Strommast bei Frankfurt

Neue Stromtrassen treffen selten auf Gegenliebe: Nach den "Monster-Masten" des Suedlink heißt das nächste Schreckgespenst in Osthessen "Fulda-Main-Leitung". Der Netzbetreiber sucht gerade einen passenden Korridor - an Hünfeld führt dabei wohl kein Weg vorbei.

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Diskussionen um geeigneten Stromtrassen-Verlauf

Hochspannungsmast
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Die Planungen für den Bau einer Stromtrasse durch Osthessen sorgen für Diskussionen und Ungemach. Der Netzbetreiber Tennet will eine rund 130 Kilometer lange Wechselstromleitung von Ludwigsau-Mecklar (Hersfeld-Rotenburg) nach Bergrheinfeld in Unterfranken errichten. Doch der ins Auge gefasste Trassenverlauf über 51 Kilometer von Mecklar bis zum Umspannwerk in Dipperz (Fulda) stößt an einigen Orten in Osthessen auf Widerstand.

Die sogenannte Fulda-Main-Leitung soll im Jahr 2031 fertig sein. Sie soll Teile von Hessen und Bayern mit regenerativem Strom versorgen. Die Trasse ist eine der vielen derzeit laufenden Projekte für die Energie-Infrastruktur in Deutschland. Knappe Transport-Kapazitäten, etwa zwischen dem Norden und Süden des Landes, sollen ausgebaut werden. Der Stromnetz-Ausbau spielt eine zentrale Rolle bei der vielbeschworenen Energiewende.

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Energiewende

Bis 2030 soll der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromproduktion auf 65 Prozent erhöht werden, der Ausstieg aus der Kernenergie soll bis 2022 vollzogen sein und ab 2038 soll vollständig auf Kohlestrom in Deutschland verzichtet werden.

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Tennet hat für die Fulda-Main-Leitung, 380.000 Volt stark, neben einem favorisierten Trassenverlauf noch zwei Alternativen vorgeschlagen. Doch in Hünfeld zum Beispiel kann man sich mit keiner Variante anfreunden - denn alle tangieren sie die Kleinstadt nördlich von Fulda. Um die Menschen zu überzeugen, hielt Tennet vor kurzem Infoveranstaltungen in Hünfeld und Bad Hersfeld ab. Doch im Publikum war deutliche Skepsis zu vernehmen.

So könnte die Stromtrasse verlaufen

Hessenkarte mit Vorschlags- und alternativen Trasse

Hünfelds Bürgermeister Benjamin Tschesnok (CDU) ist der Meinung, dass "keiner der drei vorgesehenen Trassenkorridore" genutzt werden könne - aufgrund der "sehr hohen Raumwiderstände". Das bedeutet: Es gebe bereits jetzt eine Überbündelung an Strom -und Gasleitungen sowie an Eisenbahnlinien und anderen Verkehrswegen.

Besucher der Info-Veranstaltung in Hünfeld kritisierten, dass die Trassen für ihr Empfinden zu nah an der Wohnbebauung verlaufen solle und die Natur zu stark beeinträchtigt werde.

Hünfeld präferiert seine vierte Variante

Aufgrund der Kritikpunkte haben der Magistrat und die Stadtverordnetenversammlung Hünfeld den Netzbetreiber Tennet aufgefordert, über weitere Alternativen nachzudenken. Die Hünfelder haben deshalb eine vierte Variante in die Diskussion gebracht: Eine Trasse, die westlich von Michelsrombach, einem abgelegenen Stadtteil von Hünfeld, verläuft.

Siegfried Weber aus der Hünfelder Stadtverwaltung sagte: "Die vierte Trasse verläuft außerhalb von Schutzgebieten. Dort ist zwar Wald, aber man könnte die Leitung dort eleganter verlegen, weil sie dort nicht so viele Menschen betrifft." Große Strommasten möchte natürlich niemand in Sichtweite haben. Bei der Fulda-Main-Leitung wären sie 65 bis 70 Meter hoch.

Weitere Prüfung bei der Bundesnetzagentur

Ob diese vierte Varianten noch berücksichtigt werden kann, ist unklar. Tennet-Sprecherin Cindy Schemmel sagte, dass der vierte Trassenvorschlag zur Prüfung bei der Bundesnetzagentur liege. Wenn die grünes Licht gebe, könne man sie gleichberechtigt mit den anderen betrachten.

Die Firma Tennet will ihre weiteren Pläne bis Anfang nächsten Jahres der Bundesnetzagentur vorlegen. Die Behörde will dann bis Ende nächsten Jahres darüber entscheiden, wo die Trasse genau verlaufen soll.

Bad Hersfeld will nur Erdverkabelung

Die Bundesnetzagentur stellt, ganz gleich um welche Trasse es sich handelt, immer wieder Kritik zu Ausbauplänen der Stromleitungen fest: "Vor Ort gibt es immer wieder Widerstand von Kommunen, Bürgerinitiativen und mit der Festlegung der Erdverkabelung auch von Landwirten."

Sollte eine Variante bevorzugt werden, die Bad Hersfeld betrifft, so hat die Kur- und Festspielstadt klare Vorstellungen. "Die Stadtverordnetenversammlung der Kreisstadt Bad Hersfeld stimmt nur einer Erdverkabelung zu", erklärte Stadtsprecher Meik Ebert. Bei dieser Methoden würden keine großen Strommasten errichten werden, die Kabel würden unterirdisch durch den Boden verlaufen. Diese Methode ist aber viel teurer.

Erdkabel, aus der Froschperspektive fotografiert, liegen unter einer Hochspannungsleitung.

BUND: "Vollkommen überdimensioniert"

Für den Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) wiederum ist der gesamte vorgesehene Netzausbau "vollkommen überdimensioniert". Die Umweltschützer berufen sich auf eine im April 2021 vorgelegte Studie, wonach eine dezentrale Erzeugung grünen Stroms, also möglichst nahe an den Verbrauchsorten, deutlich kostengünstiger sein soll als die bisherigen Ausbaupläne.

Für eine "dezentrale Energiewende ohne überdimensionierten Netzausbau" spricht sich auch der Bundesverband der Bürgerinitiativen gegen Suedlink in einem Brief an Bundeswirtschafts Robert Habeck (Grüne) aus. Kritisiert wird darin, dass Planungsverfahren zuletzt "auf Kosten der Bürgerbeteiligung und des Umweltschutzes massiv beschleunigt worden" seien.

Suedlink trifft Werra-Meißner-Kreis

Apropos Suedlink: Diese Stromtrasse sorgte in jüngster Vergangenheit ebenfalls für Widerstand in Osthessen. Jahrelang wurde darum erbitttert gestritten. Letztlich blieb die Region von den gewaltig hohen "Monster-Masten", wie sie genannt wurden, verschont. Die am Ende gewählte Trasse betrifft nur einen Teil des Werra-Meißner-Kreises und biegt dann nach Thüringen ab. Diesmal gibt es aber keine Variante, die um die Region herumführt.

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