Auf einem Vordruck für die Steuererklärung liegt vor dem Aktenordner mit dem Aufdruck "Finanzamt" ein Stift und eine Brille.  (dpa)

Hessische Steuerzahler sind stärker gefordert als sonst. Erst sollten viele eine Erklärung zur Grundsteuer abgeben, nun steht die Einkommensteuererklärung an. Damit kommen auch Finanzbeamte laut Gewerkschaft an ihre Grenzen.

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Grundsteuer, Einkommenssteuer: Finanzbeamte kommen an ihre Grenzen

Ein Schild zeigt zum Finanzamt, davor ist ein Warnsignal zu sehen.
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Sie haben offenbar alle Hände voll zu tun, mit der Grundsteuerreform, der größten Steuerreform der Nachkriegsgeschichte. Deren Umsetzung ist für die hessische Steuerverwaltung nach eigenen Angaben eine Mammutaufgabe.

Auf Anfrage des Hessischen Rundfunks heißt es bei der zuständigen Frankfurter Oberfinanzdirektion, die Finanzbeamten würden die eingehenden Erklärungen zur Grundsteuer auf Hochtouren bearbeiten und hätten bereits über 1,4 Millionen Bescheide verschickt.

Laut Oberfinanzdirektion haben Betroffene diese Bescheide in knapp 120.000 Fällen angefochten. Diese Einsprüche würden die Finanzämter auch wieder bearbeiten, aber das führe zu keiner Überlastung, ist in einer schriftlichen Stellungnahme zu lesen: "Für alle im Rahmen der Umsetzung der Grundsteuerreform anfallenden Tätigkeiten wurde ausreichend personelle Vorsorge getroffen." Vor vier Jahren habe man begonnen, zusätzliche Mitarbeiter einzustellen und entsprechend zu schulen.

Gewerkschaft: "Die Arbeitsbelastung ist enorm"

Wie sich die Reform auf die Bearbeitung der Einkommensteuererklärungen auswirkt, dazu äußert sich die Oberfinanzdirektion nur vage. Deren Pressestelle beteuert, dafür seien in den Finanzämtern unterschiedliche Mitarbeiter und Abteilungen zuständig. Ob die Reform dazu führt, dass Einkommensteuererklärungen liegen bleiben, das ließ die Behörde unbeantwortet.

Für die hessische Steuergewerkschaft liegt das auf der Hand. Auch dort äußert man sich nur schriftlich: "Aufgrund der Grundsteuerreform kämpft der Bürgerservice mit massenhaften Telefonanfragen", heißt es. Natürlich würden Mitarbeiter einspringen, die sich ansonsten zum Beispiel um die Einkommensteuer gekümmert hätten. Das sorge logischerweise für Verzögerungen, es brauche mehr qualifiziertes Personal.

Auch bei der Einkommensteuer ist mehr zu tun

"Wir hören von vielen Kollegen, dass überall die Arbeitsbelastung enorm ist", kritisiert die Gewerkschaft. In Folge hätten sogar zahlreiche Kollegen die Verwaltung verlassen. Bei der Oberfinanzdirektion will man das so nicht stehen lassen. Man habe inzwischen über 400 neue Mitarbeiter an Bord, die die Teams für die Grundsteuer verstärken würden. "Damit haben wir hier doppelt so viel Personal wie vorher." Insgesamt würden bei den Finanzämtern rund 10.000 Beschäftigte arbeiten.

Selbst ohne Grundsteuer haben die Finanzämter aber offenbar mehr als genug zu tun, und zwar mit den Einkommensteuererklärungen. Um die zu bearbeiten, könnten die Finanzbeamten mehr Zeit brauchen, weil die Erklärungen für 2022 nun oft zusätzlich Angaben zur Energiepreispauschale oder noch einmal Angaben zum Kurzarbeitergeld enthalten würden, meint Martin Frömel vom Bund der Steuerzahler Hessen: "Diese Hilfen dürften dazu führen, dass deutlich mehr Steuerzahler eine Erklärung abgeben müssen", so Frömel. Auch das führe in der Finanzverwaltung zu einer höheren Belastung.

Monatelanges Warten auf den Steuerbescheid

Was das alles für die Steuerzahler bedeutet, lässt sich in diesem Jahr noch kaum abzuschätzen. Denn um die Einkommensteuererklärung für 2022 abzugeben, ist noch Zeit. Die Abgabefrist endet am 2. Oktober. Auf Facebook schildern hessische Verbraucher, die ihre Erklärung bereits gemacht haben, dass sie auf den Bescheid des Finanzamts allerdings teilweise schon drei, vier Monate warten würden.

Damit zeichnet sich ab: Die Wartezeiten könnten deutlich länger ausfallen als im Jahr zuvor. Damals brauchten die hessischen Finanzämter im Durchschnitt etwa zwei Monate (50 Tage), um Steuererklärungen zu bearbeiten, heißt es beim Bund der Steuerzahler Hessen.

"Schon letztes Jahr haben sich wohl der Personalmangel, die Corona-Krise sowie die zunehmenden Aufgaben bei Finanzämtern nicht nur in Hessen, sondern ganz Deutschland bemerkbar gemacht", so Frömel. Auch da habe man schon das Problem gehabt, dass immer mehr Erklärungen abgegeben wurden.

Boddenberg mahnt zur Geduld

Längere Wartezeiten sind bitter für die, die auf eine schnelle Bearbeitung angewiesen sind und fest mit einer Rückzahlung rechnen. Nach Angaben des hessischen Finanzministeriums gab es letztes Jahr vom Fiskus im Schnitt rund 730 Euro zurück.

Finanzminister Michael Boddenberg mahnte allerdings bereits vor Monaten zu Geduld: "Wichtiger als eine kurze Bearbeitungszeit ist, dass die Erklärungen sorgfältig bearbeitet werden." Ohnehin könne die Bearbeitungsdauer je nach Einzelfall stark schwanken.

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