Streikende in gelben Westen mit Transparenten wie "Wenn wir streiken, steht die Welt still" und "Mehr von uns ist besser für alle".

Rund 4.000 Beschäftigte waren zum zweitägigen Warnstreik am Frankfurter Uniklinikum aufgerufen, am Ende beteiligten sich deutlich weniger. Die Gewerkschaft Verdi sprach dennoch von einem starken Signal.

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Warnstreik am Uniklinikum Frankfurt

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Zahlreiche Angestellte des Uniklinikums Frankfurt haben am Donnerstag und Freitag für bessere Arbeitsbedingungen gestreikt. Rund 800 Beschäftigte hätten teilgenommen, teilte die Gewerkschaft Verdi am Freitag mit und zeigte sich in einer Mitteilung zufrieden mit dem Verlauf.

Die Teilnehmenden hätten gezeigt, "dass sie Veränderung wollen und dass sie bereit sind, dafür einzustehen", sagte Verdi-Streikleiterin Hilke Sauthof-Schäfer demnach. Beschäftigte aus allen Bereichen seien zugegen gewesen. Sie hatten sich an den zwei Tagen unter anderem am Haupteingang des Uniklinikums mit Transparenten und Trillerpfeifen versammelt, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.

"Menschlich nicht mehr zu ertragen"

Viele sehen sich am Ende ihrer Kräfte, wie eine junge Intensivkrankenschwester beschreibt, die inzwischen gekündigt hat: "Über die letzten Jahre hinweg müssen wir immer mehr Patienten betreuen. Normalerweise soll eine Intensivpflegekraft einen schwerkranken Patienten betreuen - die Realität ist aber, dass wir in der Regel bis zu drei Patienten versorgen müssen."

Die Konsequenz daraus sei, dass die Pflegekräfte für niemanden mehr wirklich Zeit hätten. "Es ist auch menschlich nicht mehr zu ertragen", so das Fazit der Intensivkrankenschwester.

Krankenhäuser in Hessen "seit Jahren maximal belastet"

Die Gewerkschaft Verdi hatte insgesamt 4.000 nichtärztliche Beschäftigte dazu aufgerufen, bis einschließlich Freitag die Arbeit niederzulegen. An beiden Tagen fanden Demonstrationszüge mit Start vor dem Krankenhaus statt.

Die Beschäftigten in den hessischen Krankenhäusern seien "seit Jahren maximal belastet", erklärt die Hessische Krankenhausgesellschaft. "Die Mitarbeiter sind dauerbelastet, ausgepowert und zum großen Teil auch desillusioniert", sagt deren Direktor Steffen Gramminger. Es sei verständlich, dass sie unzufrieden seien und sich Gehör verschafften.

Stationen wurden vollständig geschlossen

Von Krankenhausseite hieß es, der Arbeitskampf habe zu "erheblichen Einschränkungen der medizinischen Versorgungsleistung" geführt. Die Uniklinik teilte mit: "Einige Stationen wurden vollständig geschlossen, in vielen weiteren wurde die betriebene Bettenzahl reduziert." Verschiebbare Operationen und Eingriffe seien weitgehend abgesagt worden. Verdi und die Klinik hatten sich auf eine Notdienstvereinbarung verständigt.

Die Tarifverhandlungen über eine Entlastung des nichtärztlichen Personals waren am Mittwoch ohne Einigung geblieben. Zuvor hatte die Gewerkschaft der Uniklinik ein Ultimatum gesetzt. Die Verhandlungspartner wollen sich am Montag wieder treffen. Unter anderem geht es um die Einhaltung selbst gesetzter Personalschlüssel - etwa zur Anzahl von Patienten pro Pflegekraft, zu besseren Ausbildungsbedingungen und zum Ausgleich für Arbeit in Überlastungssituationen.

Streik auch in Marburg

Die Uniklinik Frankfurt ist eine von nur zwei in Hessen. Das Uniklinikum Gießen-Marburg wurde privatisiert und gehört zur Rhön-Klinikum AG. Auch dort sind Beschäftigte in den vergangenen Wochen in den Warnstreik getreten. Hintergrund ist nach Angaben von Verdi das drohende vertragliche Auslaufen wichtiger Sicherheiten für die Beschäftigten.

Die Mitarbeiter fürchten der Gewerkschaft zufolge unter anderem Kündigungen sowie das Ende von Übernahmegarantien für Auszubildende. Derzeit laufen die Verhandlungen zwischen Land und Rhön-Klinikum über eine neue Vereinbarung.

Fast 69.000 Menschen als nichtärztliches Personal beschäftigt

Das sogenannte nichtärztliche Personal an den hessischen Krankenhäusern umfasst den zuletzt verfügbaren Zahlen zufolge knapp 69.000 Beschäftigte.

Die Statistik aus dem Jahr 2020 führt dabei als größte Gruppe die mehr als 36.000 Angehörigen des Pflegdiensts an, darunter mehr als 30.000 Frauen. Im medizinisch-technischen Dienst arbeiten knapp 12.900 Beschäftigte, dazu gehören etwa Radiologieassistentinnen, Physiotherapeuten und Apothekenpersonal. Der sogenannte Funktionsdienst zählt nach Angaben des Statistischen Landesamts rund 9.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter Hebammen sowie der Krankentransport. Hinzu kommen weitere Personalgruppen.

SPD unterstützt Arbeitskampf

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Warnstreik an Frankfurter Uniklinik hat begonnen

Streikende in gelben Westen mit Transparenten wie "Wenn wir streiken, steht die Welt still" und "Mehr von uns ist besser für alle".
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Zustimmung erfuhr der Streikaufruf von der SPD-Landtagsfraktion. "Wir stellen uns solidarisch hinter den Arbeitskampf und fordern die hessische Landesregierung und die UKF-Geschäftsführung auf, feste Personalschlüssel und ausreichend Entlastungstage tariflich festzuschreiben, wie es das Verhandlungsteam fordert", teilten die parlamentarische Geschäftsführerin Daniela Sommer und die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der SPD im Gesundheitswesen (ASG), Stefanie Minkley, mit.

Mehr als 10.000 abgesagte Operationen bei NRW-Streik

Zuletzt hatte es in Nordrhein-Westfalen einen wochenlangen Arbeitskampf um bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten der dortigen sechs Unikliniken gegeben. Weit mehr als 10.000 Operationen mussten wegen knapper Besetzung verschoben werden.

Mitte Juli einigten sich Arbeitgeber und Gewerkschaft dann auf einen Kompromiss, der unter anderem einen besseren Personalschlüssel insbesondere in patientennahen Berufsgruppen sowie eine schichtgenaue Belastungsmessung durch freie Tage vorsieht.

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