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Offenbacher "Partypolizei" filzt vor Technoclubs

Eine Openair-Party mit vielen Menschen

Die Offenbacher Polizei filzt regelmäßig Partygänger vor Technoclubs. Für die Kontrollen selbst als Raver verkleidet, begeben sich die Beamten auf die Suche nach Drogen. Ihr Vorgehen sorgt schon seit Jahren für Ärger in der Szene.

Sie tragen Glitzerhüte, bunte Leggings und Turnbeutel. Meist stehen sie zu zweit in der Nähe von Clubs und sehen aus wie aus der Zeit gefallene Raver. In Wirklichkeit sind es aber kostümierte Polizisten. Wenn in Offenbach eine große Technoparty stattfindet, sind sie oft nicht weit. Sie durchsuchen Taschen auf der Suche nach illegalen Drogen. Wie sie dabei vorgehen, erregt allerdings Unmut.

Es gibt Vorwürfe, dass die Kontrollen dieser "Partypolizei" häufig ohne konkreten Verdacht stattfänden. Wer vorbeigehe und so aussehe, als würde er auf die Party gehen, werde durchsucht. Außerdem würden die Kontrollen manchmal eher schroff ablaufen. Die Polizei bestreitet die Vorwürfe.

Veranstalter: Party-Gäste meiden Offenbach

Zu erkennen seien die Beamten in "Partyzivil" daran, dass sie gekleidet seien wie Raver vor fünf Jahren. "Immer mit Turnbeuteln auf dem Rücken", verrät Partyveranstalter Alex Horn. Die spezielle Vorgehensweise der Offenbacher Polizei wirkt sich laut Horn negativ auf die Events aus.

"Die Gäste haben keinen Bock, nach Offenbach feiern zu gehen und vorher komplett auseinandergenommen zu werden", sagt Horn. Er organisiert seit Jahren Technoevents in der Offenbacher Kommune2010.

"Sehe ich damit jetzt etwa aus wie ein Dealer?"

Paul (vollständiger Name der Redaktion bekannt) hat eine dieser Kontrollen erlebt. Er erzählt, dass er letztes Jahr mit einer Gruppe von fast 15 Leuten auf dem Weg zum Kuddelmuddel-Festival in der Kommune2010 gewesen sei. Sie wurden von der "Partypolizei" gestoppt. Anhaltspunkte für einen Verdacht hat es in seinen Augen nicht gegeben.

"Klar, ich hatte eine Cap an und eine Bauchtasche um. Sehe ich damit jetzt etwa aus wie ein Dealer?" Gefunden haben die Polizisten und Polizistinnen bei ihrer akribischen Durchsuchung nichts. Unangenehm sei die Situation trotzdem gewesen. "Alle Leute laufen vorbei und man sieht aus wie ein Krimineller", sagt Paul.

Kontrollen im Intimbereich

Rami (vollständiger Name der Redaktion bekannt) erzählt ebenfalls von einer Kontrolle auf dem Weg zum selben Festival. Er war mit einer größeren Gruppe unterwegs. Nur zwei von ihnen, die ein paar Meter hinter der Gruppe zurückgefallen waren, seien kurz vor dem Veranstaltungsort von Zivilpolizisten in bunten Sommerhemden rausgefischt worden.

Er wurde weitergeschickt und sah aus der Entfernung mit an, wie seine Freunde gefilzt wurden. In diesem Fall hätten die Beamten eine geringe Menge Partydrogen gefunden. Seine Freunde hätten sich deshalb an Ort und Stelle, nur leicht verdeckt durch eine parkende Reihe Autos, komplett nackt ausziehen müssen. Später berichten sie, dass die Polizei sie auch anal durchsucht hätte.

Wie erklären sich diese Kontrollen?

Doch sind diese Kontrollen rechtens? Ein Sprecher der Offenbacher Polizei bestätigt, dass sie vor Clubs Kontrollen in Zivil machen. Zu der Raver-Verkleidung sagt er: "Wenn der Rest der Gäste so in der Aufmachung gekleidet ist, dann muss die Polizei sich schon anpassen, um nicht aufzufallen. Das ist ja Sinn und Zweck der ganzen Geschichte."

Für eine Durchsuchung müsse allerdings ein konkreter Anhaltspunkt vorliegen. Beispielsweise, dass die Beamten jemanden beim Konsumieren von Drogen beobachtet haben. Bestätige sich - wie im Fall von Ramis Freunden - der Verdacht, sei auch eine gründliche Durchsuchung samt Ausziehen und Kontrolle "natürlicher Körperöffnungen" möglich.

Dies geschehe aber nicht mitten auf der Straße, widerspricht der Polizeisprecher der Darstellung: "Es muss ein geschützter Raum sein, damit die Privatsphäre gewahrt bleibt." Eine Kontrolle, nur weil jemand bunt gekleidet und auf dem Weg zu einer Party ist, reiche als Verdacht nicht aus.

"Die Partypolizei": Ein Offenbacher Phänomen

Alex Horn sieht die Einordnung des Polizeisprechers kritisch: "Da hat er wahrscheinlich das Gesetzbuch richtig zitiert. Aber so wird’s halt nicht gemacht." Das, was er mitbekomme, sei, dass die breite Masse und jeder als Verdächtiger gesehen werde.

Horns Partys finden in Offenbach und Frankfurt statt. Das Problem kennt er aber nur aus Offenbach. "Offenbach ist schon länger, was Polizei angeht, ein ganz heißes Pflaster, mit starken Kontrollen bei Techno-Events." In Frankfurt habe er von solchen breiten Polizeikontrollen vor Clubs bisher nichts gehört.

Klaus Unkelbach, Inhaber des Robert Johnson und des MTW in Offenbach, äußerte sich dem Journal Frankfurt gegenüber vor Jahren schon kritisch gegenüber der Vorgehensweise der Offenbacher Polizei. Die Art und Weise beschrieb er damals als "unverhältnismäßig". Sie kriminalisiere alle Menschen, die sich in der Nähe des Clubs aufhalten. Zumindest in der letzten Zeit habe es vor seinen Clubs aber keinen Anlass zur Beschwerde mehr gegeben.

Willy Bautzmann betreibt den Kasseler Club "Graf Karl". Von Kassel kenne er ein solches Vorgehen der Polizei nicht. "Aber wenn sie vorbeikommen und jemand im Auto vom Hof fährt, dann kontrollieren sie schon mal." Diese Vorgehensweise empfindet Bautzmann als angemessen.

Wie passen "Partypolizei" und Drug-Checking zusammen?

Es stellt sich außerdem die Frage, wie diese Polizeikontrollen mit den Überlegungen der Stadt Offenbach zusammenpassen können, Drug-Checking-Angebote einzuführen. Beim mobilen Drug-Checking können Konsumierende auf Partys die Inhaltsstoffe von Drogen in einem Mini-Labor testen lassen. Der Ansatz des Drug-Checkings akzeptiert die Tatsache, dass Drogen konsumiert werden und versucht, die Risiken zu minimieren. "Safer Use" ist hier das Schlagwort.

Wenn aber die Sorge besteht, dass hinter dem mobilen Labor die Polizei in Zivil wartet, um die Konsumierenden nach den Checks direkt einzusammeln, funktioniert die Idee des Drug-Checkings nicht. Laut einem Offenbacher Polizeisprecher gebe es dafür noch keine Lösung: "Da muss eine Regelung gefunden werden, wie man mit der Geschichte umgeht."

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