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Türkei bestellt nach Durchsuchungen deutschen Botschafter ein

Polizist von hinten

Die Polizei hat in Mörfelden-Walldorf private Räume zweier Mitarbeiter einer türkischen Zeitung ins Visier genommen. Als Reaktion darauf bestellte die Türkei den deutschen Botschafter ein.

Weil sie in Verdacht stehen, etwas veröffentlicht zu haben, was andere gefährden könnte, hat die Polizei am Mittwochmorgen die Wohnungen von zwei türkischen Journalisten in Mörfelden-Walldorf (Groß-Gerau) durchsucht.

Wie die Staatsanwaltschaft Darmstadt und die Polizei Südhessen am Mittwoch mitteilten, wird gegen den 46- und den 51-Jährigen wegen des Verdachts des gefährdenden Verbreitens personenbezogener Daten (Paragraf 126a StGB) ermittelt. Weitere Informationen zu den Vorwürfen nannten die Behörden mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht.

Polizei stellte Beweismittel sicher

Sie stellten nach eigenen Angaben bei den Mitarbeitern der regierungsnahen türkischen Zeitung Sabah elektronische Speichermedien und weitere Beweismittel sicher. Die Ermittler betonten, dass es sich nicht um Redaktionsräume handelte.

Verhaftet wurden die Journalisten jedoch nicht, wie es in anderen Medienberichten zunächst geheißen hatte. Die Polizei erfasste nach eigenen Angaben lediglich ihre Fingerabdrücke und fotografierte die Männer.

Türkei bestellt deutschen Botschafter ein

Noch am Mittwoch bestellte die Türkei wegen des Vorgehens der deutschen Behörden den deutschen Botschafter ein. Die Journalisten seien festgenommen worden, was die türkische Presse "einschüchtern und bedrängen" solle, erklärte das Außenministerium in Ankara laut der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch.

In ihrer Pressemitteilung erklärte die Polizei am Mittwoch ausdrücklich, dass die beiden Journalisten nach dem Einsatz wieder entlassen worden seien - eine Festnahme bestätigen die deutschen Behörden nicht.

Veröffentlichung über Journalisten im deutschen Exil

Hintergrund ist offenbar die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten des türkischen Journalisten Cevheri Güven in Sabah. Er lebte dem ARD-Hauptstadtstudio in Istanbul zufolge zuletzt in Deutschland im Exil. Güven veröffentlichte hunderte Videos, in denen er den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan der Korruption beschuldigt und Mitglieder seiner Regierung Verbindungen zur organisierten Kriminalität unterstellt.

Das türkische Außenministerium schrieb in der Mitteilung, die Journalisten seien einer haltlosen Anzeige eines Mitglieds der Gülen-Organisation zum Opfer gefallen. Die Türkei sieht die sogenannte Gülen-Bewegung hinter dem Putschversuch im Juli 2016 und listet diese als Terrororganisation. Die Regierung in Ankara brachte den Vorfall zudem in Zusammenhang mit der Parlaments- und Präsidentenwahl vom zurückliegenden Sonntag. Dass sich die Aktion unmittelbar nach der ersten Runde der Wahl ereignet habe, sei "eine vorsätzliche Handlung".

Bei der Präsidentenwahl in der Türkei verfehlte Amtsinhaber Erdogan die absolute Mehrheit knapp und muss am 28. Mai gegen den Zweitplatzierten, Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu, in einer Stichwahl antreten.

Dutzende Journalisten in Türkei in Haft

Die Türkei steht selbst immer wieder wegen ihres Umgangs mit Journalisten und Journalistinnen in der Kritik: Beim weltweiten Pressefreiheit-Ranking 2023 der Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen belegte das Land den Platz 165 von insgesamt 180.

Ihren Angaben nach wurden allein in diesem Jahr bereits 38 Journalisten und Journalistinnen in der Türkei verhaftet - ob es sich dabei um Journalisten aus dem Aus- oder Inland handelt, ist unklar. Besonders regierungskritische Journalisten, die über politische Ereignisse und die Wirtschaftskrise im Land berichteten, erfahren laut Reporter ohne Grenzen Gewalt.

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