Legale Lost Places in Hessen Sieben verlassene Orte für Entdecker und Foto-Jäger

Bunkeranlagen, ein Tunnelportal wie aus einer anderen Welt, ein alter Steinbruch und der größte Galgen Deutschlands: In Hessen gibt es eine Reihe von Orten, die für Fans von Lost Places interessant sind. Diese Ausflugstipps sind sogar legal zu besichtigen ...

Ein Tunnelportal - es sieht aus wie eine kleine Miniburg
Das Portal des ehemaligen Friedatunnels beherbergt heute vor allem Fledermäuse. Bild © Karl Schlemmer / gemeinfrei

Verlassene Orte und morbide Gebäude ziehen Abenteuerlustige und Fotografen gleichermaßen an. Auch in Hessen gibt es einige beeindruckende sogenannte Lost Places zu entdecken. Bloß: Oft ist es gar nicht legal, solche Orte zu besuchen. Sie sind eingezäunt, bewacht, einsturzgefährdet und meist in Privatbesitz.

Wir geben deshalb ganz legale Tipps für Lost-Places-Fans in Hessen, bei denen Sie keinen Hausfriedensbruch begehen müssen. Tauchen Sie ein in eine Welt vergangener Zeiten und erleben Sie den mysteriösen und manchmal auch morbiden Charme dieser verlassenen Orte.

1. Der Beerfelder Galgen

Ein Galgen - das weiß jedes Kind, das sich fürs Mittelalter interessiert - diente früher als Hinrichtungsstätte. Der Beerfelder Galgen wird dafür heute freilich nicht mehr genutzt, ist nun aber eine Art Kulturdenkmal. Er ist der größte noch erhaltene Galgen im Bundesgebiet und soll laut Tourismus Bergstraße-Odenwald im Jahr 1597 gebaut worden sein.

Das Bauwerk steht auf einer Anhöhe an der Landesstraße in Richtung Airlenbach - etwa 500 Meter von der Oberzenter Ortschaft Beerfelden (Odenwald) entfernt. Er besteht aus drei Sandsteinsäulen von fünf Metern Höhe.

Der Beerfelder Galgen
Der Beerfelder Galgen Bild © Wikipedia/Lordronin

Die letzte dokumentierte Hinrichtung erfolgte im Jahre 1746: Wegen Ehebruchs und Diebstahls wurde Adam Beisel aus dem Nachbarort Unter-Sensbach gehängt. So steht es nach Angaben der Stadt Oberzent in den Kirchenbüchern. Der Galgen unterstand der Herrschaft der Grafen von Erbach.

Der Ort strahlt eine besondere Atmosphäre aus und lädt dazu ein, sich mit der dunklen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Angeblich soll sogar der Platz des Galgens mit der Panorama-Aussicht bewusst gewählt worden sein, um eine Verschärfung der Strafe zu erzielen. Laut dem Tourismus-Büro sollte der Missetäter dadurch noch einmal die Schönheit der Welt erblicken, die er verlassen musste.

2. Tief unter der Erde: Verlassene Bunker in Hessen

In unserem Bundesland gibt es zahlreiche Bunkeranlagen, die noch intakt sind und besichtigt werden können. Besonders solche, die zur Zeit des Kalten Kriegs gebaut wurden, sind oft noch immer in gutem Zustand - aber auch Relikte aus dem Zweiten Weltkrieg gibt es noch. In der Regel sind Besuche nur mit einer Führung möglich, die ein paar Euro Eintritt kostet. Zu gefährlich wären die Anlagen sonst - außerdem sind sie verschlossen, um vor Vandalismus geschützt zu sein.

So lässt sich etwa der Weinberg-Bunker in Kassel besichtigen. Hier führt der Feuerwehrverein jeden ersten Montag im Monat durch die Geschichte des Bunkers, der zunächst zur Lagerung von Fuldaer Eis diente, später dann zum Bierkeller wurde und im Weltkrieg als umgebauter Luftschutzbunker bis zu 10.000 Menschen Schutz bot. Andere Bunker mit Führungen auf Anfrage gibt es etwa in Bad Wildungen (Waldeck-Frankenberg), Butzbach oder Ilbenstadt (beide Wetterau).

