bundesvorsitzende der Linken, Janine Wissler, und die hessische Linke für die Pläne der bisherigen Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht gefunden. Sie hatte in Berlin die Pläne zur Gründung ihres "Bündnis Sahra Wagenknecht" vorgestellt.

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Kritik an Sahra Wagenknechts Parteigründung

Sahra Wagenknecht
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Mit Empörung hat der Landesverband der Linkspartei auf die Parteigründungspläne von Noch-Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht reagiert. "Wer jetzt die Linke schwächt, nutzt der neoliberalen und rassistischen Politik der Ampel und unterstützt den Rechtsruck in diesem Land", hieß es am Montag in einer Mitteilung der hessischen Landesvorsitzenden Christiane Böhm und Jakob Migenda.

Es sei "unverantwortlich, dass eine kleine Gruppe seit Monaten unsere Partei von innen heraus angreift – auch während unseres wichtigen Landtagswahlkampfes", hieß es weiter. Wer auf den Listen der Linken gewählt wurde und sich an der Abspaltung beteiligt, müsse sein Mandat zurückgeben, forderten Böhm und Migenda.

Wissler: "Wir sind mit dem heutigen Tag geschiedene Leute"

Janine Wissler, die Bundesparteivorsitzende und ehemalige Chefin der hessischen Linken, fand am Montag gegenüber dem hr klare Worte für das Wagenknecht-Bündnis. Sie nannte den Schritt "unverantwortlich". "Wenn man feststellt, dass die Linke nicht mehr die eigene politische Heimat ist und man etwas Neues gründen will, dann hat jeder das Recht dazu. Aber anständig wäre es, die Mandate niederzulegen, dann bliebe der Fraktionsstatus erhalten und es würden Menschen nachrücken."

Wagenknecht und ihre Unterstützer, die die Partei nun verlassen hätten, trügen die Verantwortung dafür, dass die Fraktion ihren Status verliere. "Wir sind mit dem heutigen Tag quasi geschiedene Leute", sagte Wissler. Jetzt müsse man schauen, wie lange die Abwicklung dieser Scheidung dauere.

Neue Partei soll 2024 an den Start gehen

Nach monatelangen Spekulationen um eine Parteineugründung präsentierte die Linkenabgeordnete Sahra Wagenknecht am Montag in Berlin mit mehreren Mitstreitern das "Bündnis Sahra Wagenknecht". Der zunächst vorgestellte Verein sei gegründet worden, um eine neue Partei vorzubereiten.

Die Vorstandsmitglieder des Vereins "Bündnis Sahra Wagenknecht - Für Vernunft und Gerechtigkeit" (v.l)  Lukas Schön, Amira Mohamed Ali, Sahra Wagenknecht, Ralf Suikat und Christian Leye stehen vor der Pressekonferenz zur Gründung des Vereins nebeneinander.

Wagenknecht erklärte gemeinsam mit neun weiteren Bundestagsabgeordneten ihren Austritt aus der Linkspartei. Die neue Partei soll Anfang 2024 gegründet werden und zur Europawahl im Juni 2024 antreten. Bis zur Gründung wollen Wagenknecht und ihre Mitstreiter mit Mandat weiter in der Linken-Bundestagsfraktion bleiben, wie sie deutlich machten.

Al-Dailami: "Immer rabiater geworden"

Einer der insgesamt zehn aus der Linkspartei ausgetretenen Bundestagsabgeordneten ist Ali Al-Dailami aus Gießen. In einer Mitteilung begründete er, die Linke habe sich in den vergangenen Jahren "immer stärker in eine Richtung entwickelt, die kaum noch vereinbar ist mit dem, was mich einst als Hartz-IV-Betroffener motiviert hatte, einzutreten".  

Jenseits der "inhaltlichen Veränderungen" sei auch der "Umgang mit Minderheitenpositionen immer rabiater geworden", so Al-Dailami. Von Wagenknechts neuer Partei erhoffe er sich ein "Angebot für Freiheit, Frieden und soziale Gerechtigkeit".

Fraktionsstatus der Linken wankt

Mit der geplanten Parteigründung durch Wagenknecht verliert die Linken-Fraktion im Bundestag auf einen Schlag zehn Abgeordnete. Damit schrumpft die Linken-Fraktion von derzeit 38 auf nur noch 28 Mitglieder und verliert voraussichtlich ihren Fraktionsstatus, für den 37 Abgeordnete nötig wären.

Dies bedeutet neben weniger Rechten für die Linkspartei im parlamentarischen Betrieb auch den Verlust bedeutender Mittel der Bundestagsverwaltung, insbesondere für die Anstellung von Mitarbeitern.

Politologe Stecker: "Ein Angebot, das es so noch nicht gab"

Aber was bedeutet die angekündigte Parteigründung für das politische System? Nach Einschätzung von Christian Stecker vom Institut für Politikwissenschaft der TU Darmstadt ist das Angebot der künftigen Partei "geeignet, das Parteiensystem ordentlich durcheinanderzuwirbeln".

Wagenknecht habe mit ihrer Gruppe ein neues, linkskonservatives Angebot formuliert, das es bisher noch nicht gab, so Stecker. Sie positioniere sich skeptisch gegenüber Globalisierung und Migration, betone den Nationalstaat und verbinde dies mit traditioneller Umverteilungspolitik.

Der seit langem schwelende Prozess belastete auch die Landtagswahlkämpfe. Stecker sagte, er sei skeptisch, ob die verbleibende Linke noch genug Menschen anspreche, um die Fünf-Prozent-Hürde bei kommenden Landtags- und Bundestagswahlen zu überspringen.

In Hessen scheidet die Partei nach 15 Jahren aus dem Landesparlament aus. Sie hatte bei der Landtagswahl Anfang Oktober nur 3,1 Prozent erreicht.

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