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SPD-Kandidatin Isabel Carqueville im Porträt

Portrait Isabel Carqueville. Auf dem Foto eine kleine Grafik mit einer blau eingefärbten Fläche (Umriss Stadt Kassel), dem Wappen der Stadt und einem Wahlkreuz.

Die Kandidatur von Isabel Carqueville sorgt für dicke Luft in der Kasseler SPD. Einige Sozialdemokraten stellen sich im Wahlkampf gegen die Partei und werben für den amtierenden OB Geselle. Wird der Streit Auswirkungen auf das Wahlergebnis haben?

Auf dem Opernplatz in der Kasseler Innenstadt wirbt Isabel Carqueville mit Flyern und Kugelschreibern für sich als Oberbürgermeisterin. Ihr roter Infostand ist nicht zu übersehen. Zu der SPD-Politikerin haben sich bekannte Gesichter gesellt: Hans Eichel, Bertram Hilgen und Wolfram Bremeier. Alle drei waren einst Oberbürgermeister der documenta-Stadt und stehen hinter Carquevilles Kandidatur.

Doch Unterstützung gibt es nicht von der gesamten Partei. Nachdem es im vergangenen Jahr zu Streitigkeiten mit Kassels amtierendem Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD) kam, hatte dieser verkündet, bei der OB-Wahl am 12. März als unabhängiger Kandidat anzutreten. Einige Parteimitglieder stellten sich öffentlich auf Geselles Seite und stehen ihm im Wahlkampf zur Seite.

Diese Seite nehme sie in den Tagen vor der Wahl allerdings kaum wahr, sagt Carqueville. An den Infoständen sei die Resonanz sehr positiv, erzählt die 39-Jährige: "Ganz viele Leuten kommen auf mich zu und sagen: 'Gut, dass du antrittst und für eine neue SPD stehst.'"

Gewerkschafterin durch und durch

Carqueville kommt ursprünglich aus Gera. Zum Studium zog sie erst nach Bayreuth und 2003 nach Kassel. Die promovierte Erziehungswissenschaftlerin arbeitet als Referentin bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Hessen (GEW).

Seit 2012 ist sie in der SPD, von 2016 bis 2018 saß sie in der Kasseler Stadtverordnetenversammlung und war hochschulpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. Ihre politischen Schwerpunkte sind Arbeit und Bildung. Das spiegelt sich in ihrem Wahlprogramm wider.

Herzensthema Bildung

Als Oberbürgermeisterin möchte Carqueville ein 100-Tage-Programm umsetzen. Bildung hält die Gewerkschafterin für einen der wichtigsten Grundpfeiler der Gesellschaft. In den ersten 100 Tagen ihrer Amtszeit möchte sie deshalb die Weichen für eine Ganztagsbetreuung an allen Kasseler Grundschulen stellen. Für den Kasseler Osten schwebt ihr außerdem eine neue, integrierte Gesamtschule vor.

"Ich weiß, wie schlimm die Situation an den Schulen ist", sagt sie. Undichte Dächer oder ein ganzer Gebäudetrakt, der nicht betreten werden dürfe – der Sanierungsstau müsse dringend angegangen werden. Als Oberbürgermeisterin wolle sie das Thema zur Priorität machen.

Verkehrspolitik und Fachkräftemangel

In ihrem Programm verspricht sie des Weiteren den "Verkehrsfrieden". Die grün-rote Koalition war nicht zuletzt an einem erbitterten Streit über Radwege zerbrochen. Carqueville plant nun, alle Beteiligten wieder an einen Tisch zu holen. Das Ergebnis soll ein Verkehrsplan für die kommenden fünf Jahre sein.

Nicht nur im Bildungsbereich sei der Fachkräftemangel groß, auch im Handwerk, Gesundheitswesen, in der Verwaltung und in anderen Branchen fehle es an Personal. Als Oberbürgermeisterin möchte Carqueville Gespräche mit Gewerkschaften und der Industrie- und Handelskammer führen, um Angebote für Fachkräfte zu schaffen. Kassel brauche nicht nur mehr Ausbildungsplätze, sondern auch ein "Willkommenspaket", um neue Fachkräfte anzuwerben - zum Beispiel kostenlose ÖPNV-Tickets oder Kultur-Gutscheine.

Für Veränderungen im Rathaus

Carqueville möchte für einen anderen Politikstil stehen. "Ich möchte neue Wege gehen, viel auf Augenhöhe arbeiten und viel konstruktive Kritik in der Zusammenarbeit schaffen", erklärt sie. Mit ihrer Art würde sie sich vom amtierenden OB Christian Geselle abgrenzen, dem häufiger vorgeworfen wurde, sich im Ton vergriffen zu haben. Zuletzt war es in einem anonymen Brief um unangemessenes Verhalten gegenüber seinen Mitarbeitenden gegangen, was Geselle allerdings bestritt.

Es freue sie sehr, dass sie vor allem von jungen Frauen und Müttern Zuspruch erhalte, sagt Carqueville. Ihre Kandidatur sei Anlass für einige gewesen, in die SPD einzutreten. "Das war auch ein Ziel meiner Kandidatur, da eine Vorbildfunktion einzunehmen."

Aussichtsreiche Kandidatur?

Da in Kassel traditionell rot gewählt wird, könnte allein ihre Parteizugehörigkeit Carqueville Stimmen sichern. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs waren alle Oberbürgermeister der Stadt bis auf eine Ausnahme SPD-Mitglieder. Allerdings tritt Amtsinhaber Christian Geselle zur Wiederwahl an und könnte als unabhängiger Kandidat einige Stimmen der SPD-Wählerschaft erhalten. Der 12. März verspricht, ein spannender Wahlabend zu werden.

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