Antisemitische Abi-Slogans Ermittlungen nach "NSDABI"-Eklat an Gießener Liebigschule
Um das kreativste Motto fürs Abi zu finden, hat der 12. Jahrgang der Gießener Liebigschule eine Abstimmung ins Leben gerufen. Was dabei herauskam, ist an Geschmacklosigkeit schwer zu übertreffen - und hat jetzt sogar die Polizei auf den Plan gerufen.
Nach Vorfällen im Zusammenhang mit der Wahl eines Abiturmottos an der Gießener Liebigschule hat die Polizei Ermittlungen aufgenommen. Es stehe der Anfangsverdacht der Volksverhetzung im Raum, sagte ein Polizeisprecher am Montag dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Der aktuelle Jahrgang 12 habe auf einem anonymen Portal Vorschläge für Abimottos gesammelt, teilte die Liebigschule am Montag in einer Stellungnahme auf ihrer Webseite mit. Dabei seien antisemitische, rassistische und diskriminierende Ideen geäußert und anonym mehrfach positiv bewertet worden. Zugang zu dem Portal hatten offenbar nur die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe selbst.
Während der Oberstufenleiter Jens Schleenbecker gegenüber der Gießener Allgemeinen von einem "Schock" sprach, als er von den Abstimmungsergebnissen erfuhr, sagte ein Schüler der Zeitung, es sei leicht möglich gewesen, die Abstimmung zu manipulieren und mehrfach für einen Vorschlag zu votieren.
Kaum mit jugendlichem Leichtsinn zu erklären
Unabhängig davon, ob es sich um einen Scherz handelte oder nicht: Die Vorschläge selbst und die Abstimmungsergebnisse sind mit jugendlichem Leichtsinn kaum zu erklären. Dem Bericht der Gießener Allgemeinen zufolge erhielt folgender Vorschlag die meisten Stimmen: "NSDABI - Verbrennt den Duden" - in Anlehnung an die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei NSDAP.
Weitere Vorschläge seien "Abi macht frei", eine Anlehnung an die Toraufschrift "Arbeit macht frei" an nationalsozialistischen Konzentrationslagern, sowie "Abi Akbar - Explosiv durchs Abi" als rassistischer Spruch gewesen.
Jahrgang soll sich öffentlich distanzieren
Nach Bekanntwerden der Vorfälle habe das Abi-Komitee den Zugang zum Portal gelöscht und Kontakt zur Schulleitung aufgenommen, erklärte die Liebigschule.
Der gesamte Jahrgang sei von der Schulleitung zusammengerufen worden, um den Vorfall "in aller Deutlichkeit zu missbilligen und klar Stellung gegen diese demokratiefeindlichen Gedanken zu beziehen". Die Liebigschule distanziere sich "in aller Form von diesen Vorschlägen".
Ähnlich äußerte sich auch Nicole Kracke, Schulsprecherin und Schülerin ebenjenen 12. Jahrgangs, im Gespräch mit dem hr: Man verurteile die Vorschläge klar und deutlich. Sie betonte, dass die erwähnten Vorschläge von Einzelnen gekommen seien und nicht vom ganzen Jahrgang. Die meisten Schülerinnen und Schüler seien schockiert.
Schule schaltet Meldestelle des Landes Hessen ein
In der Liebigschule dürften die Betroffenen - sofern sie denn ermittelt werden - mit einem blauen Auge davonkommen. So heißt es in der Stellungnahme der Schule: "Wir werden unsere demokratischen Überzeugungen mit Nachdruck vertreten, sollte es erneut zu ähnlichen Vorfällen kommen." Zudem gab sie an, die Fachstelle DEXT (Demokratieförderung und Extremismusprävention) hinzugezogen zu haben, die sich mit der Meldestelle "Hessen gegen Hetze" abgestimmt habe.
Die Polizei hat derweil Ermittlungen gegen Unbekannt aufgenommen. Ergänzend stehe man im engen Austausch mit der Stadt Gießen als Schulträger sowie der Schulleitung. "Wir prüfen aktuell zusammen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz und den Beteiligten, ob beispielsweise ein erweitertes Präventionsangebot zielführend ist", sagte ein Sprecher.
Auch die Staatsanwaltschaft Gießen hat Kenntnisse von den Vorfällen und will nach Vorlage der Akten prüfen, ob der Fall strafrechtlich relevant ist.