Vom Wandervogel zum Überflieger Spätzünder Lidberg ist Darmstadts Entdeckung der Saison

Noch vor zwölf Wochen war Isac Lidberg in Deutschland ein Unbekannter. Seitdem sind viele Tore gefallen und langsam dämmert nicht nur Darmstadt 98, was ihnen da für ein Fang gelungen ist.

Darmstadts Isac Lidberg (l) jubelt mit Turban und Oscar Vilhelmsson über sein Tor gegen Hertha.
Darmstadts Isac Lidberg (l) jubelt mit Turban und Oscar Vilhelmsson über sein Tor gegen Hertha. Bild © Imago Images
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Highlights: SV Darmstadt 98 - Hertha BSC

Fotocollage: zwei Vereinslogos nebeneinander: links Darmstadt 1898, rechts Hertha Berlin. Im Hintergrund unscharf ein Symbolbild des Darmstädter Fußballstadions.
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Dass Isac Lidberg am Samstag mit dem Kopf treffen würde, war eigentlich in dem Moment vorauszuahnen, als er mit Herthas Deyovaisio Zeefuik zusammengestoßen war und sich eine blutende Platzwunde zugezogen hatte. Die Saison des Schweden ist eine der Ausgerechnets und Auch-das-nochs. Es wirkt gerade, als könne er die Tore nach Belieben erzielen. Das mag damit zusammenhängen, dass er fast in jedem Spiel trifft.

Neunmal in zehn Zweitliga-Einsätzen, drei Tore legte er dazu für seine Nebenleute auf. Dass er sich einen Treffer mit Kopfverband einfach so vornehmen kann – das Gegenteil müsste man ihm erst beweisen. Lidberg traf, Darmstadt siegte 3:1. Wie das so läuft in diesen Tagen.

Die Bundesliga sitzt schon auf der Tribüne

Dass wegen Lidberg zuletzt schon Scouts der TSG Hoffenheim gesteigertes Interesse an Lilien-Heimspielen entwickelten, ist keine Überraschung. Nein, eigentlich erstaunt vielmehr, dass einer wie er trotz aller Talentspäher bislang durchs Raster fallen konnte. Oder, dass sich ein immerhin schon 26-Jähriger in Darmstadt zu dem Profi entwickeln konnte, der er im November 2024 ist: die derzeit prägendste Figur der 2. Bundesliga.

Zur Illustration ein kleines Quiz: IF Brommapojkarna, FC Jerf, Gefle IF, Hamarkameratene, Åtvidabergs FF, IK Start – wie viele dieser Vereine sind frei erfunden und bei welchen davon spielte Lidberg? Natürlich haben alle eine gültige Postanschrift und stehen durch die Bank in seiner Vita. Für stolze elf Profiklubs in jetzt vier Ländern hat der Stürmer bereits gekickt, zuletzt bei den Go Ahead Eagles Deventer und dem FC Utrecht in der niederländischen Eredivisie immerhin erstklassig.

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"Kompliment an Paul!"

Mit 15 Toren wurde er in drei Jahren Niederlande aber auch nicht über Gebühr verhaltensauffällig. Dass Darmstadts Sportdirektor Paul Fernie dennoch genau genug hinsah, um diese Qualitäten in Lidberg zu erkennen, darf er sich jetzt ans Revers heften.

"Kompliment an Paul! Das in ihm zu sehen, ist schon nicht schlecht", Florian Kohfeldt schon nach dem 5:1-Sieg gegen Köln, an dem Lidberg selbstverständlich wieder maßgeblich beteiligt war. "Ich war schon sehr überzeugt von ihm, als ich hier angekommen bin. Dass das jetzt so gut funktioniert, ist auch ein bisschen Glück", befand der Coach.

Darmstadt, eine "passende Mannschaft"

Den, der ihn für die Lilien entdeckte, überrascht das alles wenig. "Bei den Go Ahead Eagles hat er Tore geschossen", betont Fernie. Sieben, um genau zu sein. In der vergangenen Saison beim FC Utrecht nur noch vier. "Da hat er nicht auf seiner Position gespielt, eher außen als als Mittelstürmer", erklärt Fernie. Noch wichtiger ist aber vielleicht diese Einschätzung: "Manchmal geht es darum, eine passende Mannschaft zu finden, in der man seine Qualitäten regelmäßig auf den Tisch bringen kann. Er passt eins zu eins zum Verein."

Lidberg ist ein Mister überall, der dabei ohne große Geste auskommt. Abgesehen von den Initialen seiner Tochter, die er beim Torjubel jetzt schon häufig zeigen durfte. Auf dem Feld ist Lidberg stets beweglicher Fixpunkt im Angriffsspiel der Südhessen. Er rennt, lässt Bälle klatschen, schickt seine Nebenleute in die Tiefe, dribbelt selbst, schließt ab oder schädelt eben den Ball mit Kopfverband ins Tor.

Parallelen zu Vorbild Gyökeres

Die Dieter-Hoeneß-Referenzen: unvermeidlich. Der Schwede hat aber natürlich ganz andere Vorbilder. Der aktuell beste Fußballer der Welt sei Viktor Gyökeres, erklärte Lidberg bereits im Sommer und sah in erstaunte Gesichter. Damals führte der Angreifer von Sporting Lissabon auch noch nicht die Torjägerliste der Champions League an.

Dass Gyökeres, wie Lidberg, 26 Jahre alt ist und aus Schweden kommt, dürfte bei seiner Antwort eine Rolle gespielt haben: Beide kennen sich aus schwedischen U-Nationalteams. Auch Gyökeres ist ein Spätberufener, spielte bis vor anderthalb Jahren noch in der zweiten englischen Liga. Heute ist er eine der heißesten Aktien im Weltfußball. Stürmer, das ist eben auch die Kunstform, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. So wie Lidberg in Darmstadt. Es ist ein Match!

Redaktion: Aaron Knopp

Quelle: hessenschau.de