Oliver Glasner

Eintracht Frankfurt beendet einen Sommer mit vielen Transferaktivitäten, der große Knall am Ende bleibt aber aus. Personelle Besetzung und taktische Ausrichtung der Abwehr sind Chance und Risiko zugleich.

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Die komplette Eintracht-PK vor dem Heimspiel gegen Leipzig

Oliver Glasner
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Der Kalender von Oliver Glasner ist sicherlich alles andere als luftig gefüllt, für diesen Freitag aber konnte der Trainer von Eintracht Frankfurt immerhin einen möglichen Termin streichen. "Sollte morgen noch ein zusätzlicher Spieler hier stehen, beschäftigen wir uns mit dem", hatte Glasner am Donnerstag gesagt. "Und wenn nicht, ist auch gut, wir haben mit den anderen 20 genug zu tun."

Mittlerweile ist klar: Der Europa-League-Sieger hat bis zum Ende der Transferphase am Donnerstagabend tatsächlich keinen weiteren Profi verpflichtet, der Kader der Hessen sollte damit vorerst komplett sein. Einzig vertragslose Spieler dürfen jetzt noch geholt werden, auch Abgänge in Länder mit noch geöffneten Transferfenstern wie zum Beispiel die Türkei sind nach wie vor möglich.

Turbulenter Transfersommer für die Eintracht

Klar ist mittlerweile auch: Die Eintracht hat einen durchaus turbulenten Sommer hinter sich. Nach dem Triumph in der Europa League fiel der personelle Umbruch mit insgesamt weit mehr als 20 Transferaktivitäten eine Nummer größer aus. Ein hessisches finale furioso hat der Markt diesmal allerdings nicht erlebt.

Anders als von manch einem Fan erwartet, haben die Frankfurter keinen neuen Rechtsverteidiger an den Main gelotst – weshalb nun einmal mehr die S-Frage heiß diskutiert wird: In welchem System lässt Glasner seine Mannschaft in den kommenden Wochen voller Bundesliga, Champions League und DFB-Pokal auflaufen?

Der Trainer, und das ist bemerkenswert, geht mit dieser Frage hochgradig gelassen um. "Nein, das ist nicht in Stein gemeißelt", entgegnete er am Donnerstag, als es um die zuletzt praktizierte Vierer-Abwehrkette und ihre Zukunftstauglichkeit ging. Für dieses System hat die Eintracht nicht den passenden Rechtsverteidiger, sagen die einen. Haben wir sehr wohl, sagt Glasner.

Glasner: "Jakic macht das hervorragend"

"Kristijan Jakic macht das auf dieser für ihn ungewohnten Position hervorragend", meinte der Österreicher, und stärkte damit seinem Aushilfs-Abwehrspieler aus dem defensiven Mittelfeld erneut den Rücken. Ein Fingerzeig für die kommenden Wochen? Nicht ausgeschlossen.

"In der Champions League spielen alle – Sporting, Marseille und Tottenham – im 3-4-3-System", gab Glasner einen ersten Einblick in seine Analyse der drei Königsklassen-Gegner. In solchen Partien selbst mit einer Viererkette zu agieren, habe einerseits Vorteile. Andererseits berge genau das auch Risiken, in Unterzahlsituationen zu geraten. "Wir lassen uns beide Optionen offen und entscheiden von Spiel zu Spiel", so der Coach. Die nächste Entscheidung steht spätestens am Samstag an, beim Heimspiel gegen RB Leipzig (18.30 Uhr).

Fußball-ein-mal-eins mit Oliver Glasner

Ob nun Dreier-/Fünfer- oder Viererkette: Mehr Wert als auf die taktische Formation legt Glasner ohnehin auf das Festhalten an den richtigen Verhaltensweisen. Der 48-Jährige fordert von seinem Team Dinge wie die richtige Staffelung im eigenen Ballbesitz, das Bilden von Dreiecken, die Suche nach Tiefe mit und ohne Ball. Er fordert, die Räume eng zu machen oder das Spiel in vorab besprochene Zonen zu lenken, um von dort dann ins Pressing zu gehen. Das kleine Fußball-ein-mal-eins eben.

Mit Blick auf die Viererkette hat Glasner in Mittelfeldspieler Djibril Sow auch schon mindestens einen Fürsprecher gefunden. "Das gibt uns mehr Sicherheit, weil wir im Pressing vorne einen Spieler mehr haben und den Gegner mehr unter Druck setzen können", sagte der Profi in einem vereinseigenen Interview.

Knackpunkt ist und bleibt aber die personelle Besetzung, allen voran in den anstehenden Englischen Wochen. Mit Neuzugang Aurélio Buta (Knie-OP) fällt ein etatmäßiger Rechtsverteidiger noch länger aus, bei Innenverteidiger Almamy Touré (Oberschenkel) wuchs zuletzt die Hoffnung auf den einen oder anderen Einsatz im November und damit noch vor Beginn der Weltmeisterschaft in Katar.

Lange Zeit bis zur nächsten Transferphase

Glasner und sein Trainerteam, das für kreative Problemlösungen im personellen Bereich bekannt ist, werden in den kommenden zweieinhalb Monaten also ein ums andere Mal gefordert sein. "Was den Kader angeht, ist mein einziger Wunsch, dass alle Spieler verletzungsfrei bleiben", sagte er – und man kann ihn nur allzu gut verstehen. Eine lange Rekonvaleszentenliste ist schlimmer als ein prall gefüllter Kalender. Immerhin: In Sachen Transfers dürfte erst ab dem 1. Januar 2023 wieder mit einem Termin zu rechnen sein.