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Diakonie hilft Wohnungslosen am Frankfurter Flughafen

Ein Gepäckwagen mit großen Tüten der Marke Aldi und Pfandflaschen im Bildvordergrund. Im Bildhintergrund Reisende von hinten mit Gepäck in einer großen Halle.

Für die einen ist der Frankfurter Flughafen der Ort, an dem ihr Urlaub beginnt - und für andere der Ort, an dem sie zwischen den Terminals ihr Leben führen. Gerade während der Sommerzeit kommen viele Wohnungslose dorthin. Hilfe bieten Straßensozialarbeiter der Diakonie.

Kristina Wessel und Tom Zumpe von der Diakonie Frankfurt lassen den Blick über Terminal 1 schweifen. Reisende mit Gepäckwagen, Rucksäcken und Koffern füllen die Halle - viele in Vorfreude auf den Urlaub oder gerade auf dem Rückweg. Zwischendrin sind die Menschen, nach denen die beiden Sozialarbeiter Ausschau halten: Wohnungslose.

Für das ungeübte Auge sind sie nicht immer direkt zu erkennen. Meist schieben sie einen Gepäckwagen, behangen mit Tüten voll Pfandflaschen. Wessel und Zumpe zufolge handelt es sich hauptsächlich um Männer zwischen dreißig und siebzig Jahren. Häufig seien sie suchtkrank oder hätten andere psychische Erkrankungen.

Kristina Wessel und Tom Zumpe von der Diakonie

Im Sommer kommen besonders viele

Kristina Wessel macht den Job am Flughafen schon seit sieben Jahren, Tom Zumpe ist seit vier Monaten dabei. Die Sozialarbeiter verteilen täglich Hygieneartikel und Kleidung an 30 bis 60 Wohnungslose am Flughafen - oder suchen einfach nur das Gespräch. Flughafen-Betreiber Fraport unterstützt das Projekt der Diakonie finanziell.

Im Sommer, wenn durch die vielen Reisenden große Mengen Pfand in den Mülleimern des Flughafens landen, seien es besonders viele Wohnungslose. In diesem Jahr kämen sie häufig aus anderen Städten, sagt Wessel. Sie reisten vermutlich mit dem 49-Euro-Ticket nach Frankfurt.

Lange Vertrauensarbeit nötig

Die Sozialarbeiter sind immer als Team im Einsatz. "Vier Augen sehen mehr als zwei", erklärt Tom Zumpe. "Aber auch einfach, um uns abzusichern. Ich weiß nie, wie der Klient mir gegenüber eingestellt ist." Manchmal seien die Menschen alkoholisiert oder stünden unter Drogen.

Oft sei lange und aufwendige Vertrauensarbeit notwendig, bis die Menschen Hilfe zulassen könnten. Das Ziel: sie weg vom Flughafen zu bekommen, hin zu Hilfseinrichtungen.

Die meisten Wohnungslosen sind EU-Bürger

Die meisten Klienten seien EU-Bürger, die keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben, sagt Kristina Wessel. Der erste Schritt sei häufig, ihnen mit den Papieren zu helfen - wie etwa dem Mann aus Lettland, der seinen Pass verloren hat.

Für die Neubeantragung muss er eine kostspielige Reise zum Konsulat in Berlin machen. Denn: Ohne Pass sind Bewerbungen für Wohnungen oder Jobs nicht möglich.

Auch Einträge im polizeilichen Führungszeugnis seien häufig ein Problem, so Zumpe. Die kämen schnell etwa durch Schwarzfahren zustande und führten so wiederum zu Jobabsagen. Ein Teufelskreis.

40 Kilometer auf der Suche nach Pfand

Die Sozialarbeiter helfen bei der Organisation, begleiten ihre Klienten bei Behördengängen oder zum Diakoniezentrum im Bahnhofsviertel. Dort gibt es unter anderem Sanitäranlagen, Essen, Notschlafstellen und Beratung. Die Wohnungslosen können dort auch eine Adresse einrichten.

Herrn H. (vollständiger Name der Redaktion bekannt) unterstützen Wessel und Zumpe etwa beim Schreiben von Bewerbungen. Er träumt von einem Job, etwa in der Reinigung oder im Lager. Der gebürtige Ungar ist seit acht Jahren am Frankfurter Flughafen.

Rund 800 Euro verdiene er durch das Sammeln von Pfandflaschen im Monat, erzählt er. Aber dafür schlafe er in der Nacht im Schnitt nur vier Stunden und laufe pro Tag bis zu 40 Kilometer. Die Konkurrenz um die Pfandflaschen sei groß.

Rundgang über den Frankfurter Flughafen mit der Diakonie

Manchmal spenden Reisende ihr Übergepäck

Nicht alle Klienten könnten so viele Flaschen sammeln wie Herr H. oder auf einen Job hoffen, erklären die Sozialarbeiter - sei es aus psychischen oder physischen Gründen. Häufig würde nur genug Pfand für die nächste Wodka-Flasche gesammelt.

Teilweise finden Wohnungslose am Flughafen auch mehr als Pfand: Manche Flugreisenden würden wegen Übergepäck Dinge weggeben, sagt Sozialarbeiterin Wessel.

So laufe ein wohnungsloser Klient nun mit Schuhen des Luxus-Labels Armani und einem Gürtel von Gucci durch den Frankfurter Flughafen - ein Geschenk einer spendablen Passagierin. Für die, die nicht so viel Glück haben, gibt es auch gespendete Kleidung in der Beratungsstelle von Wessel und Zumpe im Terminal 1.

Krankenschwester hilft bei Verletzungen

Eine Kollegin der beiden ist ausgebildete Krankenschwester und kann mit einem weiteren Problem helfen: dem körperlichen Zustand. Körperhygiene ist für die Wohnungslosen am Flughafen eine Herausforderung, eine einfache Dusche kostet dort sechs Euro.

Kleine Wunden, zum Beispiel eine Blase oder ein Schnitt, könnten sich so schnell entzünden. "Aus einer kleinen Sache kann da etwas Riesengroßes werden", erklärt Tom Zumpe. Die Krankenschwester helfe beispielsweise beim Verbandswechsel oder beim Lesen von Arztbriefen.

Bürokratie macht den Sozialarbeitern Probleme

Ihre Arbeit am Flughafen sei erfolgreich, sagen Kristina Wessel und Tom Zumpe. "Manchmal werden bürokratisch aber viele Steine in den Weg gelegt, was den Prozess verlängert", stellt Zumpe fest. Die Möglichkeiten, ihre Klienten in den Arbeitsmarkt zu vermitteln, müssten einfacher und schneller werden.

Auch die mitunter jahrelangen Wartelisten für Sozialwohnungen seien ein Problem. Oftmals sei nicht nachzuvollziehen, wie die Wohnungen durch die Stadt vergeben würden, sagt Zumpe. Es werde immer schwieriger, diese Menschen adäquat zu vermitteln, weil passende Angebote fehlten.

Da könnten ihre Vermittlungsquoten noch so erfolgreich sein, sagt Kristina Wessel. "Solange sich an diesen Punkten nichts ändert, wird das Phänomen der Wohnungslosen hier am Flughafen immer Bestand haben."

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