Megastromtrasse bleibt Aufreger-Thema Bundesnetzagentur weist Landtagsbeschluss zu Rhein-Main-Link zurück
Die geplante Megastromtrasse Rhein-Main-Link sorgt für dicke Luft. Nachdem sich der Landtag mehrheitlich für einen Switch auf oberirdische Freileitungen ausgesprochen hat, widerspricht die zuständige Bundesnetzagentur: Das würde alles verzögern und erheblich teurer machen.
Im Streit um die geplante Windstromtrasse Rhein-Main-Link quer durch Hessen von Nord nach Süd wendet sich die Bundesnetzagentur gegen den Landtag in Wiesbaden. Das Parlament beschloss vorige Woche mit großer Mehrheit einen Antrag der Regierungsfraktionen CDU und SPD, in dem die Abgeordneten den Bund auffordern, die Pflicht zur Verlegung der Kabel unter der Erde schnellstmöglich auch für laufende Verfahren aufzuheben. Auch eine Trassenführung als Freileitung - also in Form herkömmlicher oberirdischer Hochspannungsleitungen - müsse rechtssicher ermöglicht werden.
Das könne viel Geld sparen und damit niedrigere Netzentgelte ermöglichen. Außerdem werde der Ausbau beschleunigt, argumentierten die Landtagsabgeordneten. "Die vier Gleichstromvorhaben des Rhein-Main-Links sind als leistungsstarke Nord-Süd-Verbindungen von hoher energiewirtschaftlicher Bedeutung", räumten sie ein. Doch der Ausbau müsse landschaftsverträglich sein und von der Bevölkerung akzeptiert werden.
Mitten im Planungs- und Genehmigungsverfahren
Die Bundesnetzagentur in Bonn, die den Verlauf der Megastromtrasse plant, widerspricht den hessischen Parlamentariern in zentralen Punkten. Sie teilte der Nachrichtenagentur dpa am Mittwoch mit, die Erdverlegung sei im Bundesbedarfsplangesetz festgelegt. Eben um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen, einigten sich die Bundesregierung und die Bundesländer vor Jahren darauf, die riesigen Leitungen unter der Erde zu verlegen, obwohl es teurer ist. Durch diese Leitungen soll Strom aus dem windreichen Norden Deutschlands ins bevölkerungs- und industriereiche Süddeutschland fließen.
Die Agentur wies außerdem darauf hin, dass der Rhein-Main-Link für den Stromtransport von den Nordsee-Windparks nach Südhessen bereits mitten im Planungs- und Genehmigungsverfahren sei. Bei einer komplett neuen Umplanung zu einer Freileitung wäre mit einer fünfjährigen Verzögerung und erheblichen Mehrkosten zu rechnen.
"Da der Rhein-Main-Link acht Gigawatt Leistung übertragen muss, müssten mehrere parallele Freileitungsmastreihen inklusive hoher Masten und der dann nötigen Schutzstreifen geplant und gebaut werden", erklärte die Bundesnetzagentur. Ob dann von einer Akzeptanzsteigerung in der Bevölkerung auszugehen wäre, bleibe eine politische Bewertung. Außerdem seien volkswirtschaftliche Schäden wegen der verzögerten Inbetriebnahme des Rhein-Main-Links zu erwarten.
Bedenken von Anwohnern, Bauern und Winzern
Der Streit um die Trassenführung tobt schon länger in Hessen. Grundsätzlich gilt, dass die in der Regel teureren Erdverlegungen besser als hohe, weithin sichtbare Freileitungen von Anwohnern akzeptiert werden. Allerdings müssen für Erdstromkabel Bagger erst breite Schneisen graben. Tief wurzelnde Weinreben oder Bäume können dann dort nicht mehr stehen.
Zudem geht es dem Landtag um horizontal verschobene, landschaftsschonende Trassenführungen, etwa entlang der Autobahnen A3 und A67. Die Bedenken von Kommunen und Anwohnern, Bauern und Winzern im Stromtransit- und Stromimportland Hessen müssten angemessen berücksichtigt werden, finden die Parlamentarier.
In öffentlichen Anhörungen sagten Vertreter der Bundesnetzagentur, entlang von Autobahnen dürften solche Leitungen nicht gelegt werden. Den Platz neben Fernstraßen müsse man freihalten für mögliche Verbreiterungen.
Netzbetreiber füchtet zusätzliche Kosten
Der Netzbetreiber Amprion mit Sitz in Dortmund sieht die politische Entscheidung des hessischen Landtags "mit großer Sorge". Der Netzausbau hinke dem Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich hinterher. Das erhöhe die Netzentgelte.
"Bis 2045 wird sich der Stromverbrauch in Hessen mehr als verdoppeln, von derzeit rund 40 Terawattstunden (TWh) auf über 90 TWh", teilte Amprion kürzlich mit. Gründe seien etwa die Elektrifizierung der Industrie sowie der steigende Bedarf von Rechenzentren der Digitalwirtschaft.
Für das laufende Rhein-Main-Link-Projekt seien bereits Kosten von rund einer Milliarde Euro entstanden, teilte der Netzbetreiber weiter mit. Eine Umplanung zu Freileitungen würde zu zusätzlichen Kosten in Milliardenhöhe führen.
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Ihre Kommentare Megastromtrassen: in der Erde, oberirdisch, entlang an Autobahnen - oder wie?
26 Kommentare
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Mir ist völlig unverständlich, wie man auf die Idee kommen kann, solch' eine kritische Infrastruktur
per Freileitung realisieren zu wollen?
Ich sage nur Münsterland 2005, wo 250.000 Menschen ohne Strom waren, Kühe vor Schmerzen brüllten,
Kälber drohten mangels warmer MIlch zu verhungern, Ferkel erfroren sind und Schwangere mit ihren
Babys in Notunterkünften ausharrten. - Und da reden wir noch nicht von Terrorismus.
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Das Rad jetzt wieder neu erfinden zu wollen, halte ich für ausgemachten Blödsinn.
Wenn die Trasse unterirdisch verlegt werden soll, dann ist nun Mal jetzt so. Wir haben sowieso schon 10 Jahre verloren und können uns solche politischen Spielchen nicht mehr leisten.
Natürlich muss darauf geachtet werden den Eingriff in die Naturräume so gering wie möglich zu gestalten. Aber ganz ohne Eingriffe geht es nicht, um eine moderne zeitgerechte Stromversorgung aufzubauen.
Dazu gibt es, wie bei jedem Infrastrukturprojekt in Deutschland üblich, Ausgleichsmaßnahmen, die helfen den Eingriff in die Umwelt zu minimieren.
Darauf vertraue ich.
Ich bin es einfach leid, wie solche Themen in Deutschland zerredet werden, aber ich sehe auch, dass hier, bei der Transformation unseres Stromnetzes noch einiges erklärt und diskutiert werden muss.
Gerade auf der VNB gibt es auch noch einen hohen Handlungs- und Investitionsbedarf.
Mit besten Grüßen aus Nordhessen -
Das Argument die Leitungen nicht an Autobahnen zur verlegen, verstehe ich nicht. Das wäre in meinen Augen die Ideallösung. Und in dem Zuge gleich die Autobahnen überdachen und mit Solarzellen versehen.
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