Illustration aus Portraits der Protagonisten und

Vorbild auch für andere Unternehmen? Zwei Firmen in Nordhessen haben die Vier-Tage-Woche eingeführt - bei vollem Gehalt und Urlaubsanspruch für ihre Mitarbeiter. Wie funktioniert das Modell?

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Vier-Tage-Woche in Metallbaufirma

hs
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Für Heizungsbauer Stephan Käst beginnt der Arbeitstag jetzt immer ein bisschen früher und endet später. Trotzdem rechnet sich das für ihn. Denn dafür hat er den Freitag frei. Sein Arbeitgeber, die Reuse Haustechnik in Kassel, hat vor einigen Monaten die Vier-Tage-Woche eingeführt. Arbeitnehmer Käst ist von dem Modell überzeugt: "Das ist super. Man hat ein langes Wochenende, kann wegfahren." Außerdem habe er so Zeit, freitags Behördengänge zu erledigen.

Arbeitszeit wird auf vier Tage verteilt

Es war der Wunsch der Belegschaft, das neue Arbeitsmodell einmal auszuprobieren. Die Geschäftsleitung folgte dem Vorschlag. "Ich erhoffe mir, dass die Mitarbeiter glücklicher und zufriedener werden, gesünder bleiben", sagt Reuse-Geschäftsführer Stephan Rech. Er sieht in dem Modell auch ein Alleinstellungsmerkmal seiner Firma.

Im Kampf um Fachkräfte könne das ein Plus sein und das Heizungsbauunternehmen attraktiver machen. Zu klären sei nur gewesen, ob die neuen Betriebszeiten mit Lieferanten und Kunden kompatibel seien. Das war es. In der Branche habe er zudem viel positive Rückmeldung erhalten. "Mich haben schon Kollegen angerufen und gesagt: 'Finden wir toll. Endlich traut sich mal jemand was. Das Handwerk ist sehr traditionell und es bedarf viel Mut."

Vor der Regelung haben die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Unternehmens freitags fünf Stunden gearbeitet. Diese fünf Stunden wurden nun auf die übrigen vier Arbeitstage verteilt. Die Arbeitszeit bleibt also unverändert. Auch das Gehalt und die Urlaubstage bleiben unverändert.

Zwei Männer stehen in einer Werkstatt und arbeiten.

Angestellte zunächst skeptisch

Einem etwas anderen Modell folgt das Unternehmen Franz Rönnau - Metall ums Haus aus Hessisch Lichtenau (Werra-Meißner). Die Metallbaufirma hat ebenfalls die Vier-Tage-Woche eingeführt, aber gleichzeitig auch die Arbeitszeit von 40 auf 36 Stunden verkürzt - bei gleicher Bezahlung und gleichem Urlaub. Der Impuls ging von Geschäftsführerin Marie-Antoinette Schleier aus. In einem Schweden-Urlaub hatte sie gesehen, dass das Modell in skandinavischen Ländern getestet wird und es dann zu Hause in Nordhessen ihren Angestellten vorgestellt.

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Vier-Tage-Woche in anderen Ländern

Anfang des Jahres hat Belgien beschlossen, dass Vollzeit-Arbeitnehmende künftig flexibel ihre Arbeit auf vier oder fünf Tagen aufteilen können. Das soll zum Beispiel die Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben vereinfachen. Spanien und Großbritannien testen ebenfalls solche Modelle, Schweden hatte vor einigen Jahren eine Testphase.

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Zunächst sei die Idee nicht gut bei den Beschäftigten angekommen, erinnert sich Schleier. "Die waren eher skeptisch. Die haben gesagt: 'Ach nein, da schaffen wir unsere Arbeit nicht, wie sollen wir das denn machen?'" Daher habe sich Schleier mit ihren Angestellten auf einen dreimonatigen Probelauf geeinigt - und der war erfolgreich. Seit September 2021 ist die Vier-Tage-Woche fester Bestandteil im Unternehmen.

"Der Mehrwert von diesem Freitag ist unbeschreiblich", freut sich Geschäftsführerin Schleier. "Ich habe den Eindruck, dass meine Mitarbeiter viel motivierter und engagierter arbeiten", sagt sie. Alle seien gleichbleibend produktiv, vielleicht sogar produktiver, und auch auf die Umsätze wirke sich die Vier-Tage-Woche nicht negativ aus.

Portrait einer Frau.

Experte: Nicht für alle Branchen geeignet

Könnte die Vier-Tage-Woche also so etwas wie das Arbeitsmodell der Zukunft werden? Der Kasseler Arbeits- und Organisationspsychologe Oliver Sträter ist da ein bisschen skeptisch. Für alle Branchen lasse sich das nicht so leicht umsetzen, sagt er in der hessenschau. "Je höher die psychische oder physische Belastung, desto längere Ruhepausen am Tag brauche ich", sagt er. Das betreffe etwa die Pflege oder Dachdecker. Hier könnten die Arbeitskräfte nicht einfach eine Stunde mehr am Tag arbeiten.

Er sagt aber auch: "Die beiden Firmen haben gezeigt, dass es günstiger ist, an der Motivation und an der Zufriedenheit der Mitarbeitenden zu arbeiten. Dann kann man mehr Produktivität erreichen".

Sowohl Reuse Haustechnik als auch Franz Rönnau – Metall ums Haus werden jedenfalls auf absehbare Zeit bei ihrer Vier-Tage-Woche bleiben. Und so heißt es bereits am kommenden Donnerstag wieder: Hoch die Hände, Wochenende.

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Ihre Kommentare Vier-Tage-Woche: Was halten Sie davon?

15 Kommentare

  • 36 Stunden langen voll und ganz aus und man ist produktiver ..weniger krankheitstage..arbeite im Gesundheitswesen und habe meine Arbeitszeit reduziert..zunächst für 2 Jahre..werde aber definitiv nicht mehr 40 Stunden arbeiten trotz weniger Lohn..meine Gesundheit ist mir wichtiger..und in vielen privat Krankenhäuser arbeitet man ja eh eher für die Aktionärs Gewinne..die sind mir egal meine Gesundheit ist mir wichtiger ..wenn mein Arbeitgeber nicht mitmacht sein Problem..suche ich mir einen anderen..Die Ausbeutung ist zu ende

  • und wer soll das bezahlen? das wird dann doch auf die End-Kunden umgelegt, dann steigt die Inflation noch weiter und es wird wieder gejammert von der Schere zw. Arm und Reich und der Spaltung der Gesellschaft. Noch nie gab es so wenig wirtschaftlichen Sachverstand wie heute, mal sehn wie der Winter wird und wie sich dann die Arbeitslosenzahlen entwickeln? aber egal Hauptsache mehr Freizeit, egal was es kostet! Freizeitpark Hessen.

  • wer es sich leisten kann? ich nicht, 40 Std sind OK
    wo soll denn das ganze Personal herkommen, das die übrigen Zeiten abdeckt?

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