Trainingsauftakt am Böllenfalltor Lilien starten gut gelaunt ins Ungewisse
Der Vorhang auf und viele Fragen offen: Bei Darmstadt 98 begann am Sonntag das große Schwitzen in der Vorbereitung auf die neue Saison. Kader und Ziele – alles noch leicht unscharf. Dennoch herrscht allgemeine Zuversicht.
Die neue Saison begann für Darmstadt 98 mit einem Rekord. Der Tag, für den Trainer Florian Kohfeldt seine Spieler zum ersten Training auf dem Platz einbestellt hatte, entpuppte sich als der bislang heißeste des Jahres. Bei zwischenzeitlich mehr als 35 Grad im Schatten ging es am Sonntagnachmittag vor rund 350 Fans auf den zuvor noch mal kräftig gewässerten Rasen im Stadion am Bölle. "Man muss sich gut eincremen", mahnte Sportdirektor Paul Fernie. Sollte sich niemand mit Sonnenbrand abmelden, bleibt die personelle Situation auf den ersten Metern Richtung neue Saison bei den Lilien aber ausgesprochen erfreulich.
Drei Comebacks nach Kreuzbandriss
Paul Will hat sich mit einer für die Jahreszeit eher untypischen Erkältung abgemeldet. Bei dem einen von drei Kreuzbandriss-Rekonvaleszenten lautet die frohe Botschaft aber: Sobald der Infekt auskuriert ist, kann er wieder auf den Platz. Matthias Bader und Fabian Holland, die Wills Schicksal teilten und mit der gleichen schweren Verletzung monatelang fehlten, konnten sogar jetzt schon wieder mit dem Team trainieren.
Kohfeldt ist auch deshalb mit der Gesamtsituation sehr einverstanden. "Alle sind froh, wieder hier zu sein. Das gilt für den Trainer und den Staff auch", sagte der 42-Jährige. Natürlich wäre ungleich bemerkenswerter, wenn dem nicht so wäre. Kohfeldt legt aber Wert auf die Feststellung, dass die gute Verfassung seiner Spieler keine Worthülse ist. Den ersten Ausdauertest am Vortag habe er deshalb "mit viel Wohlwollen" betrachtet. Die Profis haben auch im Urlaub an sich gearbeitet.
Müller, Guille Bueno und Vilhelmsson gehen
In Kohfeldts allgemeine Lobpreisungen schloss er Sportdirektor Fernie ausdrücklich mit ein. Zwar kamen den freundlich applaudierenden Fans auf der Haupttribüne die meisten Gesichter bekannt vor, es gab aber zuletzt einige Bewegungen im Kader. Andreas Müller hat den Klub bereits verlassen, auch wenn sich Kohfeldt das anders gewünscht hätte. Das Gesamtpaket habe es Spieler und Verein am Ende schwer gemacht, sich dem Transfer in Richtung Karlsruhe zu widersetzen.
Auch Linksverteidiger Guille Bueno wird nach seiner Leihe von Borussia Dortmund II in der kommenden Saison nicht nach Hessen zurückkehren. "Er hat zu uns gesagt: Wenn Deutschland, dann nur Darmstadt. Er hat sich am Ende aber dafür entschieden, dass er seine Zukunft im Ausland sieht", sagte Kohfeldt. Zudem fehlte Stürmer Oscar Vilhelmsson, er ist in Gesprächen mit einem neuen Klub.
Klassen und Furukawa bereits auf dem Platz
Die Lilien waren aber vorbereitet. Linksverteidiger Leon Klassen (zuletzt bei Lyngby BK in Dänemark) durfte bereits die Rückennummer 3 von Guille Bueno überstreifen, er soll der direkte Nachfolger des Spaniers werden. Mit Yosuke Furukawa (zuletzt bei Gornik Zabrze in Polen) wollen die Südhessen gezielt den asiatischen Markt ansprechen. Kohfeldt verriet in dem Zusammenhang, dass die Lilien eine Software nutzen, um Spielanalysen für den 21-Jährigen gleich ins Japanische zu übersetzen.
Furukawa ist aber natürlich nicht als Marketing-Asset, sondern vor allem als "dribbelstarker Eins-gegen-eins-Spieler" gefragt, erklärte Kohfeldt. Weitere Verstärkung für die Offensive soll auf jeden Fall noch dazukommen. Für welche Position genau, da wollen sich die Lilien nicht zu tief in die Karten schauen lassen.
Leistungsträger noch an Bord
Erstmals sei ja auch bemerkenswert, dass die meisten Leistungsträger am Sonntag allesamt noch einstempelten, bemerkte Kohfeldt. "Ich bin sehr froh, dass einige immer noch hier sind, die auf sich aufmerksam gemacht haben, um die es das ein oder andere Gerücht gab", betonte der SVD-Coach. Ob das bei Clemens Riedel, Isac Lidberg, Fraser Hornby und den weiteren Eckpfeilern des Teams auch am Ende der Saisonvorbereitung noch so aussehen wird? "Es ist immer unser Ziel, unsere Leistungsträger zu halten", sagte Fernie. Übersetzt: Das weiß heute natürlich noch niemand.
Davon wird aber aber maßgeblich die Zielsetzung für die neue Runde abhängen. Kohfeldt will sich deshalb erst zum Ende der Transferperiode über Ziele unterhalten. Fernie gibt immerhin zu, dass er unzufrieden sei mit der Punktausbeute in der abgelaufenenen Saison. Es darf also ein wenig mehr sein. Einige Entwicklungen gefielen ihm dagegen bereits ausgesprochen gut.
Extra-Lob für die Kaderplanung
Grundsätzlich steht diese Sommerpause auch deshalb nicht unter dem Motto, einen großen Umbruch zu managen. Eher gehe es ums "Feintuning", sagt Fernie. Man müsse sehen, ob "Verbesserungsspieler" auf dem Markt sind und was intern noch geschehe. Kohfeldt fühlt sich jedenfalls auf alle Unwägbarkeiten vorbereitet. Sollte ein Leistungsträger gehen, liegen die Pläne B, C und D bereits in der Schublade. "Ich durfte schon mit dem ein oder anderen Manager Kaderplanung machen. Das ist von der Struktur und der Vorbereitung herausragend", sagte der SVD-Coach. Ein großes Lob.
Für die, die bereits da waren, stand zunächst nur ein kleines Showtraining auf dem Programm. Nach rund 60 Minuten unter brütender Sonne ließ der Trainer es für den Moment gut sein und schickte seine Profis zum Autogrammeschreiben. "Es ist für mich sehr wichtig, dass wir Nähe zulassen, denn wir werden die hier und die hier und die alle in dieser Saison wieder sehr brauchen", sagte Kohfeldt mit Blick auf die verschiedenen Tribünen des Stadion-Vierecks. "Da freuen wir uns drauf." Die Fans werden auf jeden Fall auch in der kommenden Saison dabei sein – und dann mal schauen, wer auf dem Feld steht und was so geht.