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Weinbach: Bürgermeisterin Britta Löhr abgewählt

Britta Löhr

Die Wähler in Weinbach haben entschieden: Bürgermeisterin Britta Löhr muss nach zweijähriger Amtszeit ihren Posten räumen. Das Parlament der mittelhessischen Gemeinde hatte das Verfahren für ihre Abwahl auf den Weg gebracht.

Bürgermeisterin Britta Löhr (parteilos) muss den Sessel im Weinbacher Rathaus räumen. Knapp 75 Prozent der Wahlberechtigten in Weinbach (Limburg-Weilburg) haben am Bürgerentscheid teilgenommen, knapp 62 Prozent haben der Abwahl von Löhr zugestimmt.

1.527 von 3.457 Wahlberechtigten stimmten für Löhrs Abwahl. Damit wurde das notwendige Quorum von mindestens 30 Prozent der Wahlberechtigten erreicht, das Ende ihrer Amtszeit ist nun besiegelt. Löhr bewertete die Abwahl als Kampagne gegen sich. Man habe Unwahrheiten kommuniziert und keinen offenen Austausch mit ihr gewählt, erklärte sie. "Man kann schon fast sagen, dass es dreckig gewesen ist."

"Keine schönes Sache"

Löhr muss ihren Posten als Bürgermeisterin nun räumen, den sie seit dem 1. April 2021 inne hatte. Laut Hessischer Gemeindeordnung wird Thomas Appl (SPD) als erster Beigeordneter ab Verkündung des Wahlergebnisses die Weinbacher Verwaltungsgeschäfte übernehmen - zumindest bis ein neuer Bürgermeister oder eine Bürgermeisterin gewählt wurde. Das wiederum muss innerhalb von vier Monaten geschehen, spätestens im Februar nächsten Jahres.

Der Gemeindewahlausschuss tage am kommenden Mittwoch, sagte Appl am Wahlabend im Gespräch mit dem hr. Am nächsten Tag ende dann die Amtszeit der Bürgermeisterin, ab diesem Moment sei er für vier Monate verantwortlich für die Gemeindeverwaltung. Zum Verfahren der Abwahl äußerte sich Appl ebenfalls: "Das war keine schöne Sache und wir haben uns diesen Schritt sehr schwer getan, aber wir sehen ihn alle als notwendig an."

Problem: Bislang kein neuer Kandidat

Die Gemeinde steht jetzt vor einem Problem: Bislang hat sich kein Gegenkandidat zur Verfügung gestellt. Wie es jetzt nach der Abwahl weitergeht, ist also bislang unklar. In der bisherigen Gemengelage habe noch kein Kandidat gewagt, sich als möglicher Nachfolger "zu outen", hatte Appl im Vorfeld der Entscheidung gesagt.

Dem Bürgerentscheid vorausgegangen war die Unzufriedenheit mit der Arbeit von Löhr im Gemeindeparlament. Im Juni dieses Jahres hatte das Gemeindeparlament mit einer Mehrheit von elf zu drei Stimmen für ein Abwahlverfahren gegen Löhr votiert. Löhrs Gegner kamen aus unterschiedlichen Fraktionen. Sie hatten ihr unter anderem vorgeworfen, die Gemeinde nicht voranzubringen:

"Wir können in den zweieinhalb Jahren Tätigkeit von Frau Löhr nicht erkennen, ob sie einen Kompass oder eine Idee hat, wohin sie die Gemeinde führen will", erklärte der erste Beigeordnete Thomas Appl (SPD) im Vorfeld des Bürgerentscheides die Kritik an der Bürgermeisterin.

Gegner: Beschlüsse nicht umgesetzt

Hintergrund sei, dass Weinbach als Flächengemeinde mit sieben Ortsteilen unter Bevölkerungsschwund leide, während in allen Bereichen die Kosten stiegen. Auf Initiative engagierter Ehrenamtlicher sei ein Zukunftsbeirat gegründet worden, sagte Appl - das sei eine Folge davon, dass keine Perspektiven bei der Bürgermeisterin zu erkennen seien.

Außerdem habe Löhr Beschlüsse nicht umgesetzt, sie sei nicht kritikfähig, und es fehle außerdem an Strukturen und einer ordentlichen Kommunikation mit dem Parlament. Gegner des Abwahlverfahrens hatten diese Gründe als nicht stichhaltig angesehen.

Plakat mit der Aufschrift "Am 08.10. JA für WEINBACH Ja zur Abwahl der Bürgermeisterin - Zeit zu handeln"

Löhr weist Vorwürfe zurück

Die Bürgermeisterin selbst hatte den Vorwürfen vehement widersprochen. Es seien auf beiden Seiten Fehler passiert, bilanzierte sie damals: "Ein Hauptproblem sehe ich darin, dass man nicht miteinander spricht und gemeinsam für die Gemeinde einsteht, sondern dass man hier nur gegeneinander arbeitet."

Dass sie nicht kritikfähig sei, hatte sie ebenfalls zurückgewiesen. Sie sei immer "sehr reflektierend", sagte sie, und habe versucht, Probleme aufzunehmen und darüber zu sprechen. Oft seien Gespräche aber ausgeschlagen worden.

Abwahl aus "persönlicher Zwistigkeit"?

Auch dass sie keine Visionen habe, stimme nicht. Sie habe keine Chance bekommen, gemeinsame Projekte anzustoßen. Es gehe eben um Entscheidungen, die gemeinsam getroffen werden müssten. Ein Parlament könne nicht immer nur fordern, sondern müsse eben auch die Rahmenbedingungen betrachten, etwa die Haushaltslage.

Als Abwahlgrund hatte Löhr vermutet, dass sie "zu unbequem" sei: "Wenn in der Stellenbeschreibung damals gestanden hätte, dass hier eine Marionette gebraucht wird, dann hätte ich mich garantiert nicht dafür beworben."

Inzwischen sei es wohl "eine persönliche Zwistigkeit, die hier entstanden ist" oder "ein Mann-Frau-Problem". Sie habe jedoch 35 Jahre Berufserfahrung im öffentlichen Dienst, hatte Löhr weiter betont, und eine Abwahl sei kein Mittel, die Gemeinde voranzubringen.

Britta Löhr hatte eine weitere Zusammenarbeit mit dem Gemeindeparlament bis zu ihrer Abwahl als möglich angesehen, eine "sachliche Zusammenarbeit" habe in den vergangenen Monaten durchaus stattgefunden. Langfristig hatte sie eine Mediation für nötig gehalten: "Dazu müssen dann aber auch beide Seiten bereit sein."

Sie hatte Brücken bauen wollen, über die die anderen aber gehen müssten. Das hat sich mit der Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger jetzt erledigt.

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