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Wetzlarer Altstadt-Shuttlebus ohne Fahrgäste

Bus und Busfahrer

Kein Scherz: Seit dem 1. April fährt ein kostenloser Shuttlebus zehn Stunden am Tag durch die Altstadt von Wetzlar. Genutzt hat ihn in den ersten Wochen erst ein einziger Fahrgast. Der Busfahrer ist ratlos, die Stadt hadert - dabei sind die Probleme offensichtlich.

Laszlo Hopp ist möglicherweise einer der einsamsten Menschen der Welt. Der Fahrer des Shuttlebusses, den die Stadt Wetzlar seit Beginn des Monats betreibt, fängt morgens um 10 Uhr an. Bis 20 Uhr fährt er dann insgesamt 19 Mal durch Wetzlar, jede Runde dauert rund 20 Minuten. Er soll die Menschen kostenlos von den Parkplätzen im Tal in die engen, steilen Gassen der Altstadt mitnehmen. 

Aber die wollen seit nun schon drei Wochen nicht einsteigen. "Bisher habe ich nur einen Fahrgast mitgenommen, leider", sagt Hopp. Er hofft, dass es bald mehr werden. An ihm liegt es jedenfalls nicht, dass er meistens allein im Bus sitzt. Denn wenn Hopp jemanden am Straßenrand sieht, dann öffnet er seine Türen und bietet freundlich eine Mitfahrgelegenheit an.  

Busfahrer Hopp: "Zwingen kann man die Menschen nicht" 

Bus und Busfahrer

Bis auf die eine Ausnahme stieg trotz dieser direkten Werbung niemand ein. Hopp sagt, dass viele Menschen lieber laufen wollten. Andere wollten zum Bahnhof, aber da hält sein Shuttlebus nicht. Sein Kleinbus fährt nur die Parkplätze im Tal und eben die Altstadt an. "Man kann es anbieten, aber zwingen kann man die Menschen nicht", stellt Hopp deshalb fest.  

Wenn sich Menschen mehr informieren würden, dann würde der Shuttlebus auch mehr genutzt werden, überlegt Hopp weiter. Denn die Grundidee findet er trotz allem gut. Zwar sei es ungewöhnlich, dass eine Stadt so etwas anbietet. Aber: "Das ist doch großartig. Wo gibt es das schon, dass man mit einem Bus in die Altstadt kommen kann und das kostenlos?"  

Idee der Stadt: Autos im Tal parken, dann Shuttle nehmen 

Mit dem Wetzlarer Dom und einigen Einkaufsmöglichkeiten bietet die Altstadt eigentlich genug, damit gerade auch Touristen gerne in den steilen, engen Straßen verweilen könnten. Was fehlt, sind Parkmöglichkeiten. Von denen gibt es nur noch wenige, weil seit Januar das Stadthaus abgerissen wird. Seitdem ist dessen Tiefgarage geschlossen. 

Genau hier soll der Shuttlebus eigentlich eingreifen. Die Stadt möchte dafür sorgen, dass die Menschen ihre Autos auf den gebührenpflichtigen Parkplätzen im Tal abstellen. Das ist zum Beispiel an der Avignonanlage, am Steighausplatz oder auf der Lahninsel möglich. Von dort aus pendelt der Kleinbus in die Altstadt. Gerade ältere Menschen könnten so bequem die Altstadt erreichen, was durch die steilen Straßen sonst eher anstrengend ist. 

Wetzlar möchte Ende Juni Bilanz ziehen  

Es hat sich aber inzwischen bis zur Stadt herumgesprochen, dass der Shuttlebus bislang in der Regel ohne Passagiere unterwegs ist. Sie teilt auf hessenschau.de-Anfrage mit: "Ein solches Angebot muss erst bekannt werden und braucht eine gewisse Anlaufzeit. Zudem waren es verregnete Wochen in der Ferienzeit." Generell sei aber zu wenig Zeit vergangen, um sich ein Urteil über das Busangebot zu bilden. 

