Eine Frau (im Bildvordergrund, scharf) steht in weißem Kittel an einem Computer in einem Hörsaal (im Hintergrund, unscharf) und lacht in die Kamera.

Die Hochschule Fulda tut sich in Hessen mit einem hohen Frauen-Anteil bei den Professuren hervor. Eine der Professorinnen ist die junge Ernährungswissenschaftlerin Linda Chalupova, die in der Industrie an "gläserne Decken" stieß. An ihrer neuen Wirkungsstätte wünscht sie sich nun sogar mehr männliche Kollegen.

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Hohe Frauen-Quote bei Professuren an der Hochschule Fulda

Professorin Linda Chalupova von der Hochschule Fulda
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Mit niedrigen Frauen-Quoten hat Linda Chalupova schon unliebsame Erfahrungen gemacht. Bei ihren Tätigkeiten in Führungsetagen bei Unternehmen in der Verpackungs- und Lebensmittelindustrie war sie eine der wenigen Frauen. "Dort habe ich mich als weibliche und relativ junge Mitarbeiterin ganz besonders beweisen müssen", sagt die 38-Jährige im Rückblick. Seit ihrem Wechsel ins Bildungswesen hat sich für Chalupova vieles zum Positiven verändert.

Die in Tschechien geborene Chalupova hat es zur Professorin gebracht und ist nun an der Hochschule Fulda eine der jüngsten Frauen, die mit diesem Titel dort lehrt. Als Umwelt- und Nachhaltigkeitsexpertin arbeitet Chalupova im Fachbereich Oecotrophologie - ein interdisziplinäres Studienfach aus Ernährungs- und Haushaltswissenschaften. Und sie fühlt sich an der Hochschule Fulda sehr wohl, wie sie sagt.

Hochschule Fulda bundesweit in Spitzengruppe

Die Hochschule Fulda hat einen außergewöhnlich hohen Frauen-Anteil bei den Professuren. Fast jede zweite Stelle ist laut Hochschule mit einer Frau besetzt. Das ist bedeutend mehr als die 27 Prozent im bundesdeutschen Durchschnitt. Mit ihrem Wert von 49 Prozent liegt Fulda in der Spitzengruppe im deutschen Hochschul-Ranking nach Gleichstellungsaspekten.

Auch mit Blick auf hessische Statistiken ist der Fuldaer Wert beachtlich. Denn auch im Bundesland sind weniger als ein Drittel der hauptberuflichen Professuren an allen hessischen Hochschulen mit Frauen besetzt. Das waren zuletzt 1.154 von 3.970 Stellen - und somit 29 Prozent, wie das Statistische Landesamt in Wiesbaden in einer Mitteilung schrieb.

Doch die Zahlen haben sich in den vergangenen Jahren mit Blick auf die Geschlechtergerechtigkeit schon deutlich verbessert. Zum Vergleich: Im Jahr 2012 waren laut den Statistikern nur 22 Prozent aller Professuren mit Frauen besetzt.

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Ranking: Frauen-Anteil an Professuren

Mit einem Frauen-Anteil von 49 Prozent mit weiblich besetzten Professuren nimmt die Hochschule Fulda eine Spitzenposition unter den Universitäten und Hochschulen in Hessen ein. Deutlich niedrigere Werte haben etwa die Universitäten in Kassel (34 Prozent), Gießen (33), Marburg (28), Frankfurt (27) und die TU Darmstadt (21). Auch die Frankfurt School of Finance und die Theologische Fakultät in Fulda (je 8) sind als Hochschulen weit von solch einem Wert entfernt.

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Maßgeblichen Anteil an dieser Entwicklung in Fulda hat Hochschulpräsident Karim Khakzar. Er sagte dem hr: "Wir haben in den vergangenen Jahren an der Hochschule sehr konsequent Frauenförderung betrieben." Bei den Ausschreibungen sei verstärkt auf die Chancengerechtigkeit geachtet worden. "Wir haben eine ganze Reihe von Maßnahmen unternommen, die dazu geführt haben, dass wir diese Erfolge zu verzeichnen haben."

Die Fuldaer Einrichtung wurde im Rahmen des "Professorinnenprogramms 2030" von Bund-Länder gerade erst als eine von 22 Hochschulen bundesweit erneut mit dem Prädikat "Gleichstellungsstarke Hochschule" ausgezeichnet.

Seit dem 1. März diesen Jahres ist an der Hochschule Fulda eine Frau die neue Kanzlerin: Die 43-jährige Anke Günther ist seit der Gründung der Hochschule vor 50 Jahren die erste Frau in diesem Amt. "Diese Karrieren zeigen, dass Frauen viel erreichen können - zum Beispiel hier an der Hochschule", sagt Ernährungswissenschaftlerin Chalupova mit Blick auf die vor kurzem verkündete hochkarätige Personalie.

Vorwurf: "Gläserne Decke" verhindert Aufstieg für Frauen

Chancengleichheit? Wo Chalupova arbeitete, hat sie auch andere Erfahrungen gemacht. "Bei den Jobs in der Industrie hatte ich das Gefühl, dass jungen Frauen nicht soviel zugetraut wird." Männliche Kollegen hätten es oft leichter. "Als Frau stößt man schnell an eine gläserne Decke. Sie ist ist nicht sichtbar, verhindert aber den Aufstieg."

Branchenübergreifend glaubt Chalupova: "Frauen müssen auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland grundsätzlich mehr leisten als Männer, um auf die gleichen Positionen vorzustoßen." Im Öffentlichen Dienst werde nicht nach Sympathie entschieden, objektivere Faktoren würden zur Bewertung angelegt.

"Männer kommen schneller auf den Punkt"

An der Hochschule Fulda hat sie nun das Gefühl, dass allein ihre Expertise ausschlaggebend ist - "und nicht das Alter oder das Geschlecht, das einen für eine Aufgabe vermeintlich qualifiziert".

Chalupova betont aber, dass sie mit beiden Geschlechtern gern arbeitet. Sehr gern auch mit Männern: "Mit denen werden Diskussionen nicht so ausladend. Man kommt schneller auf den Punkt", sagt sie und lächelt.

Professorin wünscht sich mehr Kollegen

Letztlich wünscht sich Chalupova in ihrem Fachbereich mehr Männer. Denn in der Oecotrophologie stehen vier Männern aktuell zwölf Frauen mit Professuren gegenüber. Doch das verwundert nicht. Denn das interdisziplinäre Studienfach aus Ernährungs- und Haushaltswissenschaften wird gern von Frauen studiert und später auch von ihnen gelehrt.

Auch Fächer aus dem Sozialwesen werden häufig von Frauen studiert, die später auch eine Hochschul-Laufbahn einschlagen. Und von diesen Fächern hat die Hochschule Fulda einige im Angebot - neben der Frauen-Förderung der Hochschule auch eine Erklärung für den hohen Professorinnen-Anteil in Fulda.

Frauen-Anteil schwankt je nach Fächergruppe

In den einzelnen Fächergruppen an Hessens Hochschulen schwankt der Frauen-Anteil bei den Professuren ohnehin deutlich: In den Geisteswissenschaften lag er mit 41 Prozent am höchsten, gefolgt von der Fächergruppe "Kunst, Kunstwissenschaft" mit 38 Prozent. Dahinter folgen die Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit 37 Prozent sowie die Gruppe "Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften, Veterinärmedizin" mit 36 Prozent.

Den geringsten Anteil hatten Professorinnen laut Statistischem Landesamt in den Ingenieurwissenschaften (16 Prozent) und in den Sportwissenschaften (15 Prozent).

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