Eintracht-Frauen vor kniffligem Sommer - Was kommt nach dem Blumenstrauß?

Die Eintracht Frankfurt Frauen werden in der neuen Saison im Europapokal antreten – aber mit welcher Mannschaft? Sechs Spielerinnen sind schon weg, erst zwei neue da. Es droht ein kniffliger Sommer.

Tanja Pawollek nach ihrem letzten Spiel.
Tanja Pawollek nach ihrem letzten Spiel. Bild © Imago Images
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Tanja Pawollek wirkte kurz ein bisschen überfordert nach dem Sieg gegen Hoffenheim und ihrem letzten Spiel. In ihren Händen: ein dicker Blumenstrauß. Vor ihr: das Spalier der Mitspielerinnen. Was also war zu tun? Blumenstrauß weglegen und abklatschen? Blumenstrauß behalten und brav winken? Pawollek überlegte einen kleinen Moment, ein Grinsen schlich ihr übers Gesicht, dann nahm sie Anlauf – und rutschte samt Blumenstrauß in der Hand bäuchlings durchs Spalier. Ein Diver, wie man ihn so wahrscheinlich noch nicht gesehen hat.

Für Pawollek war es das vorerst letzte Heimspiel im Dress der Eintracht, die Kapitänin geht von Bord, sie wird nach sage und schreibe neun Jahren zum ersten Mal den Verein wechseln. Natürlich nicht, ohne zuvor noch für die ganz großen Emotionen gesorgt zu haben: Ausgerechnet Pawollek schoss mit ihrem Treffer zum 3:1 die Eintracht einen Spieltag vor Schluss in den Europapokal. Besser kann man einen Abschied nicht komponieren, mehr Kitsch geht nicht. Sie hat es verdient.

Die Insel soll wohl locken

Dass die 26-Jährige ihren Vertrag am Main nicht verlängert, dass sie, ein Kind der Region, im besten Fußballerinnenalter nochmal was anderes erleben möchte, scheint nur allzu verständlich. Die Insel soll locken. Doch Pawolleks Abgang ist kein Einzelfall, gleich sechs Spielerinnen wurden nach der Partie verabschiedet, darunter weitere Leistungsträgerinnen wie Torfrau Stina Johannes, Mittelfeldmotor Barbara Dunst oder die zuletzt starke Carlotta Wamser.

Das alles muss noch kein Grund zur Panik sein, schließlich hat die Eintracht in den vergangenen Jahren immer wieder wichtige Spielerinnen verloren und ersetzt. Das liegt in der Natur der Sache, wenn man nicht ganz oben in der Nahrungskette steht. Johannes zieht es nach Wolfsburg, Dunst nach München. Und doch wird die Eintracht zum ersten Mal seit der Übernahme des FFC Frankfurt einen echten Umbruch moderieren müssen. Ob das gelingt, hängt im Wesentlichen von drei Faktoren ab.

Drei Faktoren für den gelungenen Umbruch

Erstens: Wer geht noch? Der Rest des Kaders hat eigentlich noch Vertrag, aber es gibt offenbar durchaus Spielerinnen, die über einen Wechsel nachdenken. Im Sommer steht zudem die EM in der Schweiz an, eine Bühne, auf der man sich schnell mal ins Rampenlicht spielen kann. In der Vergangenheit lebte die Mannschaft vor allem von ihrem Zusammenhalt und der Vision von Trainer Niko Arnautis, gemeinsam Saison für Saison besser zu werden. Weitere Abgänge kann sich das Team eigentlich nicht leisten.

Zweitens: Wer kommt? Zwei Neuverpflichtungen stehen bisher fest: Ereleta Memeti kommt als Dunst-Ersatz aus Hoffenheim, Sophia Winkler (Essen) soll die neue Nummer eins werden, ist aktuell allerdings schwer am Kreuzband verletzt. Ein schwieriger Schwebezustand. Arnautis sondiert nicht nur als Trainer, sondern auch als Sportlicher Leiter den Markt. Die Verpflichtungen von Memeti und Winkler tragen seine Handschrift, sind Eintracht-like wie in den vergangenen Jahren. Kategorie: gute Bundesligaspielerinnen mit großem Potential.

Blomqvist im Visier

Ein anderes Regal wäre da schon Rebecka Blomqvist. Die Stürmerin des VfL Wolfsburg ist international erfahren, hat einen exzellenten Torriecher – und im Sommer keinen Vertrag mehr. Nach Informationen des hr-Sport hat es vor Kurzem erste Gespräche zwischen der Schwedin und der Eintracht gegeben, beide Seiten wollen zusammenarbeiten. Eine Entscheidung könnte bald fallen.

Und dann käme da auch noch Punkt drei ins Spiel: das Geld. Denn die Eintracht wird sich fragen müssen, wie viel sie bereit ist, in ihren Kader zu investieren. Im Winter beispielsweise verzichtete der Klub darauf, einen Ersatz für die verletzte Barbara Dunst zu holen – trotz der größten Chance auf die Meisterschaft seit Jahren. Nicht nur, aber auch deshalb verpasste die Eintracht die Überraschung.

Investition oder nicht?

Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Der Frauenfußball in Deutschland ist aktuell noch immer ein Zuschussgeschäft, etwas mehr als fünf Millionen Euro sollen es bei der Eintracht sein. Keine einfache Entscheidung.

In Summe werden es also knifflige Aufgaben in diesem Sommer für die Eintracht, die seit Sonntag allerdings mit einem großen Pfund wuchern kann: dem Europapokal. Sollte es bei Platz drei bleiben, starten die Hessinnen wieder in der Qualifikation zur Champions League. Sollten sie dort scheitern, würde die Eintracht erstmals in der neugeschaffenen Europa League starten. So oder so werden die Frankfurterinnen zum vierten Mal in Folge international unterwegs sein. Auch dank Tanja Pawollek, der Kapitänin mit Blumenstrauß.

Sendung: hr-fernsehen, heimspiel!,

Quelle: hessenschau.de