Als erste Schülerin in Hessen Von der Schule im Wohnmobil zum Abi mit 1,0

Sie besuchte mehr als 20 Grundschulen, weil ihre Familie mit einem mobilen Puppentheater durch Deutschland tourt. Jetzt hat Manjana Frank aus Naumburg-Altenstädt als erste Absolventin der "Schule für Kinder beruflich Reisender" ihr Abitur mit der Bestnote gemacht - und wünscht sich einen anderen Job.

Manjana Frank mit ihrem Abiturzeugnis
Manjana Frank mit ihrem Abiturzeugnis Bild © privat

Wenn eine Familie acht Monate im Jahr alle paar Wochen an einem anderen Ort lebt, heißt das für die Kinder in der Regel: Alle paar Wochen müssen sie eine neue Schule besuchen: neue Lehrer, neue Klassenkameraden, neuer Stoff.

Das hilft kaum dabei, sich auf das Lernen zu konzentrieren. So war es auch in der Grundschulzeit von Manjana Frank.

Schwierige Grundschulzeit

Die 20-Jährige hat allein während ihrer Grundschulzeit mehr als 20 Schulen besucht, weil ihre Eltern beruflich durchs Land reisen. "Ich hatte große Lücken und oft Schwierigkeiten in der Schule. Es war zum Beispiel nicht einfach, überhaupt ein Zeugnis zu bekommen."

Mit der weiterführenden Schule hat sich das für sie geändert, denn ab der 5. Klasse besuchte sie die "Schule für Kinder beruflich Reisender" (SfKbR).

Eigenes Angebot für Schaustellerkinder

Die wurde in Hessen 2010 gegründet, um den Kindern von Schaustellern ein Schulangebot zu machen, bei dem sie sich nicht ständig neu eingewöhnen und ihre Situation erklären müssen. Elf Lehrkräfte unterrichten inzwischen 100 Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 16 Jahren.

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Bild © EVIM Bildung gGmbH, Christoph Boeckheler| zur Audio-Einzelseite
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An zwei Tagen in der Woche reisen sie mit einem zum Klassenzimmer umgebauten Wohnmobil zu den Familien. Den Rest der Zeit lösen die Kinder ihre Aufgaben allein und stellen Fotos von ihrer Arbeit für die Lehrer online. So betreut jeder Lehrer etwa vier bis fünf Familien mit der mobilen Schule.

Die Schule für Kinder beruflich Reisender ist die Stammschule der Schüler. Zusätzlich haben sie an ihrem Heimatort oft noch eine Stützpunktschule, die sie besuchen, wenn die Familie nicht unterwegs ist. Manjana Frank ist während ihrer Schulzeit vier Monate im Jahr in Bad Emstal im Kreis Kassel zur Schule gegangen.

Unterricht bis zur Jahrgangsstufe 10

Die SfKbR bietet für ihre Schülerinnen und Schüler Unterricht bis zur Jahrgangsstufe 10 an. Jugendliche, die nach dem Realschulabschluss noch Abitur machen wollen, müssen danach auf ein Internat gehen.

Manjana Frank ist erst die dritte Schülerin der mobilen Schule, die später Abitur gemacht hat - eine der beiden anderen war ihre ältere Schwester. "Ich weiß nicht, ob ich mich das getraut hätte, wenn sie diesen Weg nicht schon vorher gegangen wäre", sagt die Abiturientin heute.

Erst Ausland, dann studieren

Manjana Frank will jetzt erstmal für ein Jahr nach Kanada und dort reisen und arbeiten, bevor sie im nächsten Jahr anfängt zu studieren. Mathematik oder ein naturwissenschaftliches Fach will die 20-Jährige studieren, nachdem sie in der Oberstufe Mathe und Chemie als Leistungskurse hatte.

Welchen Beruf sie später ausüben will, weiß sie jetzt noch nicht. "Aber ich bin froh, dass ich dank der SfKbR die Möglichkeit hatte, eine kontinuierliche Schullaufbahn zu haben und danach Abitur zu machen“, sagt Manjana Frank. Im Puppentheater ihrer Eltern möchte sie nicht arbeiten: "Das ist ein schöner Beruf, aber ich möchte auf jeden Fall etwas anderes machen."

Ideen für andere Berufe

Eine Schwierigkeit für die Kinder in Schaustellerfamilien sei oft, dass sie viel mit ihrer Familie unterwegs sind und deshalb nur die Berufe ihrer Eltern kennenlernen: "Ich wusste lange gar nicht, welche Möglichkeiten es überhaupt gibt. Das habe ich dann zum Beispiel über die Eltern von meinen Klassenkameraden im Internat erfahren."

Egal, welcher Beruf es für sie später wird: Manjana Frank ist sicher, dass sie ihn ohne ihre besondere Schule im Wohnmobil nicht hätte ergreifen können.

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Quelle: hessenschau.de