SPD-Landtagsabgeordneter Günter Rudolph

Nach 25 Jahren verlässt die SPD-Fraktion im hessischen Landtag die Oppositionsrolle. Ihr bisheriger starker Mann Günter Rudolph spielt dabei nur noch eine untergeordnete Rolle. Im entbrannten Machtkampf half nicht einmal die Fürsprache von Noch-Parteichefin Faeser.

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Machtkampf in Hessen-SPD: Rudolph ganz ohne Amt

hessenschau vom 16.01.2024
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Als sich zu Wochenbeginn die künftige CDU/SPD-Landesregierung der Öffentlichkeit präsentierte, fehlte ausgerechnet einer der maßgeblichen Wegbereiter der Koalition auf dem Gruppenbild. Günter Rudolph war bei der Besetzung der drei SPD-geführten Ministerien leer ausgegangen.

Nun steht fest: Der 67-Jährige bleibt nicht einmal Chef der SPD-Fraktion. Und das, obwohl Bundesinnenministerin Nancy Faeser sich in ihrer Funktion als SPD-Landesvorsitzende mit einem ungewöhnlichen Appell während der Vorstellung des Kabinetts öffentlich für ihren engen Vertrauten eingesetzt hatte.

Für Faesers "Vorschlag", Rudolph aufgrund seiner Verdienste und Qualitäten wenigstens als Chef der Fraktion wiederzuwählen, gab es offenbar keine sichere Mehrheit. Er trat erst gar nicht an. Statt ihm hat nun Tobias Eckert den Job. Der 43-Jährige, der wie Rudolph zum eher konservativen Parteiflügel gezählt wird, erhielt mit zwölf Stimmen nur eine Stimme mehr als seine zum linken Flügel zählende Gegenkandidatin Lisa Gnadl.

Tobias Eckert

Eigentlich nicht ungewöhnlich ...

Ungewöhnlich ist eine solche Abstimmung für die SPD nicht. Als Rudolph Nachfolger von der nach Berlin wechselnden Nancy Faeser wurde, lief die Abstimmung genauso knapp, auch damals war Gnadl die Gegenkandidatin.

Diesmal ist die Tragweite deutlich größer: Die Umstände, unter der sich die Wahl vollzog, offenbaren ein schweres Zerwürfnis und einen regelrechten Lagerkampf. Und das ausgerechnet innerhalb der Partei, die am Donnerstag mit der Konstituierung des neuen Landtags erstmals seit 25 Jahren die Rolle der Opposition wieder verlässt.

Lange hatte die SPD-Fraktion unter den Führungen von Ex-Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel und dann Faeser sowie Rudolph gebraucht, um sich von einer verheerenden Auseinandersetzung zu erholen. Sie hatte sich um die dann gescheiterte Bildung einer rot-grünen Landesregierung unter Duldung der Linkspartei vor eineinhalb Jahrzehnten unter der Ex-SPD-Vorsitzenden Andrea Ypsilanti gedreht.

Rhein verliert einen Anker

Nun wird die SPD als Nachfolgerin der Grünen neue Juniorpartnerin der CDU um Ministerpräsident Boris Rhein. Anders als mit Bouffier kann Rudolph gut mit dessen Nachfolger Rhein. Dessen Vertrauen zu Faeser und Rudolph wiederum war ein Anker, der die neue und eher konservativ ausgerichtete "christlich-soziale" Landesregierung halten sollte, wie sie im Koalitionsvertrag verankert ist.

Schon am ersten Tag der Koalitionsverhandlungen stand Rudolph aber im Schatten des zum linken Flügel zählenden SPD-Vize-Landesvorsitzenden Kaweh Mansoori. Der Bundestagsabgeordnete, der zuvor im Landtag lediglich als Fraktionsreferent eine Rolle spielte, wird als künftig starker Mann der Hessen-SPD gehandelt. Er könnte im Frühjahr Nachfolger von Faeser an der Spitze der Hessen-SPD werden.

Rhein setzt auf "vertrauensvolle Zusammenarbeit"

In der weder von Faeser noch von Mansoori gestoppten Auseinandersetzung setzte der rechte Parteiflügel mit Eckert nun immerhin einen der ihren durch. Nach hr-Informationen hatte der bisherige Vize-Fraktionschef aus Mengerskirchen (Limburg-Weilburg) noch kurz zuvor mit dem zum selben Lager zählenden Rudolph gesprochen, der dann selbst nicht mehr antrat.

In einer ersten Reaktion auf die SPD-Personalie sagte Ministerpräsident Rhein: "Jeder weiß, dass ich ein vertrauensvolles Verhältnis zu Günter Rudolph habe. Diese Koalition ist natürlich auch zustande gekommen, weil dieses Verhältnis besteht." Er sei sich aber sicher, dass auch die Zusammenarbeit mit Eckert vertrauensvoll sein werde.

Faeser und Rudolph waren parteiintern geschwächt, weil die SPD mit ihnen bei der Hessen-Wahl mit 15 Prozent ihr historisch schlechtestes Ergebnis holte. Der zum linken Lager zählende Juso-Parteinachwuchs hatte unmittelbar nach der Wahl personelle Konsequenzen und ganz ausdrücklich Rudolphs Rücktritt gefordert. Allerdings stand die Hessen-Wahl, wie Befragungen zeigten, vor allem unter dem Eindruck bundespolitischer Krisen.

Grüne: Regierungskrise schon vor Amtsantritt

"Die neue Regierung ist noch nicht mal im Amt, ist aber schon in der Krise" - so reagierte Grünen-Fraktionschef Mathias Wagner. Er sprach angesichts des Umgangs mit Rudolph von einem "schweren Schlag für die Stabilität des neuen Bündnisses".

Der Glaube von Regierungschef Rhein an eine solide Vertrauensbasis zwischen CDU und SPD könne sich als Irrtum erweisen, befand Wagner. Rhein hatte sich nach zehn Jahren Schwarz-Grün in Hessen gegen den bisherigen Partner und für die SPD entschieden.

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