Demo gegen das hessische Versammlungsrecht im März in Frankfurt

Für Innenminister Beuth schafft das neue Versammlungsrecht mehr Klarheit und Sicherheit bei Demonstrationen. Kritiker befürchten dagegen Überwachung und Repressionen. Nun zieht die Linkspartei vor den Hessischen Staatsgerichtshof.

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Klage gegen Versammlungsfreiheitsgesetz

Demo gegen das hessische Versammlungsrecht im März in Frankfurt
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Angekündigt war der Schritt längst, jetzt ist die Fraktion der Linken im hessischen Landtag so weit: Sie wird in den kommenden Tagen beim Hessischen Staatsgerichtshof in Wiesbaden ihre Klage gegen das neue Versammlungsrecht des Landes einreichen.

Die Fraktion hält das im März von der schwarz-grünen Regierungskoalition verabschiedete Gesetz für verfassungswidrig. Der Staatsgerichtshof, der über die Landesverfassung wacht, soll die Regelung für nichtig erklären.

"Unser Ziel ist es, dass die Bürgerinnen und Bürger sich in Hessen wieder frei und ohne Angst vor Überwachung und Repressionen versammeln können", sagte Torsten Felstehausen, innenpolitischer Sprecher der Linken, am Montag in Wiesbaden.

Linke: "Vollprogramm für Beschränkungen"

Nach Meinung des Abgeordneten handelt es sich bei dem Gesetz nicht um das im offiziellen Titel versprochene "Versammlungsfreiheitsgesetz", sondern das Gegenteil: um ein "Vollprogramm von Beschränkungen der Demonstrationsfreiheit". Auch die Verfassungsmäßigkeit der Bannmeile um den Landtag soll der Staatsgerichtshof in diesem Zusammenhang überprüfen.

Die Klageschrift stellt nach Angaben der Linken der Berliner Staatsrechtler Clemens Arzt gerade fertig. Mit einer Entscheidung nach einer mündlichen Verhandlung rechne man erst nach der hessischen Landtagswahl am 8. Oktober.

Innenminister will Freiheit sichern und Ordnung wahren

Das neue Gesetz sollte das ursprünglich aus dem Jahr 1953 stammende Versammlungsgesetz des Bundes ablösen. Es regelt die Befugnisse für die Ordnungs- und Polizeibehörden. Innenminister Peter Beuth (CDU) lobte die Neuregelung, weil sie Klarheit schaffe und praxisnah sei.

Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit werde nicht eingeschränkt, sondern "maximal ermöglicht", sagte Beuth. Gleichzeitig gewährleiste man die Sicherheit von Beteiligten an Versammlungen ebenso wie die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Vor allem Ausschreitungen von Extremisten soll besser begegnet werden können.

Zu den Regelungen gehört unter anderem ein "Militanz- und Einschüchterungsverbot", wonach ein Auftreten untersagt ist, "das Gewaltbereitschaft vermittelt und einschüchternd wirkt". Dazu dient demnach auch das sogenannte Uniform-Verbot. Bei Anhaltspunkten für einen Verstoß soll nach dem neuen Gesetz eine Feststellung der Identität von Demonstranten leichter zulässig sein.

Breite Opposition gegen neues Recht

Während die Gewerkschaft der Polizei das Gesetz für "rundum gelungen" hält, befürchten Kritikerinnen und Kritiker: Polizei und Ordnungsämter könnten Spielraum für weitreichende Einschränkungen bei Demonstrationen erhalten haben. So gehe es zu weit, dass die Polizei bei Demonstrationen Bilder zur Übersicht anfertigen dürfe.

Protesten gegen das neue Gesetz hatten sich auch Organisationen wie Amnesty International, Attac und Friday für Future angeschlossen, aber auch autonome linke Gruppen. Im Landtag sah die gesamte Opposition die Sache mit unterschiedlicher Akzentuierung kritisch. So begrüßte die SPD-Fraktion den Schritt der Linken als "sinnvoll und richtig". Auch sie ist der Meinung, dass das Gesetz "zu tief in die Freiheitsrechte eingreift".

Außer Anmeldung gar keine Auflagen erlaubt?

In ihrer Klage will die Linke vor allem anbringen, dass die hessische Landesverfassung eine so umfassende Regelung des Versammlungsrechtes prinzipiell gar nicht erlaube. Mehr als eine reine Anmeldung von Demonstrationen sei ihr zufolge von Veranstaltern nicht zu verlangen.

In einer Anhörung vor dem Landtag hatte der Staatsrechtler Mathias Hong von der Hochschule Kehl diesen Einwand unter Hinweis auf Artikel 14 der Verfassung erhoben. Darin heißt es, alle Deutschen hätten das Recht, "sich ohne Anmeldung oder besondere Erlaubnis friedlich und unbewaffnet zu versammeln". Und weiter: "Versammlungen unter freiem Himmel können durch Gesetz anmeldepflichtig gemacht werden."

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Artikel 14 der hessischen Verfassung

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder besondere Erlaubnis friedlich und unbewaffnet zu versammeln.
(2) Versammlungen unter freiem Himmel können durch Gesetz anmeldepflichtig gemacht werden

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Demnach müssten für weitere Einschränkungen erst einmal die Landesverfassung geändert werden. Im Grundgesetz heißt es im zweiten Absatz von Artikel 8, der das Recht auf Versammlungsfreiheit festschreibt, unter freie Himmel könne das Recht "durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden".

Selbst wenn das Grundgesetz der Maßstab ist, bleibt die hessische Regelung nach Meinung der Linken "in weiten Teilen" verfassungswidrig. Als Beispiele nennt sie Pflichten der Versammlungsleitung zur Erhebung von Daten oder das Recht der Polizei zu Bild- und Tonaufnahmen und dazu, Informanten in Zivil inmitten der Schar der Demonstranten zu platzieren.

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Artile 8 des Grundgesetzes

1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

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Immer wieder Streit über Gesetze

Die Frage, ob Gesetze der schwarz-grünen Landesregierung verfassungsgemäß sind, führt im Landtag in den vergangenen Jahren immer wieder zu Streit - gerade auf dem Gebiet der Innenpolitik. Vor wenigen Tagen hat die Koalition ein neues Sicherheitspaket verabschiedet. Ein Hintergrund war, dass das Bundesverfassungsgericht die ursprüngliche Regelung über den Einsatz der Polizei-Analysesoftware Hessendata kassiert hatte.

SPD und FDP machen geltend, die Landesregierung breche auch mit der neuen Konstruktion der Hessischen Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit die Verfassung. Sie soll die Aus- und Fortbildung bei der Polizei bündeln. Die Kritiker bemängeln die Mischung von Hochschule und Polizeibehörde. Eingriffsrechte des Innenministers verletzten das Gebot, dass Wissenschaft staatsfern zu sein habe.

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