Zum Tod von Bernd Hölzenbein Frankfurts Stolz
Eintracht-Legende Bernd Hölzenbein ist tot. Hölzenbein war eine der wichtigsten Figuren im Klub überhaupt: Jener Mensch, der die Fans erst als Spieler, dann als Funktionär an die Eintracht band.
Vielleicht hängt es ja immer noch bei Familie Hölzenbein zuhause, jenes Bild, das so viel über Bernd Hölzenbein aussagt. 1966 war es, als der junge Stürmer aus dem mittelhessischen Dehrn nach Frankfurt zur Eintracht wechselte, wo er aber erst einmal bei den Amateuren spielte – und das ohne Bezahlung. "Ich habe von der Eintracht kein Geld gefordert", erzählte Hölzenbein einmal der Frankfurter Rundschau. "Meine einzige Bedingung war, dass ich mit aufs Mannschaftsfoto bei den Profis darf. Das habe ich geschafft, und das Bild hängt hier noch irgendwo."
Ein Bild als Vergütung, "das habe ich geschafft" – das sagt viel über den Stellenwert aus, den Eintracht Frankfurt schon früh für Hölzenbein gehabt haben muss. Jenen Stürmer, der in der Bezirksliga bei seinem Heimatverein TuS Dehrn Tor um Tor schoss, sich für die große Bühne Bundesliga aber zunächst als nicht gut genug fühlte. "Nee, Bernd, das schaffst du nicht, das wird nix", dachte er nach seinem Probetraining bei den Hessen. Er sollte sich irren.
Rekordtorschütze mit Selbstzweifeln
Und wie. Hölzenbein blieb nicht nur bis 1981 bei der Eintracht, er wurde mit den Hessen dreimal Pokalsieger, einmal Uefa-Cup-Sieger, seine 160 Bundesligatore machten ihn zum Rekordtorschützen des Klubs. Ihn, der bei all seiner Brillanz, seiner Klasse, seiner erstaunlichen Torquote, nicht zuletzt seiner Schlitzohrigkeit auf dem Platz auch stets mit Selbstzweifeln zu kämpfen hatte. "Mein Selbstbewusstsein war ja nie so ausgeprägt", sagte er der FR. "Von heute auf morgen hatte ich plötzlich ein Riesenselbstbewusstsein, einen Tag später habe ich wieder den Kopf hängen lassen. Wenn einer rief: 'Lauf mal, du Flasche', dann war es bei mir vorbei."
Oft dürfte das nicht gerufen worden sein, zu gut war "Holz" auf dem Platz, zu angenehm abseits davon. Vielmehr startete Hölzenbein eine Weltkarriere, erhielt die höchsten Weihen, die es im Fußball geben kann. Und wer kann das schon von sich behaupten? Vier Titel mit dem Herzensverein, all die unvergesslichen Momente. Als er in der zweiten Runde des Uefa-Cups 79/80 gegen Dinamo Bukarest im Sitzen per Kopf zum 2:0 abstaubte, war das nicht nur das Tor, das den Weg zum Titel ebnete, sondern auch ein prägender Moment für eine ganze Fan-Generation.
"Frankfurts Stolz – der Grabi und der Holz"
An der Seite von Jürgen Grabowski und Bernd Nickel prägte Hölzenbein eine Ära bei der Eintracht, wegen ihnen kamen die Menschen ins Stadion. "Frankfurts Stolz – der Grabi und der Holz" kann man noch heute auf T-Shirts und Aufklebern sehen, wenn man am Spieltag zum Waldstadion geht.
Frankfurts Stolz, auch weil Hölzenbein die Eintracht glänzend in der Nationalmannschaft vertrat. 40 Spiele machte er für die Nationalelf, sein wichtigstes Tor schoss dabei ein anderer. Im Finale 1974, in dem Hölzenbein durchspielte, ging er im Zweikampf mit Wim Jansen zu Boden, ein umstrittener Elfmeter, den Paul Breitner zum 1:1-Ausgleich gegen die Niederlande verwandelte. Und eine Szene, die Hölzenbein stets verfolgte, auf die er immer und immer wieder angesprochen wurde. "Elfmeter war es auf jeden Fall. Die Frage, die man mir stellen müsste: War es ein Foul?", sagte er einst. Nur um auf Nachfrage lachend die Pointe zu setzen: "Natürlich war es ein Foul".
"Mit Hessen zurück an die Spitze"
Nach einem Abstecher in die USA zum Ende seiner Karriere kehrte Hölzenbein Ende der Achtzigerjahre zu Eintracht Frankfurt zurück. Als Vizepräsident und Manager wollte er die Eintracht zurück auf Augenhöhe mit den Bayern bringen, die er als Spieler so oft geschlagen hatte. "Mit Hessen zurück an die Spitze", war seine Idee. Also holte er Spieler wie Uwe Bein, Ralf Falkenmayer, Ralf Weber, "die sieben mageren Jahre sind vorbei, jetzt kommen sieben fette", sagte er. Und in der Tat: Die Eintracht mauserte sich vom Abstiegskandidaten zur absoluten Spitzenmannschaft, verzückte mit Fußball 2000 die Liga, nie spielte eine Mannschaft in Deutschland schöneren Fußball als jene, die Hölzenbein zusammenstellte.
Dass diese begnadete Mannschaft am letzten Spieltag 1992 an sich selbst scheiterte und die Meisterschaft verspielte, ist die traurige Pointe dieser Ära, die Hölzenbein als "größte Enttäuschung in meinem sportlichen Leben" bezeichnete. Und doch ist es auch so: Diese Mannschaft ist der Fixpunkt für eine ganze Generation von Eintracht-Fans, Hölzenbein hat sie durch sein Wirken an den Klub gebunden. Das macht ihn zu einer der wichtigsten Figuren im Klub überhaupt: Jener Mensch, der die Fans erst als Spieler, dann als Funktionär für die Eintracht begeisterte.
"Ein liebenswerter Freund"
Nun ist Bernd Hölzenbein im Alter von 78 Jahren gestorben, nach langer, schwerer Krankheit. "Er hat unsere Eintracht fast 60 Jahre maßgeblich geprägt", sagte Eintracht-Vorstand Axel Hellmann angesichts der Nachricht vom Tod des Ehrenspielführers. Das ist nicht übertrieben, Hölzenbein war jahrzehntelang ein Gesicht der Eintracht, ein integraler Bestandteil der Seele dieses Klubs. "Wir verlieren mit ihm nicht nur eine der ganz großen Identifikationsfiguren unseres Vereins, sondern auch einen loyalen Mitarbeiter und einen liebenswerten Freund." Ruhe in Frieden.
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 16.04.2024, 19.30 Uhr
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