Echter Effekt oder Greenwashing? Spezialfarbe soll Luftqualität in Frankfurt verbessern

Mit Sonne und einer speziellen Farbe will die Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) die Luft reinigen. Die besprühte Fläche soll so viele Schadstoffe filtern wie 56 Bäume. Kritiker sprechen von "fragwürdigen Experimenten".

Ein Mann in neonfarbener Warnweste und mit Helm und Schutzmaske sprüht etwas an eine Wand. Im Hintergrund eine Fahrrinne, die in einen Tunnel führt und Hochhäuser in der Stadt.
Die Tunneleinfahrt an der Europa-Allee ist das Testfeld für die Spezialfarbe. Bild © VGF
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Ist die Photokatalyse ein Heilmittel gegen Frankfurts Smog? Die Frankfurter Verkehrsgesellschaft VGF testet die Wirkung einer chemischen Wandfarbe am Tunnelportal der Europa-Allee, die in Sachen Luftreinigung ebenso effektiv sein soll "wie 56 große Laubbäume".

Auf 800 Quadratmetern Außenfläche hat die VGF eine Beschichtung mit eingearbeiteten Photokatalysatoren aufgetragen. Der chemische Zusatzstoff: Titandioxid. Dieses wird als Farbpigment für Wandfarben und Zahnpasta verwendet. Bei Sonneneinstrahlung reagiert der Stoff. Schadstoffe, wie Stickoxide, werden der Luft entzogen und in Nitrat verwandelt.

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Das Nitrat werde schließlich mit dem Regen von den Außenwänden abgewaschen und in die Kanalisation geleitet, teilte die Verkehrsgesellschaft mit und spricht von einem "interessanten Testprojekt".

Experte zweifelt an der Effektivität

Alexander Vogel, Professor am Institut für Atmosphäre und Umwelt in Frankfurt, hat Zweifel an der Effektivität des Verfahrens. Für ihn ist die Investition der VGF eine reine Schönheitsmaßnahme.

"Die Emissionen müssen an der Quelle vermieden werden", sagt der Wissenschaftler. Anstelle von fragwürdigen chemischen Experimenten solle die Verkehrsgesellschaft lieber die alten Busse aus dem Verkehr ziehen, die noch mit Dieselmotor fahren.

Photokatalyse braucht viel Sonne und wenig Wind

Der Erfolg der Photokatalyse hängt von vielen Faktoren ab, zum Beispiel ausreichend Sonneneinstrahlung oder wenig Wind. "Auf viel befahrenen Straßen entsteht sogenannter urban grime, also grober Feinstaub, der sich auf der Beschichtung absetzt und die chemische Reaktion verhindert", erklärt Vogel. 

2014 veröffentlichten Wissenschaftler erstmals die Ergebnisse eines groß angelegten europäischen Forschungsprojekts zur photokatalytischen Luftreinigung. Zwischen 2011 und 2013 wurden im Leopold-II-Tunnel in Brüssel Messungen vorgenommen, um die Effektivität zu prüfen. Das Ergebnis ließ zu wünschen übrig. Gerade mal zwei Prozent der Schadstoffe konnten durch das Verfahren aus der Luft gefiltert werden. 

Experte: Kampf gegen Symptome - statt gegen Ursachen

Der Erfolg des Testprojekts in Frankfurt ist noch ungewiss. "Wenn sich kein Moos und keine Algen auf den Oberflächen absetzen, ist das der Indikator, dass der Prozess funktioniert", sagt VGF-Pressesprecherin Dana Vietta.

Selbst wenn der Effekt gering ausfällt: "Jeder Beitrag, Schadstoffe aus der Luft rauszuziehen, ist wichtig", betont Vietta. Ähnlich sieht es auch Alexander Vogel. Trotzdem bekämpfe man damit lediglich die Symptome des Problems.

Quelle: hessenschau.de