Szenen vom NFL-Event in Frankfurt

Gewinner, Verlierer? Für die meisten Zuschauer fast egal. Beim zweiten Frankfurt Game der NFL zählt das Ereignis viel mehr als das Ergebnis. Ein Eventbesuch beim Klassentreffen der Football-Fans.

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Football-Fest in Frankfurt

Musikkapelle am Bahnsteig im Frankfurter Hauptbahnhof
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Es klingt ein wenig kurios. Aber die beste Stimmung beim zweiten NFL-Spiel im Frankfurter Stadion herrschte, als nicht Football gespielt wurde. Richtig laut wurde es, als in den Spielpausen Mitsing-Hits wie "Sweet Caroline" oder "Country Roads" durch die Arena dröhnten und 50.000 Football-Fans den riesig auf den Anzeigentafeln soufflierten Text mitschmetterten und schunkelten.

Zugegeben: Das lag natürlich auch an der wirklich schwachen Partie zwischen den Indianapolis Colts und den New England Patriots, die nach vielen missglückten Offensivaktionen 10:6 endete. Aber es ist auch Teil des Gesamtkonzepts der National Football League, die symbolisch für die Ausprägung des Sports in den USA steht. Athletische Spitzenleistung wird zum Event, zur Rundum-Spaßbeschallung, perfekt orchestriert von einer gigantischen Marketingmaschinerie.

Künstlich, aber irgendwie auch verzaubernd

Das begann schon vor den Frankfurt Games, als die Stadt mit Werbung und Mini-Events zugepflastert wurde. Und das setzte sich am Sonntag fort. Bereits deutlich vor Spielbeginn verwandelte sich der Vorplatz des Waldstadions in ein Mini-Disneyland für Football-Fans. Wie beim berühmtesten Freizeitpark der Welt tauchte man in eine andere, künstliche, aber eben auch irgendwie verzaubernde Welt ein.

Szenen vom NFL-Event in Frankfurt

Hier amerikanisches Fast Food, da die Möglichkeit, mal als Receiver einen Pass zu fangen. Mood Management nennt man das im Marketing-Sprech – und die Besucherinnen und Besucher nahmen es mit meist leuchtenden Augen an. Schon Stunden vor dem Kick-Off fanden sich Zehntausende ein. Teils im Vollkörper-Schlafanzug in Patriots-Farben, teils mit abenteuerlichen Hüten in Wurst- oder Käse-Form, oder einfach mit irgendwelchen NFL-Trikots, die sie im Schrank hängen hatten.

Szenen vom NFL-Event in Frankfurt

Bucket-List abhaken

Es war ein echtes Klassentreffen der Football-Fans. Klar gab es eine ordentliche Zahl an Patriots-Fans. Der Club ist nach den Erfolgen der vergangenen Jahre eine der beliebtesten Organisationen. Aber die meisten der Glücklichen, die sich bei hunderttausenden Ticket-Anfragen ein paar Karten ergattert hatten, wären wohl auch bei jeder anderen Konstellation zu diesem Spiel gekommen. Hier ging es nicht um das sportlich eher unbedeutende Duell Patriots-Colts, sondern um das Event. Einmal ein NFL-Spiel sehen, Bucket-List abhaken.

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Colts schlagen Patriots in Frankfurt

NFL Frankfurt New England Patriots Indianapolis Colts
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Angereist waren sie aus allen Teilen Deutschlands und Europas und sie erlebten eine Atmosphäre, die so anders war als sonst im Waldstadion. In der Nordwestkurve, dort wo normalerweise die Anhänger von Eintracht Frankfurt ihr Fan-Tum mit fast religiöser Ernsthaftigkeit zelebrieren, wurde dieses Mal jede neue Spielerei, die die vielen Unterbrechungen beim Football überbrückte, gefeiert.

Knutschkamera und La-Ola-Welle

Und von diesen Spielereien gab es jede Menge. Egal ob Helfer T-Shirts ins Publikum warfen, Cheerleader tanzten oder die berühmte Kiss-Cam (in Frankfurt in Knutsch-Kamera umgetauft) per Nahaufnahme auf dem großen Videowürfel zum oft süßen und manchmal peinlichen Kuss aufforderte – es gab kaum eine spielfreie Sekunde, in der die Zuschauer nicht beschallt wurden. Spitzensport und Dauer-Event. Das ist das NFL-Konzept, mit dem das Unternehmen zur größten Sport-Liga der Welt aufstieg und das sie nun in die Welt trägt. Seit Jahren schon in London, seit 2022 nun auch in Deutschland.

Szenen vom NFL-Event in Frankfurt

Die allermeisten Zuschauer in Frankfurt, darunter unter anderem auch Ex-DFB-Manager Oliver Bierhoff, der selbst ja mit einer stärkeren Event-Ausrichtung der Fußball-Nationalmannschaft gescheitert war, genossen diese Reizüberflutung sichtlich. Und so war es nicht verwunderlich, dass am Ende sogar die La-Ola-Welle durchs Stadion wanderte. Obwohl die von den meisten Anhängern favorisierten Patriots verloren, obwohl das Spiel sportlich wirklich nicht viele Höhepunkte hatte. Das ist dann halt der Vorteil, wenn das Event genauso wichtig ist wie der Sport.

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