3. Friedatunnel bei Eschwege

Der Friedatunnel bei Meinhard-Schwebda (Werra-Meißner), ganz in der Nähe von Eschwege, ist ein tolles Ziel für einen Tagesausflug, besonders für Liebhaber der Eisenbahngeschichte und Naturliebhaber. Ursprünglich als Teil einer militärischen Eisenbahnstrecke erbaut, der sogenannten Kanonenbahn, die schon längst stillgelegt wurde, sollte das Bauwerkt einen Berg untertunneln.

Von dem Tunnel selbst ist nicht mehr viel übrig, er wurde zugeschüttet. Erhalten, besonders schön - und auch ein bisschen schaurig - sind die zwei Portale, die in den Tunnel hineinführten. Sie stehen so prunkvoll und dennoch wie verwachsen im Berg da, dass man meinen könnte, dahinter befände sich ein Drachenschatz. Die einzigen entfernt drachenähnlichen Tiere, die hier leben, sind allerdings Fledermäuse.

Wer einen Ausflug an eines der Portale unternehmen möchte, kann das auch mit Etappen des Kanonenbahn-Radwegs kombinieren, der an der stillgelegten Bahntrasse entlangführt.

4. Steinbruch Michelnau

Eigentlich ist er kein "Lost Place", denn verlassen ist der Steinbruch nicht: Ein schaurig schöner Ort, voller Historie, Geologie und toller Motive für Fotografinnen und Fotografen ist der Steinbruch Michelnau (Wetterau). Vor rund 15 Millionen Jahren war hier in der Nähe der Stadt Nidda ein Schlackenvulkan aktiv, teilt der Verein mit, der sich um den Erhalt und die Überwachung des Geländes kümmert und auch Führungen anbietet.

Der Steinbruch Michelnau, eine Art Grube, die von roten Steinen umrandet ist - im Hintergrund steht ein Holzkran.
Der Steinbruch Michelnau mit Deutschlands größtem Holzkran. Bild © steinbruch-michelnau.de

Allein aus geologischer Sicht lässt sich im Steinbruch viel lernen: Der Stein ist rot und nicht grau-blau wie üblicher Basalt. Lava sei hier nicht ruhig herausgeflossen, sondern glühende Lavafetzen seien einst umhergespritzt - explosiver Vulkanismus nennen die Fachleute das.

Das Innere des Steinbruchs ist nur zu offiziellen Öffnungszeiten und bei Führungen frei zugänglich, es muss aus Sicherheitsgründen rund um die Uhr kameraüberwacht werden. Legal besucht werden können daher außerhalb dieser Zeiten die drei Aussichtsplattformen. Von ihnen hat man einen tollen Blick auf den Steinbruch. Über QR-Codes gibt es zusätzlich Infos zur Geschichte - inklusive einem Wanderweg nebenan.

Und ein echtes Superlativ steht auch auf dem Gelände: Deutschlands größter Holzkran, erbaut 1952, mit einem Ausleger, der etwas über 20 Meter lang ist.

5. Moor-Pfad durchs Rote Moor

Knorrige Bäume, feuchte Wiesen, einsame Landschaften - das Rote Moor, das zweitgrößte Hochmoor in der Hohen Rhön mit einer Gesamtgröße von 314 Hektar, ist garantiert einen Abstecher wert. Es liegt etwa fünf Kilometer südöstlich der Wasserkuppe bei Gersfeld (Landkreis Fulda).

Alle die sich ein bisschen gruseln oder einfach etwas über die Geschichte dieses Gebiets lernen wollen - immerhin eines der ältesten Naturschutzgebiete in Hessen, finden hier einen rund drei Kilometer langen Rundweg. Daneben sind Infotafeln über Pflanzen, Tiere und die Geschichte des Moores. Der Weg ist sogar mit Bohlen ausgelegt und soll damit für Rollstuhlfahrer und Kinderwagen geeignet sein.

