Immer häufiger missbrauchen Kriminelle Kreditkarten für unautorisierte Buchungen im Internet. Mit ausgefeilten Betrugsmaschen luchsen sie Verbrauchern deren Daten ab. Die Polizei rät dazu, gewisse Regeln einzuhalten.

Audiobeitrag

Audio

Online-Kreditkartenbetrug in Hessen nimmt zu

Eine Hand, die eine Kreditkarte vor einer Laptop-Tastatur in die Kamera hält
Ende des Audiobeitrags

Ullrich H. aus dem Wetteraukreis nutzt seine Kreditkarte schon seit über zehn Jahren, bislang ohne Probleme, wie er erzählt. Vor etwa einem halben Jahr sei jedoch darüber plötzlich mehrmals Geld von seinem Konto abgebucht worden, ohne dass er vorher zugestimmt habe. Über die Abbuchungen sei er per SMS informiert worden, sagt der Rentner.

"Ich saß abends auf meinem Sofa und bekam innerhalb von Minuten mehrere Nachrichten, dass jeweils über 1.000 Euro und mehr an ein Online-Reiseportal überwiesen werden", berichtet der 72-Jährige: "Zunächst habe ich mich gewundert, dann war ich richtig verstört und wusste nicht, was los ist." Insgesamt wurden fast 8.000 Euro abgebucht, bis Ullrich H. die Karte telefonisch sperren ließ.

Merkwürdiger Buchungsvorgang

So wie er fallen in Hessen immer mehr Menschen Kartenbetrügern zum Opfer. Nach Angaben des Landeskriminalamts (LKA) gab es 2022 fast 4.700 solcher Fälle. Das waren etwa 1.300 mehr als vier Jahre zuvor. Der Behörde zufolge steigen die Zahlen seit Jahren, und dieser Trend dürfte sich weiter fortsetzen.

Wie die Kriminellen in seinem Fall die Karte kapern konnten, kann Ullrich H. nur vermuten. Ein paar Tage zuvor hatte er einen Flug gebucht. "Der Buchungsvorgang war merkwürdig, zweimal ist er abgebrochen, erst beim dritten Anlauf hat es geklappt", erinnert sich der Rentner. Vermutlich seien die Hacker dabei an seine Daten gekommen: Kreditkartennummer, Ablaufdatum und Prüfziffer. 

Bank wirft Kunde Mitschuld vor   

Der 72-Jährige ist mit seiner Kreditkarte Kunde bei der Direktbank DKB. Dort geht man davon aus, dass ihr Kunde nicht auf der Webseite einer Fluggesellschaft war, sondern auf einer gefälschten Seite. Dort hätten Kriminelle seine Kartendaten ausspähen und anschließend Geld von seinem Konto abbuchen können. "Falls diese Buchungen betrügerisch erfolgten, dann nur, weil Ullrich H. all diese Daten herausgegeben hat", heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme der Bank.

Viele Betroffene dürften sich erst gar nicht erinnern, wann sie ihre Kartendaten unvorsichtigerweise herausgegeben hätten, glaubt Dirk Hintermeier, beim LKA Experte für Cybercrime: "Das kann auf einem gefälschten Anzeigenportal sein oder in einem Internetshop. Oft nutzen die Täter die dort erbeuteten Daten auch nicht sofort, sondern zum Beispiel erst ein halbes Jahr später."

Sicherheitsverfahren ausgehebelt

Damit Kriminelle solche Daten nicht ohne Weiteres für eine Einkaufstour im Internet nutzen können, gibt es extra Sicherheitsverfahren. Die hätten auch im Fall des Rentners aus der Wetterau gegriffen, argumentiert seine Bank DKB. Vor Erteilung der Zahlungsaufträge habe man seine Identität noch einmal überprüft und ihn gebeten, die Zahlungen mit einer App auf seinem Handy freizugeben. Ullrich H. hält dagegen und sagt, er habe diese App nie heruntergeladen.

Nach Angaben des Landeskriminalamts passiert es oft, dass Kriminelle nicht nur an die Kartendaten, sondern auch noch an die Zugangsdaten fürs Online-Banking kommen. Dadurch könnten sie dort angegebene Handynummern ändern und sich mit neuen Geräten für ein Authentifizierungsverfahren anmelden, sagt LKA-Experte Hintermeier.

Bankmitarbeiter rufen nicht an

"Dafür geben sich die Täter als Bankmitarbeiter aus", sagt Hintermeier. Mit täuschend echten Mails und Webseiten brächten sie Verbraucher dazu, ihren Benutzernamen und ihr Passwort fürs Online-Banking mitzuteilen.

Der Kriminalbeamte rät Kunden, sich in solchen Situationen nicht unter Druck setzen zu lassen. Sie sollten weder auf solche E-Mails noch auf entsprechende Telefonate eingehen. Denn Banken und Sparkassen würden wichtige Informationen nie auf diese Weise abfragen.

Ihre Kartenabrechnungen sollten Verbraucher regelmäßig kontrollieren, rät Hintermeier. Gebe es Unstimmigkeiten, sollten sie die Bank sofort kontaktieren. Ihre Karten sollten sie unverzüglich sperren lassen, dafür könnten sie in Deutschland die Sperr-Notrufnummer 116 116 nutzen. Außerdem sei es ratsam, dass die Betroffenen bei der Polizei Anzeige erstatten.

Flüchtige Spur des Geldes

Ullrich H. hat sich mittlerweile Rat gesucht: bei Sebastian Koch, einem Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht in Bad Nauheim (Wetterau). Er allein kümmert sich um rund 600 Fälle von Kartenbetrug.

Koch erzählt, dass es oft schwierig sei, die Täter zu ermitteln. Oft handele es sich um hochprofessionelle Banden, die sehr überzeugend sein könnten. Auch die Spur des Geldes verliere sich in vielen Fällen sehr schnell, weil die Kriminellen es zum Beispiel in Kryptowährungen umtauschten.

Was den Rentner aus der Wetterau angeht und die gestohlenen fast 8.000 Euro, streitet er sich um diese Schadenssumme mit der DKB vor Gericht. Laut Anklageschrift wirft Ullrich H. ihr vor, dass sie den Betrug nicht schnell genug erkannt und verhindert habe. Ihr Sicherheitssystem sei nicht aktuell. Das Verfahren am Landgericht Berlin läuft.  

Weitere Informationen Ende der weiteren Informationen
Formular

hessenschau update - Der Newsletter für Hessen

Hier können Sie sich für das hessenschau update anmelden. Der Newsletter erscheint von Montag bis Freitag und hält Sie über alles Wichtige, was in Hessen passiert, auf dem Laufenden. Sie können den Newsletter jederzeit wieder abbstellen. Hier erfahren Sie mehr.

* Pflichtfeld

Ende des Formulars