Zeichnung eines Mann und einer Frau, die auf Papiere starren und Fragen dazu haben.

Warum berichtet der hr über manche Parteien mehr als über andere? Beeinflussen die Medien den Wahlkampf? Hier erklären wir, wie Wahlberichterstattung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk funktioniert.

Über Wahlen zu berichten, ist für Journalistinnen und Journalisten besonders herausfordernd. Der hr hat als Teil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks den Auftrag, die Menschen in Hessen umfassend zu informieren, damit sie sich eine eigene Meinung bilden können. Häufig treten zu Wahlen allerdings eine Vielzahl an Kandidierenden und Parteien an, auf die es angemessen einzugehen gilt. Was bedeutet das?

Müssen Journalisten bei Berichten über Wahlen neutral sein?

In seiner Wahlberichterstattung ist der hr zu Überparteilichkeit und Ausgewogenheit verpflichtet. Anders als zum Beispiel Zeitungen darf der öffentlich-rechtliche Rundfunk keine Partei bevorzugt behandeln, damit sich die Wählerinnen und Wähler eine eigene Meinung über die Kandidierenden bilden können. Das ist gesetzlich festgelegt.

Gleichzeitig ist es Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, Nachrichten einzuordnen und zu bewerten. Auch vor Wahlen ist es deshalb ausdrücklich erlaubt, über einzelne Parteien zu berichten, wenn die aktuellen Entwicklungen dies erforderlich machen.

In Themenkonferenzen wägen die Redaktionen des hr tagtäglich nach journalistischen Grundsätzen ab, was für die Nutzer, Hörerinnen oder das Publikum besonders relevant ist, worüber also berichtet wird und worüber nicht. Diese Entscheidungskompetenz ist durch die Rundfunkfreiheit im Grundgesetz (Artikel 5) verfassungsrechtlich garantiert.

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Müssen Journalisten bei Wahlen neutral sein?

Ein Reporter hält ein Mikrofon in der Hand. Hinter ihm stehen mehrere Figuren in einer Reihe, die für die verschiedenen Parteien stehen sollen.
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Warum wird vor Wahlen über manche Parteien mehr berichtet?

Als Teil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks muss der hr die Parteien gleich behandeln. Gleichbehandlung heißt aber nicht, allen Parteien gleich viel Platz auf der Website oder die gleiche Menge an Sendeminuten in Hörfunk und Fernsehen einzuräumen. Denn bei der Vielzahl an Kandidierenden und Parteien würde das kaum zum Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beitragen, den Wählerinnen und Wählern mehr Durchblick zu verschaffen.

Im Parteiengesetz (Paragraf 5) steht, was stattdessen mit Gleichbehandlung gemeint ist: Nur Parteien mit gleichen Wahlchancen müssen gleichbehandelt werden, die Berichterstattung darf abgestuft werden. Die Bedeutung einer Partei bemisst sich dabei insbesondere nach den Ergebnissen vorangegangener Wahlen.

Über Parteien, die schon mit einer Fraktion im Parlament vertreten sind, wird in der Regel also mehr berichtet als über Parteien, die dort nicht vertreten sind. Das wird Prinzip der abgestuften Chancengleichheit genannt. Dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk diesem Prinzip folgen muss, haben Gerichte bis hin zum Bundesverfassungsgericht entschieden.

Die Wahlberichterstattung des hr folgt also zwei wichtigen Kriterien: Sind die Nutzer, Hörerinnen und Zuschauer über alle journalistisch relevanten Themen informiert? Und kommen die Parteien gemäß ihrer Bedeutung und ihren Wahlchancen in der Berichterstattung vor?

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Warum wird über manche Parteien mehr berichtet?

Auf einem Bildschirm sind mehrere Figuren zu sehen, die für die Abgeordneten stehen, außerdem eine Waage. Eine Frau steht vor dem Bildschirm und spricht.
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Wie wird in der Berichterstattung zwischen großen und kleinen Parteien unterschieden?