Weg im Wald, bestehend aus Moorbirken, Im Roten Moor. Das Rote Moor liegt etwa fünf Kilometer südöstlich der Wasserkuppe bei Gersfeld (Landkreis Fulda) in der hessischen Rhön.
Moorlehrpfand am Roten Moor: Besser nicht vom Weg abkommen... Bild © IMAGO / Hohlfeld

Start für Wanderungen ist der Parkplatz "Moordorf". Hier befindet sich ein NABU-Haus mit Toiletten. Wer dem Moorlehrpfad folgt, gelangt an einen Aussichtsturm mit herrlichem Blick auf das Moor. Und wem die Runde zu wenig Bewegung war: Vom Roten Moor aus lässt sich wunderbar die Kaskadenschlucht durchwandern.

Tipp: Wem die Farbe rot nicht gefällt, der kann in der Rhön auch einfach das Schwarze Moor erkunden.

Bäume spiegeln sich im Wasser eines Moors.
Das schwarze Moor am Dreiländereck von Hessen, Thüringen und Bayern Bild © IMAGO / Panthermedia

6. Ruine von Schloss Rauschenberg

Viele hundert Jahre alte Gemäuer stehen noch dort, wo einst das Schloss und die Burganlage Rauschenberg stand. Zum Glück, denn so können Lost-Places-Liebhaber einen wirklichen schaurig-schönen Ort besuchen. Auf einer Anhöhe steht die mittelalterliche Ruine - 400 Meter westsüdwestlich von Rauschenberg (Marburg-Biedenkopf).

Laut Hessischem Institut für Landesgeschichte könnte das Schloss bereits um das zwölfte Jahrhundert herum gebaut worden sein. Demnach starb dort 1500 Wilhelm III. nach einem Jagdunfall. 1638 wurde die Burg von den Schweden erobert und 1646 durch niederhessische Truppen während des Hessenkrieges zerstört. 1830 brauchte man Baumaterial und die Anlage musste dran glauben.

Eine Ruine im Wald, Blätter liegen auf dem Boden
Vom herrschaftlichen Schloss ist nur noch eine schaurige Ruine übrig. Bild © Wikimedia / Presse03 / CC BY-SA 3.0

Wer sich das Gelände genau anschaut, entdeckt neben den wenigen Ruinen, die noch an das herrschaftliche Schloss erinnern, auch noch Teile der Wallmauer - im Wald versteckt. Die Ruine liegt direkt am Rauschenberger Wandermärchenweg und lässt sich prima bei dieser Wanderung entdecken.

Tipp: Wer eine ähnlich beeindruckende Ruine in Südhessen sucht, der wird mit der Burgruine Rodenstein bei Fränkisch-Crumbach (Odenwald) fündig.

7. Hexenturm Kirchhain

Ein echtes, altes Gefängnis im Südwesten von Kirchhain (Marburg-Biedenkopf) - hier steht noch ein Stück Stadtmauer mit einem Turm daran, dem sogenannten Hexenturm. Der Name stammt tatsächlich aus der Zeit der Hexenverfolgung.

Der Teil einer alten Stadtmauer, darin ist ein Turm gebaut. Unten daran ist eine kleine Tür.
Im Hexenturm wurden Frauen der "Hexerei" beschuldigt und eingesperrt. Bild © Imago Images

Heute ist der Hexenturm kein wirklich verlassener Ort, zählt zu den Sehenswürdigkeiten von Kirchhain und ist in unmittelbarer Nähe zum Bürgerhaus. Hin und wieder wird die gruselige Kulisse auch für Aufführungen genutzt. Früher war das ganz anders.

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"Die Türme wurden damals tatsächlich dazu genutzt, der Hexerei verdächtigte Personen bis zu ihrer Verhandlung, Folter und Aburteilung einzusperren", heißt es von der Stadt Kirchhain. Wer also sein Ohr mal ganz nah an den Stein hält und lauscht, hört vielleicht noch den ein oder anderen Schrei einer Hexe aus dem Verlies.

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Quelle: hessenschau.de