Bis Ende Juni läuft der Shuttlebus deshalb im Probebetrieb weiter. Wetzlar investiert bis dahin rund 40.000 Euro in das Angebot. Dann möchte die Stadt entscheiden, ob der Shuttlebus auch danach weiter fährt. Klar sei: "Für eine Fortsetzung müssen natürlich mehr Fahrgäste als bisher das Angebot nutzen." 

Fahrplan-Panne mittlerweile behoben 

Die Stadt möchte daher vermehrt auf das Angebot aufmerksam machen. Zum Beispiel auf der Webseite oder über die sozialen Medien. Sie ist sich sicher, dass so künftig mehr Menschen auf den Bus aufmerksam werden. 

Sie räumt aber auch ein: Zum Start am 1. April hätten an den meisten Haltestellen gar keine Fahrpläne des Shuttlebusses gehangen. Es fuhr also ein Bus, auf den niemand hingewiesen wurde. Klingt wie ein Aprilscherz, war es aber nicht. Mittlerweile sei aber immerhin dieses Problem behoben, so die Stadt weiter. 

Shuttlebus ist nicht barrierefrei 

Ob in den kommenden Wochen eine bessere Werbung ausreicht, damit mehr Menschen auf den zehn Sitzplätzen des Shuttlebusses Platz nehmen als bisher? Das kann durchaus bezweifelt werden. Denn es gibt einige Probleme, die sich mit einem Post auf Instagram eben nicht lösen können.  

Zum Beispiel, dass der Shuttlebus nicht barrierefrei ist. Für Rollstuhlfahrer ist kein Platz in dem Kleinbus. Dabei wäre gerade für Menschen mit Behinderung dieser Shuttlebus in die Altstadt sehr sinnvoll. Auch ein Kinderwagen passt nicht rein. Das Modell hat eben keine Rampe.  

Der City-Bus überstrahlt das neue Angebot 

Darüber hinaus sind an den Haltestellen die Hinweise auf den Shuttlebus schwer zu finden. In großer Schrift ist dort meist zu lesen: City-Bus. Das ist aber ein ganz anderes Angebot. Für 50 Cent kann man mit dem City-Bus durch Wetzlar fahren.

Dieser hält zwar auch an den Haltestellen im Tal, aber er fährt - anders als der Shuttlebus - nicht jede enge und steile Gasse in der Altstadt an.

Shuttlebus Wetzlar

An den meisten Haltestellen hängen daher zwei Fahrpläne. Auf der rechten Seite: Der übersichtliche, bunt gestaltete Fahrplan des City-Busses. Auf der linken Seite: Eine dröge Fahrplantabelle, wo in kleiner Schrift "Parkplatz-Shuttlebus in die Altstadt" steht. Darunter sind die Abfahrtszeiten in einer Tabelle aufgelistet. 

Was man vom Aushang erfährt: Dass der Shuttlebus zweimal pro Stunde fährt, montags bis freitags von 10 bis 20 Uhr und samstags von 10 bis 16 Uhr. Problematischer ist aber, was man nicht erfährt: Nämlich, was das für ein Angebot ist und dass das sogar kostenlos genutzt werden kann.  

Shuttlebus ist unzureichend markiert 

Dazu kommt, dass die Abfahrtszeiten der beiden Buslinien sich nur um wenige Minuten unterscheiden. Bei den im Stadtverkehr nicht unüblichen Verspätungen wird es also noch chaotischer, wenn auf einmal der größere City-Bus zu einer Zeit an der Haltestelle steht, wo eigentlich der Shuttlebus fahren sollte.  

Schließlich ist da noch der Kleinbus selbst. Der ist nämlich beklebt mit dem Schriftzug des Reiseunternehmens "Gimmler". Lediglich ein kleines DIN-A4-Schild hinter der Windschutzscheibe zeigt an, dass hier das "Parkplatz Shuttle Wetzlar" fährt. Wie auch beim Fahrplan ohne den Hinweis 'kostenlos'. 

Der Chef von Laszlo Hopp und den anderen Fahrern des Shuttlebusses, Manfred Thiemann, sieht bei dem ganzen Dilemma allerdings die Stadt in der Verantwortung: "Wir führen den Auftrag nur aus. Es ist gut, dass es so was in Wetzlar gibt. Aber wenn es keiner weiß, dann wird auch weiter keiner damit fahren." 

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