Der hr teilt die Parteien in zwei Kategorien ein. Zu den großen Parteien, die schon im Landtag und im Bundestag sitzen, zählen derzeit CDU, Grüne, SPD, AfD, FDP und Linke. Wenn zum Beispiel Interviews mit den Spitzenkandidaten geführt werden sollen, müssen alle sechs Parteien angefragt werden.

Ebenso gilt, dass zu einem TV-Duell oder -Triell alle Parteien eingeladen werden, die Anspruch auf das Amt des Ministerpräsidenten erheben und bei denen es realistisch erscheint, dass sie eine Regierung anführen könnten. In Hessen sind das neben CDU und SPD in diesem Jahr die Grünen.

Zu den kleinen Parteien zählt, wer es bei vergangenen Wahlen nicht über die Fünf-Prozent-Hürde geschafft hat oder zum ersten Mal zur Wahl antritt.

Bei einer Landtagswahl ist für diese Einteilung das jüngste Landtagswahlergebnis besonders wichtig, bei einer Bundestagswahl das zurückliegende Bundestagswahlergebnis. Auch andere Wahlergebnisse, etwa das Landesergebnis bei einer Europawahl, können in die Entscheidung einfließen.

Außerdem kann berücksichtigt werden, wie viele Mitglieder eine Partei hat und wie lange und kontinuierlich sie sich schon an Wahlen beteiligt. Vorwahlumfragen weisen ebenfalls auf die Wahlchancen hin. Details hierzu hat der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags zusammengefasst.

Dass die kleinen Parteien nicht in der Spitzenkandidatenrunde vertreten sind, heißt natürlich nicht, dass der hr nicht über sie berichtet. An Kandidatenchecks auf hessenschau.de zum Beispiel können sich alle Kandidatinnen und Kandidaten beteiligen, dort werden auch die Wahlprogramme aller Parteien vorgestellt. Fernsehen und Hörfunk berichten in ihren Programmen ebenfalls an geeigneter Stelle über alle Parteien.

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Wer legt die Regeln für TV-Duelle fest?

Auf einem Bildschirm steht in großen Buchstaben "TV-Duell", davor steht ein Reporter.
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Medien und Politik: Wer beeinflusst wen?

Medien geben durch ihre Berichterstattung jeden Tag Themen vor, die sie als relevant erachten. Dadurch beeinflussen sie zwangsläufig auch das Handeln von Politikern und Parteien. Wichtig ist deshalb, dass niemand alleine über die Themensetzung entscheidet. In den hr-Redaktionen sind immer mehrere Journalistinnen und Journalisten an der Auswahl beteiligt.

Ebenso wichtig ist, dass es viele unabhängige Medien gibt, sowohl öffentlich-rechtliche als auch private. Sie alle können eigene Schwerpunkte in der Berichterstattung setzen. Wenn sich eine Partei trotzdem benachteiligt fühlt, kann sie vor Gericht klagen oder eine Beschwerde beim Rundfunkrat einreichen, der sich dann nachträglich mit der Wahlberichterstattung befasst.

Und wie sieht es umgekehrt aus: Beeinflussen Politiker, worüber der hr berichtet? Dass der Ministerpräsident in der Redaktion anrufen würde, um ein Thema vorzuschlagen, ist so noch nicht passiert. Tatsächlich sitzen im hr-Rundfunkrat aber auch Vertreter der Parteien.

Der Rundfunkrat hat großen Einfluss: Er wählt beispielsweise den Intendanten und bestimmt, welcher Unternehmensbereich wie viel Geld bekommt.

Direkten Einfluss auf das Programm nimmt der Rundfunkrat aber nicht. Über die Themen entscheiden alle Redaktionen eigenständig.

Im Rundfunkrat sind die Politiker außerdem in der Minderheit. Seit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2014 darf der Rat maximal zu einem Drittel mit Landtagsabgeordneten besetzt sein. Die restlichen Mitglieder werden zum Beispiel von Gewerkschaften, Wirtschafts- und Sozialverbänden oder den Kirchen entsendet.

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Beeinflussen die Medien Wahlen?

Vor sechs Bildschirmen sitzen verschiedene Zuschauer und gucken das TV-Duell.
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