Für zwei Millionen Euro errichtete die Stadt Wiesbaden eine Wasserstofftankstelle. Lange dauerte es, bis die ersten Busse dort betankt wurden. Jetzt sollen sie nach kurzer Zeit schon wieder verkauft werden. Wirtschaftsminister Al-Wazir zeigt sich "irritiert".

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Kehrtwende: Wiesbaden schafft Wasserstoffbusse ab  

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Diesel statt Wasserstoff: Die Stadt Wiesbaden schafft ihre mit Brennstoffzellen betriebenen Busse nach nur einem Jahr wieder ab. Das teilte die städtische Verkehrsgesellschaft ESWE am Mittwoch überraschend mit.

In "Abwägung aller Argumente" habe man sich bewusst dazu entschieden, bei einer Neuausrichtung der Fuhrpark-Strategie auf die Wasserstoffbusse zu verzichten, sagte ESWE-Geschäftsführer Jan Görnemann. "Wir gehen einen Schritt auf einem Weg zurück, um zwei Schritte auf einem anderen Weg voranzukommen."

Drei Antriebe sind einer zu viel

Neben den zehn Wasserstoffbussen besteht die Flotte der ESWE derzeit aus 120 Elektrobussen und 130 Dieselfahrzeugen. Schon zwei Antriebstechnologien seien bei dem geringen Platz auf dem Betriebshof "sehr anspruchsvoll", sagte Görnemann.

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Wiesbaden tauscht Wasserstoff- gegen Dieselbusse

Ein Bus steht neben der Wasserstofftankstelle.
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Hinzu komme, dass die Wasserstoffbusse nur mit einer Länge von zwölf Metern und ohne Gelenk auf dem Markt verfügbar seien. Um der hohen Nachfrage an Fahrgästen in der verstopften Innenstadt gerecht zu werden, will die ESWE nun vermehrt auf längere Busse von knapp 19 Metern setzen. Dazu sollen bis 2024 nun noch einmal 36 Dieselbusse gekauft werden.

Eine Kehrtwende: Noch im Oktober 2021 kündigte die ESWE an, ihre komplette Busflotte auf erneuerbare Energien umzustellen. In den kommenden Jahren wolle sie "keinen einzigen" Dieselbus mehr einsetzen, verkündete die Verkehrsgesellschaft vor gut einem Jahr.

Wirtschaftsminister Al-Wazir: "Das falsche Signal"

Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) zeigte sich "irritiert" über die Entscheidung der ESWE und verwies darauf, dass die Wasserstofftankstelle jeweils mit einer Millionen Euro von Hessen und Rheinland-Pfalz gefördert worden war. "Da kann man nicht einfach nach einem guten Jahr Betrieb aufgrund von Argumenten, die bereits bei der Inbetriebnahme feststanden, wortlos aus dem Projekt aussteigen", teilte Al-Wazir mit.  

Zudem sei es das falsches Signal, in Zeiten der Energiekrise auf Dieselbusse zu setzen. "Ich halte es für zwingend geboten, dass sich der Fördermittelempfänger zu den Sachverhalten mit Hessen und Rheinland-Pfalz in Verbindung setzt und erklärt, wie es mit dem geförderten Projekt weitergehen soll", so Al-Wazir.

Mehr Elektrobusse nur mit größerem Betriebshof

Perspektivisch will die ESWE neben den Wasserstoffbussen immer noch auf 61 kurze Dieselbusse ohne Gelenk verzichten, wie sie weiter mitteilt, und dafür ab 2025 vermehrt Elektrobusse anschaffen. Voraussetzung dafür sei aber ein größerer Betriebshof, denn die E-Busse müssen immer für längere Zeit an Ladesäulen angeschlossen sein. "Vorher ist das unmöglich", sagte Görnemann. Man stehe mit allen Partnern im Austausch, um die nächsten Schritte zu planen, hieß es seitens der ESWE.

Bereits der Start der Wasserstoffbusse war holprig gelaufen. Ursprünglich sollten die Busse schon im Sommer 2019 rollen. Doch während die Wasserstofftankstelle Anfang 2020 eröffnet wurde, blieb die Kundschaft zunächst aus: Ein Deal mit dem Lieferanten war geplatzt. Erst im Dezember 2021 fuhren die ersten Brennzellenbusse durch die Landeshauptstadt.

Seit ein paar Wochen stehen sie still. Laut einem Bericht der FAZ gab es einen Defekt an der zwei Millionen Euro teuren Wasserstofftankstelle, der sich so schnell nicht reparieren ließ.

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